Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Charlie + Leo

Charlie + Leo

Titel: Charlie + Leo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
Vom Netzwerk:
entdecken. Trümmer-Tanja lässt ihre Finger knacken und bläst dreimal kurz hintereinander ihre Bulldoggen-Backen auf. Dann setzt sie sich langsam in Bewegung, direkt auf Leo zu. Mach etwas, Charlie Brown! Ja! Aber was denn?! Keine Zeit nachzudenken, ich laufe einfach los. Schneller, Charlie Brown! Ich steuere auf Trümmer-Tanja zu. Noch ungefähr fünf Schritte, dann kreuze ich ihren Weg. Und dann? Keine Ahnung, verdammt! Dann sterbe ich wahrscheinlich für das schönste, schlechtgelaunteste Mädchen der Welt. Wenn das mal nicht ritterlich ist!
    Noch drei Schritte. Noch zwei. Ich stelle mich Trümmer-Tanja in den Weg. Sie bleibt stehen. Sie fixiert mich mit finster funkelnden Augen.
    »Aus dem Weg, Zwerg«, knurrt sie. »Sonst lernst du fliegen.«
    Verdammt, sie hat Recht. Aus der Nähe betrachtet ist sie nicht nur doppelt so breit, sondern auch noch einen ganzen Kopf größer als ich.
    Ich spüre, wie mein sowieso kaum vorhandener Mut sich auf den Weg zu meinen Füßen macht. Mein Instinkt brüllt mir zu, dass ich abhauen soll, solang ich noch kann. Aber mein Herz lässt mich nicht. Wahrscheinlich, weil es längst nicht mehr meins ist, sondern Leo gehört. Ich schlucke einmal tief.
    »Ich zahl dir das Doppelte«, presse ich zwischen den Zähnen hervor.
    Etwas Besseres ist mir auf die Schnelle nicht eingefallen. Lieber pleite als einarmig.
    »Das Doppelte von was?«, will Trümmer-Tanja wissen. »Und wofür?«
    »Dafür, dass du Leo in Ruhe lässt«, antworte ich mit zittriger Stimme.
    »Leo?«, sagt sie und starrt mich fragend an. »Wer ist das? Einer deiner Zwergenfreunde?«
    Okay, mein Fehler. Offenbar hat Antoinette den Namen ihres Opfers nicht genannt. Oder Trümmer-Tanja wollte ihn gar nicht erst wissen. Auf etwas Namenloses einzuschlagen ist wahrscheinlich einfacher.
    »Das Mädchen«, sage ich und nicke in Leos Richtung. »Sie heißt Leonie. Und ich zahle das Doppelte von dem, was Antoinette dir gezahlt hat, wenn du sie nicht verprügelst.«
    Die Bulldogge verzieht angestrengt nachdenklich das Gesicht und kratzt sich hinter dem linken Ohr.
    »Okay«, sagt sie schließlich und streckt mir ihre Handfläche entgegen. »Das wären dann hundert Euro.«
    Oh, fuck. Der Erleichterung, dass sie auf mein Angebot eingeht, folgt umgehend die Erkenntnis, dass Pläne, die aus einer Notlage und unter Zeitdruck entstehen, meistens einen Haken haben. Wo soll ich denn jetzt bitte so plötzlich hundert Euro hernehmen? Ich hätte nicht gedacht, dass verliebt sein so teuer ist.
    »Ä h … tu t … tut mir lei d …«, stammle ich. »So viel hab ich nicht dabei. Aber du kriegst es auf jeden Fall! Gleich morgen! Versprochen!«
    Wenn ich die Haushaltskasse geplündert habe. Hoffentlich ist da noch so viel drin. Sonst muss mir Ingo etwas leihen.
    »Wie viel hast du denn dabei?«, fragt Trümmer-Tanja mit skeptischem Blick.
    Ich ziehe mein Portemonee aus der Hosentasche und öffne es. Mist, nur ein Zehner. Und noch ein bisschen was im Kleingeldfach. Ich zähle es hektisch nach.
    »Ich hab leider nur dreizehn achtundfünfzig«, sage ich zaghaft.
    Trümmer-Tanjas Pranke schießt auf mich zu und ich zucke erschreckt zurück. Aber sie greift nur in mein Portemonee und zieht den Schein heraus.
    »Das Klickergeld kannst du behalten«, brummt sie. »Und jetzt verpiss dich.«
    Nichts lieber als das. Nur bin ich mir gerade nicht so sicher, was jetzt eigentlich Sache ist. Hat sie sich auf mein Angebot eingelassen und wird Leo nicht verprügeln, oder hat sie mir einfach nur zehn Euro geklaut? Das müsste ich schon noch wissen.
    »Ä h …«, sage ich vorsichtig. »Heißt das jetzt, du lässt Leo in Ruhe?«
    »Das heißt, du sollst dich verpissen, Zwerg«, knurrt sie mich an.
    »Ja, abe r …«
    »Hörst du schlecht?«, knurrt sie weiter und kommt einen Schritt näher.
    Ich weiche unwillkürlich zwei Schritte zurück.
    »Ja, abe r … aber ich habe dir doch zehn Euro gegeben«, sage ich leicht wimmernd.
    »Ja, hast du«, knurrt Trümmer-Tanja. »Und du wirst auch noch sehen, wie viel diese zehn Euro wert sind.«
    Dann schiebt sie mich einfach beiseite und stapft davon in Richtung Schulgebäude.
    Ich atme tief durch. Okay. Zumindest in dieser Pause scheint sie Leo in Ruhe zu lassen. Fragt sich nur, für wie lang? Wenn Antoinette für fünfzig Euro ein bis zwei angeknackste Rippen, ein paar äußerst schmerzhafte Prellungen und eine verbeulte Fresse kriegt, wie viel davon können dann zehn läppische Euro wohl verhindern? Konnte sich diese

Weitere Kostenlose Bücher