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Charlotte

Charlotte

Titel: Charlotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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unterhalten. Könntest du mir seine Telefonnummer geben?«
    »Harry ist hier, er fährt mich gleich nach Hause. Aber er weiß nichts über Elisabeth Bonnette, er ist erst seit fünf Jahren bei uns.«
    Ich unterdrückte den Impuls, van Loon von meinem Nebenjob zu erzählen. »Harry war Runings Chauffeur. Er hat das Mädchen doch am Morgen vor dem Mord nach Oosterbeek gefahren?«
    »Du vergeudest deine Zeit.«
    »So arbeite ich nun mal«, erwiderte ich. »Fünf Minuten.« Ich dachte bei mir, dass ich van Loon lieber nicht dabeihaben wollte, und sagte: »Ich stehe an der Brücke, könntest du ihn kurz zum Parkplatz des Motels Vianen schicken? So geht es am schnellsten.«
    Ich arbeitete für die Witwe, er konnte es mir nicht abschlagen. »Wenn er in einer halben Stunde wieder zurück ist. Es ist ein schwarzer Mercedes.«
    »Danke.«
    Ich fuhr unter der Unterführung durch. Unter den hohen Bäumen um das Motel war alles zugeparkt und schließlich stellte ich mein Auto mit zwei Rädern auf dem Grasstreifen neben der Straße ab. Auf der Autobahn herrschte Rushhour, wie zu jeder Zeit überall in den Niederlanden. Ich spazierte zum Eingang des Parkplatzes und zündete mir eine Gauloise an. Rauchen im Haus wurde zunehmend schwieriger mit Hanna und ihren Antirauchkampagnen.
    Die Gauloise hatte kaum zur Hälfte ihre verhängnisvolle Wirkung an meinen Lungen getan, als ich einen schwarzen Mercedes ankommen sah. Der Chauffeur trug keine Mütze, wohl aber ein hellgraues Jackett, das man mit etwas gutem Willen als Uniform betrachten konnte. Ich zertrat die Zigarette und hob die Hand. Der Mercedes hielt an und das Fenster auf meiner Seite summte herunter.
    »Meneer Winter? Ist das Ihr Auto?«
    Ich öffnete die Beifahrertür. »Ja. Sind die hier streng?«
    »Nicht um die Zeit. Lassen Sie es ruhig stehen. Ich habe wenig Zeit.«
    Ich stieg neben ihm ein. Harry war ein kräftiger Mann zwischen dreißig und vierzig mit dem Ansatz eines Chauffeursbäuchleins, kurz geschnittenem dunklem Haar, einem fleischigen Mund und dunkelbraunen Augen, die dicht beieinander standen. Er beschrieb eine flotte U-Kurve und fuhr hundert Meter in Richtung Vianen, bog dann in eine Seitenstraße ein und hielt auf einem Parkstreifen zwischen hohen Eschen an. Er schaltete den Motor aus und lehnte sich zurück. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Hat van Loon Ihnen erzählt, worum es geht?«
    »Dass Sie für Mevrouw Runing Ermittlungen über diese illegitime Tochter durchführen, die einen Teil des Erbes beansprucht, und ich Ihnen erzählen soll, was ich weiß.«
    »Glauben Sie, dass sie seine Tochter ist?«
    »Ich weiß es nicht, aber ich hoffe, dass die Angelegenheit rasch geklärt wird, denn dann kriege ich mein Geld.«
    »Welches Geld?«
    »Ich werde auch im Testament bedacht, der Chef hat mir fünfzehntausend Euro hinterlassen. Die kann ich gut gebrauchen, aber die Vermächtnisnehmer werden erst ausbezahlt, wenn über diese Forderung entschieden wurde. Nach dem, was ich so höre, kann das noch eine Weile dauern.«
    »Hatten Sie damit gerechnet, dass er Ihnen etwas hinterlassen würde?«
    Er wandte sich in seinem Sitz zu mir um und schaute mich fast argwöhnisch an. »Ich habe keine Sekunde darüber nachgedacht«, antwortete er. »Wer denkt denn an so was?«
    »Runing offenbar. War er ein guter Chef?«
    »Ich habe mich prima mit ihm verstanden.«
    »Wie sind Sie an die Stelle gekommen?«
    »Ich wohne in Culemborg und ich kannte Theun, den Gärtner, er ist mit der französischen Haushälterin verheiratet, sie wohnen in einem Bungalow auf dem Grundstück. Vor fünf Jahren ging der frühere Chauffeur in Rente und Theun hat mich empfohlen.«
    Ich zog mein Notizbuch heraus und legte es aufs Knie. »Wohnt Ihr Vorgänger auch in Culemborg?«
    »Dirk ist zu seinen Kindern nach Australien ausgewandert. Vielleicht wäre er besser hier geblieben, denn bei den gewaltigen Bränden vor einiger Zeit haben sie ihre Schaffarm verloren.« Er schüttelte den Kopf. »So etwas gibt es ja hier Gott sei Dank nicht.«
    »Wo waren Sie, als Ihr Chef ermordet wurde?«
    Er erschrak über die plötzliche Frage. Seine dunklen Augen nahmen einen in sich gekehrten Blick an. »Das ist mir noch lange nachgegangen. Wenn ich nur da gewesen wäre …« Er schüttelte den Kopf. »Nein, dann hätte ich wahrscheinlich im Clubhaus gesessen, wie immer. Aber ich war zu Hause.« Er schaute mich irgendwie mitleidig an, er war nicht dumm. »Ich kam als Tatverdächtiger nicht in Frage«, sagte er.

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