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Charlotte

Charlotte

Titel: Charlotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Familie.«
    Leonoor sprang auf und rief: »Du willst mich reinlegen!« Sie zog die Hand aus der Jacke. »Stehen bleiben!«
    Ich starrte erschrocken die Pistole an, mit der Leonoor um das Sofa herum auf mich zielte, und nahm die Hände hoch. »Hat die Pistole auch Stef gehört?«
    »Stef war ein Idiot.«
    »Aber kein Mörder.«
    »Dreh dich um, los, an die Wand.« Sie war klug genug, Abstand zu halten. Als ich mich zur Wand neben den Terrassentüren umwandte, erkannte ich im Bruchteil einer Sekunde das gerötete Gesicht Wasmans hinter dem Bogendurchgang zum Esszimmer. Ich schüttelte den Kopf, mehr als Zeichen für ihn als für Leonoor. »So was kann niemals gut gehen.«
    »Bei mir schon. Hände an die Wand!«
    Ich fühlte die Pistole in meinem Rücken, unter dem linken Schulterblatt. In Filmen wird den Leuten immer von vorn ins Herz geschossen. Von hinten sieht es weniger heroisch aus, aber es ist genauso wirksam. Leonoor tastete mit der freien Hand unter meinen Achseln. »Wo ist sie?«, fragte sie.
    »In meinem Handschuhfach.«
    Sie knurrte abfällig. Die Pistole blieb in meinen Rücken gebohrt, während sie zur Seite langte und mit der linken Hand den Griff der Terrassentür hochdrückte.
    »Darf ich die Hände runternehmen?«, fragte ich.
    »Keine Bewegung!« Die Pistole verschwand aus meinem Rücken, als sie beiseite treten musste, um die Türen nach draußen zu öffnen, aber sie blieb auf mich gerichtet. Sie hatte eine ruhige Hand. »Charlotte!«, rief sie.
    »Taten Sie es, weil Charlotte nichts mehr von Ihnen wissen wollte?«, fragte ich.
    Leonoor antwortete nicht. Die Witwe und ihr Stiefkind gingen über den Rasen und an den Gartenmöbeln entlang. Im Vorübergehen klappte Heleen einen Sonnenschirm zu. »Wir kriegen ein Unwetter«, bemerkte sie, als sie hinter Charlotte hereinkam.
    »Hier haben wir schon eins«, sagte ich.
    Heleen stockte der Atem. Sie blieben stehen. Charlotte schaute Leonoor entgeistert an. »Was machst du da?«
    »Die wollen uns bescheißen«, sagte Leonoor. »Komm, wir gehen.«
    Charlotte wurde blass. »Ich bleibe hier«, sagte sie.
    Heleen starrte schockiert die Pistole in Leonoors Hand an. »Dann ist es also wahr«, flüsterte sie.
    Leonoor streckte den Arm zur Seite aus, packte Charlotte und riss sie grob an sich. Bei dem kurzen Handgemenge schwenkte die Pistole einen Moment in meine Richtung, aber bevor ich einen Sprung wagen konnte, stieß Leonoor die Waffe so fest in Charlottes Hals, dass das Mädchen vor Schmerz laut aufschrie. Leonoor presste sie an sich und rief: »Stehen bleiben!«
    Ich erstarrte und schüttelte den Kopf in Heleens Richtung. Ich warf einen Seitenblick zum Esszimmerdurchbruch hinüber. Wasman war nirgends zu sehen.
    »Und was jetzt?«, fragte ich.
    »Jetzt werden Charlotte und ich unbehelligt abziehen. Zurück!«
    »Das nützt dir gar nichts«, sagte ich. »Sogar das Sorgerecht erhält die Stiefmutter.«
    Leonoors Augen schossen Blitze von Heleen zu mir. Zwar hatte sie die Pistole vorsorglich eingesteckt, aber damit hatte sie nicht gerechnet. Sie war verzweifelt und dadurch gefährlich. Vielleicht hätte sich Wasman eher zeigen sollen, aber er hatte sich an unsere Absprache gehalten, weil er genauso wenig wie ich mit einer bewaffneten Leonoor gerechnet hatte.
    Heleen starrte Leonoor an, mit einem Ausdruck zwischen Trauer und Abscheu. Ich bedeutete ihr mit einer Geste, dass sie hinter mich treten sollte, und sie ging einen unsicheren Schritt nach vorn, wie in Trance.
    »Erschieß mich doch«, sagte Charlotte. »Ich gehe nicht mit dir.«
    »Charlotte, du tust, was sie sagt«, befahl ich.
    »Sie hat meine Mutter auf dem Gewissen. Ich habe das von Anfang an gewusst. Jetzt bin ich mir sicher.«
    »Halt die Schnauze!«, schrie Leonoor.
    Charlotte gefror regelrecht. Leonoor packte sie am Kragen ihrer blauen Bluse und hielt die Pistole auf mich gerichtet, während sie das Mädchen in Richtung Flurtür zu stoßen begann. Ich folgte vorsichtig, Schritt für Schritt.
    Die beiden erreichten die Tür zur Diele und Leonoor zog sie auf.
    »Jetzt kannst du noch aufgeben«, sagte ich.
    Sie lachte abfällig und schubste Charlotte in die Diele. Für einen Moment waren sie außer Sicht. »Du kannst mich zu nichts zwingen«, hörte ich Charlotte sagen. »Ich hasse dich.«
    Leonoor blaffte irgendetwas, das ich nicht verstehen konnte. Ich erreichte die Tür. Sie waren auf dem Weg durch die Diele, auf die Haustür zu. Gwenaëlle war nirgends zu sehen, aber bevor Leonoor und Charlotte die

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