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Charlotte

Charlotte

Titel: Charlotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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strich mit dem Löffel über eine Kugel himbeerfarbenes Eis. Dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, weil ich wegwollte.«
    »Weg?«
    »Ich kann dort nicht bleiben.«
    »Warum nicht?«
    Wieder schüttelte sie den Kopf.
    Sein Kaffee war kalt geworden. Runing trank seinen Cognac und schaute zu, wie Charlotte den Rest ihres Nachtischs aufaß. Wieder erinnerte sie ihn dabei an Lily, Lily als Kind, wenn sie ihren Teller nicht leer essen wollte.
    Es war fast dunkel und auf den vereinzelten Tischen waren Kerzen in Glastulpen angezündet worden. Vom Fluss her kroch Kälte herauf. Runing dachte daran, dass er das Mädchen zurück zum Boot bringen und mit Leonoor allein lassen musste. Der Gedanke an Leonoor ohne Elisabeth, allein mit Charlotte, bereitete ihm Unbehagen. Er kannte sich in diesen Kreisen nicht aus, aber er hatte Mitleid mit dem Mädchen und misstraute diesem Gefühl, weil ihm klar wurde, dass man vielleicht auch dies mit einkalkuliert hatte. Charlotte war die Ziege und er stand bereits auf der dünnen Zweigschicht über der Fallgrube mit den Speeren.
     
    Als sie im Licht einer Außenleuchte auf dem Parkplatz neben dem Honda standen, bereit zum Einsteigen, sagte Charlotte: »Ich würde mir lieber in irgendeinem billigen Hotel ein Zimmer nehmen, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Ich kann mir das schon leisten.«
    Runing hatte die Zentralverriegelung geöffnet und die Hand bereits am Griff der Fahrertür. »Warum?«
    »Ich will nicht zurück«, flüsterte sie.
    Sie zitterte ein wenig in ihrem cremefarbenen Pullover und er sah ihr an, dass sie sich ihre Bitte gründlich überlegt hatte und sie ihr schwer fiel. »Dir ist kalt«, sagte er und merkte, dass er sich anhörte wie ein besorgter Vater.
    »Du hättest eine Jacke mitnehmen sollen. Leonoor wartet sicher schon auf dich.«
    Sie nickte unsicher. »Ja, bestimmt.«
    Er lächelte ihr aufmunternd zu und öffnete die Beifahrertür für sie. Dann ging er um das Auto herum, setzte sich ans Steuer, startete den Motor und fuhr hinauf zur Straße. Als er anhielt, um nach rechts und links zu schauen, spürte er ihre Hand auf seiner, die auf dem Schalthebel lag.
    »Ich bin volljährig«, sagte sie. »Ich kann anrufen und Bescheid sagen, dass ich nicht nach Hause komme.«
    »Es ist ihr bestimmt nicht recht.« Er wartete, obwohl die Scheinwerfer eines sich von rechts nähernden Autos noch weit genug entfernt waren. »Und was ist mit deiner Arbeit?«
    »Bitte«, sagte sie. »Ich bin so müde. Ich müsste die ganze Nacht mit Leonoor herumdiskutieren. Ein Hotel ist mir lieber. Ich rufe sie an, und morgen früh sage ich auf der Arbeit Bescheid, dass ich ein bisschen später komme.«
    »Du hast nichts bei dir«, sagte er in einem letzten Versuch, sie umzustimmen.
    »Doch, meine Zahnbürste.«
    Er fragte sich, ob sie wirklich genug Geld für ein Hotel hatte oder ob sie mit seiner Unterstützung rechnete. Das Mädchen lehnte mit dem Gesicht zu ihm an der Kopfstütze, doch er konnte nicht erkennen, ob sie weinte, abwartete oder ihn zum Narren hielt. Er setzte den Blinker in die andere Richtung und bog links ab statt rechts. Dabei war er sich bewusst, dass er, der Geschäftsführer eines millionenschweren Unternehmens, sich wie ein Idiot benahm, nur weil eine streunende Katze an seiner Tür kratzte.
    Charlotte war fest eingeschlafen. Sie hing im Beifahrersitz, das Gesicht mit dem halb geöffneten Mund ihm zugewandt. Das linke Garagentor rollte hinter ihnen zu und er rüttelte sie an der Schulter wach. »Wir sind da.«
    Sie blinzelte mit den Augen und er sah, wie sie zunächst erschrak und misstrauisch wurde, als sie erkannte, dass sie sich in einer geschlossenen Garage mit kaltem Neonlicht befanden. Sie schaute den Mercedes an, der neben ihnen stand. »Wo sind wir?«
    »In Culemborg.«
    Sie war verwirrt. »Das ist Ihrer Frau sicher nicht recht. Ich kann mir wirklich ein Hotelzimmer nehmen.«
    »Es ist niemand zu Hause. Jetzt komm schon.«
    Runing stieg aus, doch sie blieb sitzen, offenbar beunruhigt von der Vorstellung, dass niemand zu Hause war. Glaubte sie etwa, er wolle sie belästigen? Er ging zur Innentür und wartete, die Hand auf dem Schalter des Garagenlichts. Er hörte die Beifahrertür zuschlagen und sie kam auf ihn zu, ihre grüne Tasche über der Schulter. Sie schlüpfte an ihm vorbei und blieb stehen, während er das Licht im Flur einschaltete und die Garagentür schloss.
    »Das habe ich nicht gewollt …«, begann sie zögerlich. »Vielleicht wäre es wirklich besser

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