Charles Dickens
und wenig humorvolles Naturell in scharfem Kontrast zu Dickens’ überschäumender Lebhaftigkeit stand. In späteren Jahren, als Dickens den Kontakt zu jüngeren Männern wie Wilkie Collins und Edmund Yates suchte, die genauso unternehmungslustig waren wie er, wurde das Verhältnis zwischen denbeiden distanzierter, blieb aber vertrauensvoll. Selbst die satirische Figur des selbstgefälligen Mr. Podsnap in
Unser gemeinsamer Freund
, in der alle Eingeweihten ein Porträt Forsters erkannten, kränkte diesen offenbar nicht. Forster begann als Theaterkritiker am
Examiner
, den er von 1847 bis 1855 als Herausgeber leitete. Politisch rückte er in den 1850er Jahren etwas nach rechts, weshalb er den liberalen
Examiner
verließ und 1855 den Posten des Sekretärs der
Lunacy Commission
antrat, die die Oberaufsicht über alle Irrenhäuser Englands hatte. Der mit 800 Pfund Jahresgehalt dotierte Posten machte ihn finanziell unabhängig. Hinzu kam das Vermögen der reichen Witwe Eliza Colburn, die er 1856 heiratete, was bei seinen Freunden, auch bei Dickens, mokante Kommentare hervorrief. Auch Forster, der wie Dickens aus einfachen Verhältnissen kam, hatte das Verlangen, seinen Aufstieg nach außen zu zeigen, und so ließ er sich auf einem großen Grundstück, das allein schon 4000 Pfund kostete, nach eigenen Entwürfen ein schlossartiges Haus bauen, dem er den stolzen Namen Palace Gate House gab. Obwohl er in den späten 1860er Jahren zunehmend Gesundheitsprobleme hatte, übernahm er den Auftrag, Dickens’ Biographie zu schreiben. Damit setzte er seinem Freund ein Denkmal, das erst sechs Jahrzehnte später Risse bekam, als die Ternan-Affäre publik wurde.
Literaten, Schauspieler und Angehörige der High Society
WILLIAM HARRISON AINSWORTH (1805–1882) war der erste Autor von Rang, den Dickens kennenlernte. Ainsworth war mit seinem im Verbrechermilieu spielenden Roman
Jack Sheppard
(1839) Mitbegründer der sogenannten
Newgate novels
(benannt nach dem Londoner Strafgefängnis). Dieser Roman erschien im Anschluss an
Oliver Twist
in Dickens Wochenzeitschrift
Bentley’s Miscellany.
Deshalb ärgerte sich Dickens sehr, als man ihm indirekt vorwarf, er habe sich mit seinem Roman an Ainsworth angelehnt, der zu der Zeit der Berühmtere war. Ein distanziert freundschaftlicher Kontakt zwischen beiden wurde auch später gepflegt, doch die gegenseitige Wertschätzung hielt sich in Grenzen.
LADY MARGUERITE BLESSINGTON (1789–1849) gehörte nicht zu Dickens’ persönlichen Freunden, war aber durch ihren Salon für ihn wichtig. Dickens warb sie später für seine Zeitung
Daily News
als Korrespondentin für Gesellschaftsklatsch an. 1849 floh sie als Bankrotteurin mit ihrem Liebhaber D’Orsay nach Paris, wo sie kurz darauf starb.
MARY BOYLE (1810–1890), die Nichte von Dickens’ Freund Richard Watson, war die engagierteste Laienschauspielerin seiner Truppe und die einzige, der er professionelle Qualitäten zubilligte. Er unterhielt zu ihr ein spielerisch flirtendes, doch von aufrichtiger Freundschaft geprägtes Verhältnis. Als sie von seinem Zusammenbruch erfuhr, eilte sie sofort an sein Sterbebett.
EDWARD BULWER-LYTTON (1803–1873) ist der zweite Romancier, den Dickens schon früh kennenlernte und mit der Zeit zum Freund gewann. Bulwer, der 1843 den Familiensitz der Lyttons erbte und sich danach Bulwer-Lytton nannte, war ein äußerst erfolgreicher Romanautor, der beim Erscheinen der
Pickwickier
bereits dreizehn Romane vorzuweisen hatte, darunter den Klassiker
The Last Days of Pompeii.
Bereits 1831 saß er als 28-Jähriger im Parlament und kämpfte für die Reform Bill. In den 1850er Jahren vertiefte sich die Freundschaft zwischen den beiden. 1850 starteten sie gemeinsam die Initiative zur Gründung der
Guild of Literature and Art
, für deren Finanzierung sie zahlreiche Laientheateraufführungen organisierten. 1851 fanden solche Aufführungen auf Lyttons Schloss Knebworth statt, wofür der Schlossherr selber die Komödie
Not so Bad As We Seem
schrieb. 1852 kehrte er nach elf Jahren politischer Abstinenz ins Parlament zurück, jetzt aber auf der konservativen Seite, da er sich mit dem Liberalen Lord Russell über die Kornzölle zerstritten hatte.
THOMAS CARLYLE (1795–1881) war der zeitgenössische Autor, den Dickens am meisten verehrte. Als er ihn 1840 bei einer Dinnerparty kennenlernte, hatte sich der in Ecclefechan, Dumfriesshire, als Sohn eines einfachen Steinmetzen geborene Schotte durch seine
Geschichte der französischen
Weitere Kostenlose Bücher