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Charlie Chan macht weiter

Charlie Chan macht weiter

Titel: Charlie Chan macht weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Derr Biggers
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Wagen fuhr die Derby Street hinunter und wandte sich an der Whithehall nach rechts.
    Es regnete nicht mehr, dafür waren sie von dickem Nebel eingehüllt. Sie krochen durch eine Ungewisse Welt; ihre Trommelfelle wurden durch das konstante Hupen der Autos und die schrillen Töne der Polizeipfeifen bearbeitet. Rechts und links brannten Straßenlaternen – fahle, effektlose gelbe Kleckse in einem düsteren Grau. Irgendwo jenseits des Vorhanges ging London wie gewöhnlich seinen Geschäften nach.
    Duff kauerte in dem kleinen Wagen und versuchte vergeblich, den Nebelschleier vor sich zu durchdringen. Alles andere hatte er im Moment vergessen – einschließlich seinen alten Freund Charlie Chan.
    Aber auch Charlie dachte in diesem Augenblick nicht an Duff. Am anderen Ende der Welt war die Morgendämmerung dieses Februartages noch nicht hereingebrochen; vielmehr war es Nacht, die Nacht des Tages zuvor. Der plumpe Polizeiinspector von Honolulu saß auf seiner Veranda, gelassen-indifferent dem Schicksal gegenüber. Er blickte über die blinkenden Lichter der Stadt auf die kurvige Küstenlinie von Waikiki, die unter dem tropischen Mond weiß schimmerte. Charlie war ein ruhiger Mann, und dies war einer der ruhigsten Augenblicke in seinem Leben. Er hatte nicht das Schrillen des Telefons auf dem Schreibtisch des Inspector Duff von Scotland Yard gehört und auch nicht in einer plötzlichen Vision den Aufbruch des kleinen grünen Wagens gesehen, noch wie in einem Traum einen gewissen hohen Raum in dem berühmten Londoner Hotel »Broome’s« und dort auf dem Bett die für immer bewegungslose Gestalt eines alten Mannes, der mit einem Gepäckriemen, den man fest um seine Kehle geschlungen hatte, erdrosselt worden war.
    Vielleicht waren die Chinesen letztlich doch nicht so übersinnlich veranlagt.
     

2
     
    Im Zusammenhang mit ›Broome’s‹ das Wort Mord fallenzulassen, ist mehr oder weniger ein Sakrileg, aber unglücklicherweise mußte es sein. Diese kuriose, alte Herberge steht nun seit mehr als hundert Jahren in der Half Moon Street und sie hält streng an der Tradition fest, weniger kümmert sie sich allerdings um Zentralheizung und fließendes Wasser.
    Man erzählte sich, daß Samuel Broome sein Unternehmen mit einem einzigen Haus im Stil eines Landsitzes gestartet hatte; als es florierte, kamen weitere hinzu. Mittlerweile gibt es zwölf solcher Herrschaftshäuser, die zu einer Einheit zusammenschmolzen.
    »Broome’s« hat jetzt nicht nur auf der Half Moon Street eine breite Front, nach hinten hinaus erstreckt es sich bis hin zur Clarges Street, wo es noch einen zweiten Eingang hat.
    Die verschiedenen Herrschaftshäuser wurden wahllos miteinander verknüpft, so daß sich ein Gast, der auf den Korridoren der oberen Stockwerke herumspaziert, wie in einem verzauberten Irrgarten vorkommen muß. Hier steigt er drei Stufen hoch, dort zwei nach unten, er biegt um exzentrischste Ecken, und Türen und Bogengänge tauchen an Stellen auf, wo er sie am wenigsten erwartet hätte.
    Die Angestellten, die Kohlen für die offenen Kamine heraufschleppen müssen oder heißes Wasser in altmodischen Kannen für Gäste, die nicht eines der seltenen Badezimmer ergattern konnten (eine spätere Konzession), haben es oft nicht einfach. Doch braucht man nicht zu glauben, daß es ob des mangelnden Komforts leicht wäre, eine Suite im »Broome’s« zu mieten. In diesem Hotel anerkannt zu werden, ist eine Auszeichnung, und während der Londoner Saison scheint es undenkbar, daß ein Außenseiter aufgenommen wird. Dann quillt das Haus über von guten, alten Landfamilien, berühmten Staatsmännern, Schriftstellern und Angehörigen des Hochadels. Einmal hatte es einen im Exil lebenden König aufgenommen, aber seine gesellschaftlichen Verbindungen waren großartig. Außerhalb der Saison hatte »Broome’s« in den vergangenen Jahren die Schranken fallenlassen und sogar Amerikaner zugelassen.
    Und nun hatte sich an diesem nebligen Februarmorgen einer von ihnen in der oberen Etage ermorden lassen. Duff betrat von der Half Moon Street aus das schummrige, vornehm-stille Innere und hatte das Gefühl, eine Kathedrale betreten zu haben. Er nahm seinen Hut ab und stand wartend da. Rosa-befrackte Diener huschten lautlos hin und her. Fast ohne Ausnahme schienen sie alle aus jenen alten Tagen zu stammen, als Samuel Broome nur ein einziges Haus gehörte – alte Männer, fette alte Männer, die meisten trugen eine Brille. Ein Diener mit dem Gehabe eines

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