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Charles Dickens

Charles Dickens

Titel: Charles Dickens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Dieter Gelfert
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Darstellung kindlicher Unschuld ging, ist denkbar, dass er sich hier wie in einem Glashaus eine Blume hielt, die für ihn ein Ideal verkörperte, das durch Sexualität entwertet worden wäre. In dem oben erwähnten Brief an Arthur Smith, der gegen seinen Willen veröffentlicht wurde und seitdem in der Dickens-Literatur als
violated letter
(missbrauchter Brief) zitiert wird, spricht Dickens in kryptischer Andeutung von Nelly, als er sich gegen die Unterstellung einer illegitimen Beziehung zu einer «jungen Dame» verwehrt: «Es gibt auf dieser Erde kein tugendhafteres und fleckenloseres Geschöpf als diese junge Dame. Ich weiß, dass sie unschuldig und rein ist und so gut wie meine eigenen teuren Töchter.»
    Unmittelbar nach der Trennung von seiner Frau zog sich Dickens nicht in ein romantisches Liebesnest mit seiner Geliebten zurück. Im Gegenteil, seine außerhäuslichen Aktivitäten nahmen jetzt erst richtig Fahrt auf. Am 2. August brach er zu einer Lesetour durch das ganze Land auf, die mit 85 Vorstellungen bis zum 13. November dauerte. In Briefen von unterwegs an Collins spricht er zwar davon, dass er sich nach der Ruhe am heimischen Schreibtisch sehne, dennoch zog er das mit Arthur Smith vereinbarte Pensum durch. Nach dem Ende der Tour war er entschlossen, nur noch die Weihnachtsnummer für
Household Words
vorzubereiten und dann die Zeitschrift aufzugeben. Das Ende der Zusammenarbeit mit Bradbury & Evans wurde auf den Abschlussdes 19. Bandes der Zeitschrift, d.h. auf den 28. Mai 1859, terminiert. Sein letzter eigener Beitrag erschien am 1. Januar unter dem Titel
New Year’s Day (Neujahrstag)
. Darin beschreibt er in gewohnt launigem Dickens-Ton persönliche Erinnerungen an frühere Neujahrstage, wobei er jede Erwähnung seiner Ehe strikt vermeidet.
    Als neuer Partner stand Chapman & Hall, Dickens’ früherer Verlag, schon bereit, um den verlorenen Sohn wieder aufzunehmen. Hier hatten sich inzwischen die Besitzverhältnisse geändert. Nachdem Hall bereits 1847 gestorben und Edward Chapmans Neffe Fredric eingestiegen war, hatte dieser die Leitung übernommen und aus dem Verlag ein publizistisches Großunternehmen gemacht. Dickens brauchte das Verlagshaus als Distributionsunternehmen, wollte aber für sich größtmögliche Freiheit behalten. So kaufte er jetzt von Bradbury & Evans das Copyright von
Household Words
einschließlich aller Restauflagen zurück, verkaufte alles an Chapman & Hall und vereinbarte mit ihnen die Herausgabe einer neuen Zeitschrift unter dem Namen
All the Year Round
, die Dickens ganz in eigener Regie produzieren und nur vom Verlag vertreiben lassen wollte. Erleichtert wurde diese Transaktion dadurch, dass die beiden Verlage schon vorher zusammenarbeiten mussten, da sie das Copyright für unterschiedliche Werke von Dickens hielten, die sie gemeinsam in der laufenden
Library Edition
des Gesamtwerks herausgaben. Zwei Jahre später wird Dickens auch die Rechte an seinen Romanen und alle Restauflagen von Bradbury & Evans zurückkaufen und das Ganze an seinen neuen Verlag veräußern, der von da an sein gesamtes Werk betreute, das in der
Cheap Edition
mit Nummern zu anderthalb Pennies Auflagen von 300.000 erreichte.
    Die neue Zeitschrift wollte Dickens mit einem Fortsetzungsroman aus eigener Feder beginnen. Somit war sein dringendstes Problem, einen geeigneten Stoff und vor allem einen Titel zu finden. Am 11. März 1859 entschied er sich für
A Tale of Two Cities
(
Eine Geschichte zweier Städte
). Der Roman sollte nach
Barnaby Rudge
sein zweiter im historischen Genre werden und zur Zeit der Französischen Revolution spielen. Der geschichtliche Kontext dafür war ihm seit langem vertraut; denn Carlyles
History of the French Revolution
gehörte erklärtermaßen zu seinen Lieblingsbüchern. Mit der ihm eigenen Neigung zur Übertreibung behauptete er, es 500mal gelesen zu haben. Die weitere Planung des Unternehmens geschah mit der gewohnten Schnelligkeit.Hatte er noch am 21. Februar geklagt, dass er nicht wisse, wie er den Roman beginnen solle, so waren im März bereits die Würfel gefallen, und am 30. April erschien die Startnummer von
All the Year Round
mit der ersten von insgesamt 31 Fortsetzungen des neuen Romans.
    Nach
Hard Times
war er nun erneut in das Korsett von wöchentlichen Fortsetzungen eingeschnürt. Das sorgte dafür, dass auch dieser Roman kürzer und im Handlungsaufbau straffer organisiert ausfiel als die monatlich erschienenen. Um das Maximum an Publikumsnachfrage

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