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Charlotte

Charlotte

Titel: Charlotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Nachmittag bei der Sache.«
    »Ich werde mir Mühe geben.«
    »Stimmt irgendetwas nicht?«
    »Warum?«
    »Otto, ich bitte dich!«
    Van Loon kannte Otto Runing besser, als wenn er sein eigener Sohn gewesen wäre.
    Runing hätte einen Schnaps gebrauchen können, doch als er vor dem Schrank mit dem Einbaukühlschrank stand, nahm er nur eine kleine Flasche Mineralwasser heraus. Er öffnete sie und goss die Hälfte in sein Glas. Er sah, wie van Loon ihn beobachtete, eine steile Falte über der Goldrandbrille.
    »Es könnte sein, dass ich einen Privatdetektiv brauche.«
    »Kein Problem. In Amsterdam betreibt ein ehemaliger Staatsanwalt ein Ermittlungsbüro, das einen guten Ruf hat. Darf ich wissen, warum?«
    Runing zögerte. Er hatte nicht vorgehabt, jemanden ins Vertrauen zu ziehen. »Erinnerst du dich an Elisabeth Bonnette?«
    »Ja, ich erinnere mich an Elisabeth Bonnette.«
    »Sie ist vor kurzem ertrunken.«
    Ausdruckslos erwiderte van Loon seinen Blick. »Wie schade. Brauchst du deswegen einen Privatdetektiv?«
    Runing schüttelte den Kopf. Er leerte sein Glas, stellte es auf die Bar und sagte: »Elisabeth hatte eine Tochter, und die ist letzten Samstag aus heiterem Himmel bei uns zu Hause aufgetaucht, mit einer Geburtsurkunde, auf der steht, dass ich ihr Vater bin.«
    Van Loon sagte eine Weile nichts und fragte dann: »Wie hat Heleen reagiert?«
    »Es hat sie sehr getroffen. Sie ist nach Bilthoven gefahren und hat Lily mitgenommen.«
    »Mein Gott, Otto.«
    »Die Wogen werden sich schon wieder glätten.«
    »Ich glaube, Heleen wird eine Weile brauchen, um sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass sie eine Stieftochter hat. Warum ist sie erst jetzt aufgetaucht?«
    »Genau das ist die Frage.« Runing kehrte zurück zu seinem Stuhl. »Elisabeth hat mit einer anderen Frau zusammengelebt, vielleicht auch damals schon, ich habe jedoch nichts davon gewusst. Diese andere Frau hat dem Mädchen nach dem Tod seiner Mutter verkündet, dass ich ihr Vater sei.«
    Van Loon sagte nüchtern: »Wenn du als Vater in der Geburtsurkunde stehst, kann es ja keine allzu große Überraschung für dich sein.«
    »Doch, das ist es ja eben. Dir muss ich doch nichts vormachen. Dieses Kind kann einfach nicht meine Tochter sein. Abgesehen davon, dass ich natürlich aufgepasst habe, hat Elisabeth ein Jahr vor ihrer Geburt gekündigt, und danach habe ich sie nie wiedergesehen.«
    »Lass einen Vaterschaftstest durchführen.«
    Runing nickte. »Zuerst will ich aber wissen, wie die Damen das mit der Geburtsurkunde hingebogen haben, deshalb bin ich auf die Idee mit dem Privatdetektiv gekommen. Ich selbst habe keine Zeit, mich damit zu befassen, und außerdem weiß so jemand, wie er – oder sie – die Sache anpacken muss.«
    Van Loon machte sich eine Notiz. »Ich werde mich gleich morgen erkundigen.«
    Runing zögerte. Eigentlich war die Bemerkung überflüssig, aber er fügte dennoch hinzu: »Ich möchte, dass das unter uns bleibt. Die Einzige, mit der ich darüber geredet habe, ist Jennifer, weil ich es einfach irgendjemandem in unserer Familie erklären musste.«
    »Jennifer ist klug genug«, sagte van Loon.
    Runing nickte. »Eventuelle Gerüchte wären Wasser auf die Mühlen von Stef Molenaar.«
    »Natürlich, Chef.« Van Loon wirkte nicht im Geringsten gekränkt. »Hast du nach der Schlägerei nochmal was von ihm gehört?«
    »Nein.« Runing rieb sich automatisch über die Stelle an seinem Kinn, die ihn an den Vorfall erinnerte. »Seine Mutter ist gestorben.«
    »Würde mich nicht wundern, wenn das das Fass zum Überlaufen gebracht hat.«
    Runing erwiderte seinen Blick. »Geschäft ist Geschäft.«
    Van Loon lächelte säuerlich und sagte: »Vielleicht glätten sich ja auch diese Wogen wieder.«
     
    Maaike hatte ein Einzelzimmer, still lag sie in dem hohen Bett. Aus zwei durchsichtigen Plastikbeuteln flossen zwei verschiedene Flüssigkeiten durch Plastikschläuche in ihren Arm, die eine Tröpfchen für Tröpfchen, die andere schneller. Van Loon legte ihr die Hand auf die Stirn. Sie war merkwürdig kalt, fast wie die Stirn seiner Tante, die er als kleiner Junge berührt hatte, als er bei ihrer Totenwache dabei sein musste.
    Maaike öffnete die Augen, nur einen Spalt, und murmelte, sie habe eine trockene Kehle. Dann schlief sie wieder ein.
    Van Loon schwang sich auf einen hohen, mit rotem Leder bezogenen Rollstuhl am Fenster und beugte sich nach vorn, um die Fußstütze hinunterzuklappen. Der Rollladen vor dem Fenster war zur Hälfte heruntergelassen.

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