Charlies Planet
selbst.«
Mit einem Becher schöpfte sie frisches, klares Wasser aus dem Fluß, trat damit zu Charlie, schob die breite Lippe seines Oberkiefers in die Höhe und schüttete das Wasser nach und nach zwischen seine langen Zähne. Unter seinem schwarzen Pelz sahen sie das Zucken in seiner Kehle, als er reflexmäßig die Flüssigkeit schluckte.
»Die Wunden sind nicht mehr so heiß«, sagte Mattie und strich mit der Hand über Kopf und Schulter des Otters. »Vielleicht benötigt er zur Genesung bloß viel Ruhe. Wenn ihr ihn tragt, seid sehr vorsichtig mit ihm …« Sie warf Cary einen ernsten Blick zu.
»Wir werden ganz bestimmt sehr sanft mit ihm umgehen, Miß«, versprach Mul.
Sie trugen Charlie vom Floß und betteten ihn in den Schatten des einzigen Baumes, der zwischen dem Damm und dem Betongebäude stand. Dann befestigten sie ein Seil an der Statue und schleiften sie über den Pfad, hinter den Damm und dort wieder zum Fluß hinunter.
Im Verlauf des Nachmittags schleppte Mattie, Stück für Stück, ihre gesamte Ausrüstung an dieselbe Stelle, während Cary und Mul die Drähte lösten, die das Floß zusammenhielten, und einen Balken nach dem anderen über den verschlungenen Pfad transportierten.
Mit der Zeit gewannen sie an Geschicklichkeit und Routine. Sie hatten ihre Oberkörper entblößt und glänzten vor Schweiß. Bald hatten sie die kritischen Stellen der Strecke, über die sie ihre Last befördern mußten, ausgemacht und gelernt, sie zu umgehen oder zu meistern. Manche Steigungen waren so steil, daß der Vordermann auf den Knien nach oben rutschen mußte, um den Mann am hinteren Ende des Balkens nicht mit unerträglichem Gewicht zu belasten. An manchen Flecken war das Erdreich außerordentlich schlüpfrig, oder es lauerten Wurzeln, über die man stolpern konnte, in lockeren Erdschichten. Und schließlich mußte jeder von ihnen stets darauf vorbereitet sein, daß der andere ausrutschte oder wankte, um in einem solchen Fall verhüten zu können, daß dem womöglich zu Boden Stürzenden auch noch der Balken auf den Leib fiel.
Dennoch brachten sie Balken um Balken ans Ziel, zunächst recht zügig, später langsamer, als ihre Beine ermüdeten.
Als die Sonne sich zum Horizont neigte, nachdem sie bereits weit mehr als die Hälfte der Balken transportiert hatten, gaben Carys Beine plötzlich unter ihm nach. Es gelang ihm, noch einen Warnruf auszustoßen, und Mul riß den Balken nach hinten.
Das nächste, was Cary bemerkte, war die Tatsache, daß Mul und Mattie über ihm standen und sich gedämpft unterhielten.
»Er braucht unbedingt Schlaf«, sagte Mattie erregt. »In der vergangenen Nacht hat er kaum geschlafen und den ganzen Tag davor überhaupt nicht …«
»Schon gut«, murmelte Cary und kämpfte sich mühsam auf die Füße. Aber er stand kaum, als seine Knie erneut nachgaben. Obwohl er dagegen protestierte, führten die beiden ihn hinunter zu ihrer neuen Lagerstätte auf der flußabwärts gelegenen Seite der Schleuse.
An mehr entsann er sich später nicht. Als er erwachte, war bereits der Mond aufgegangen. Vor einem Feuer erkannte er die Umrisse von Mul und Mattie.
»Wie spät ist es?« fragte er und stützte sich auf. Er wartete die Antwort nicht ab, denn die Schatten, die sich gegen das Mondlicht erhoben, verrieten ihm sofort, daß es noch vor Mitternacht sein mußte. »Mul, wir müssen die restlichen Balken noch vor Sonnenaufgang herüberschaffen.«
Die beiden bestanden darauf, daß er zuvor essen müsse. Genüßlich trank er Kaffee und verzehrte eine Portion Büchsenfleisch.
Schließlich erhob er sich und lächelte, wahrend er mit der Hand über sein wieder stoppelbärtiges Kinn fuhr. Der Schlaf und die Nahrung, so schien es ihm, hatten ihm Riesenkräfte verliehen.
»Eigentlich braucht es nicht viel, um einen Mann wieder einsatzfähig zu machen«, sagte er zu Mul, als sie erneut die schwere Arbeit aufnahmen. »Mir ging es schon immer so. Wenn ich mir fest eine Aufgabe gestellt hatte, konnte ich nie aufhören, bevor sie ausgeführt war.«
»Tragen Sie erst einmal ein paar weitere Balken«, meinte Mul. »Dann können Sie das wiederholen, wie wenig Sie brauchen, um fit zu sein.«
Obwohl Cary sehr rasch feststellen mußte, daß der andere sich keineswegs irrte – die Kraft, die er gegenwärtig besaß, war nur ein Bruchteil jener Energie, die ihm unter normalen Verhältnissen zur Verfügung stand –, setzte er die Arbeit schonungslos fort. Die Schlepperei dehnte sich aus, doch als sich zögernd
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