Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Charles

Charles

Titel: Charles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Macomber
Vom Netzwerk:
David ihrer Großmutter von der Front geschickt hatte, doch Lanni brachte es nicht übers Herz, sie zu lesen. Mehr als fünfzig Jahre hatte ihre Großmutter Liebesbriefe von einem Mann aufgehoben, der sie hatte sitzen lassen.
    Da Lanni den ganzen Tag nichts gegessen hatte, beschloss sie, zum Hard Luck Café zu gehen. Als sie in die Hauptstraße einbog, kam Charles auf sie zu. Ihr erster Impuls war, so zu tun, als hätte sie ihn nicht gesehen.
    Offenbar hatte Charles sie im selben Moment bemerkt, denn er verlangsamte sofort den Schritt, als würde allein ihr Anblick ihn aus der Fassung bringen.
    Langsam gingen sie aufeinander zu und blieben schließlich dicht voreinander stehen. Lanni ergriff zuerst das Wort. „Charles, bitte … “
    „Was?“ entgegnete er schroff.
    „Falls ich dich getäuscht haben sollte, tut es mir Leid.“
    „Falls?“
    Es entstand eine spannungsgeladene Stille.
    „Du erwartest bestimmt, dass ich mich bei dir entschuldige“, versuchte Lanni es ein letztes Mal. „Ich sehe ein, dass mein Verhalten nicht richtig war. Ich hätte es dir gleich bei unserer ersten Begegnung erzählen sollen. Doch ich dachte, du würdest die Vergangenheit vergessen, wenn wir uns erst einmal besser kennen.“
    Charles lächelte bitter.
    Nun wurde sie wütend. „Irgendetwas stimmt hier nicht.
Dein
Vater hat
meine
Großmutter vor fünfzig Jahren sitzen lassen, und
ich
entschuldige mich bei dir.“
    Seine Augen funkelten, doch er sagte nichts.
    „Weißt du, was ich heute Morgen gefunden habe? Briefe. Meine Großmutter hat die Briefe aufbewahrt, die dein Vater ihr von der Front geschickt hat. All die Jahre hat sie sie in Ehren gehalten. Sie waren mit Bändern verschnürt und lagen hinten in ihrem Bücherschrank.“
    Er ballte die Hände zu Fäusten. „Sie hat seine Ehe und sein Leben zerstört.“
    „Oh, bitte. Dein Vater war ganz allein dafür verantwortlich.“
    „Es gibt Dinge, von denen du nichts weißt.“
    „Ich weiß genug. Meine Großmutter war so verliebt in deinen Vater, dass sie nach Fairbanks gereist ist, um sich in ihrem Hochzeitskleid fotografieren zu lassen. Sie wollte es für ihn tragen. Kannst du dir vorstellen, wie ihr zumute gewesen sein muss, als sie erfahren hat, dass er eine andere Frau geheiratet hatte? Kannst du dir vorstellen, wie schwer es ist, jemanden nicht mehr zu lieben?“
    Wieder antwortete Charles nicht.
    „Offenbar liegt es in der Familie“, rief sie frustriert.
    „Verdammt, wovon redest du eigentlich?“
    Lanni krampfte die Hände zusammen, sodass ihre Fingernägel sich schmerzhaft in die Handflächen bohrten. „Von dir.“ Nun konnte sie nicht länger verbergen, was in ihr vorging. „Hast du nicht behauptet, du würdest mich lieben? Anscheinend bedeuten diese Worte einem O’Halloran nichts – deinem Vater damals genauso wenig wie dir.“
    Sie glaubte, so etwas wie Bedauern in seinen Augen zu erkennen, doch er antwortete nicht.
    „Verstehe“, fuhr sie leise fort.
    „Du hättest mir sagen sollen, wer du bist“, sagte er schließlich.
    „Das habe ich getan.“
    „Von wegen.“
    Lanni legte die Hand aufs Herz. „Ich bin Lanni Caldwell. Was hätte ich dir sonst noch sagen sollen?“
    Charles schloss die Augen, als könnte er sie nicht mehr sehen. Daraufhin gab sie sich einen Ruck und versuchte es noch einmal. „Was passiert ist, ist passiert. Meine Großmutter war zwar keine Heilige, aber dein Vater war auch kein Heiliger – genauso wenig wie du und ich.“
    Er fuhr sich mit der Hand durch das dunkle Haar. „Es tut mir Leid, Lanni.“
    Lanni wusste nicht, worauf er hinauswollte. Als es ihr endlich klar wurde, erfasste sie Panik. „Was willst du damit sagen, Charles?“
    Er atmete tief ein.
    „Heißt das, du willst nichts mehr mit mir zu tun haben?“
    Er nickte langsam.
    „Dann sag es doch!“ fuhr sie ihn an, wütend und frustriert zugleich. „Du solltest wenigstens den Mut haben, es mir ins Gesicht zu sagen.“
    Der gequälte Ausdruck in seinen Augen war beinah mehr, als sie ertragen konnte. Charles hob die Hand und streichelte ihr zärtlich die Wange. „Es wäre niemals gut gegangen, Lanni.“

7. KAPITEL
    L anni hatte ihm erzählt, sie habe Publizistik studiert. Charles saß im Hard Luck Café über seinen Becher gebeugt, während er sich durch den Kopf gehen ließ, was zwischen Lanni und ihm passiert war. Mitch Harris, der für das Innenministerium arbeitete, und seine Tochter Chrissie saßen an einem anderen Tisch und frühstückten.
    Charles dachte an

Weitere Kostenlose Bücher