Charlotte
schwarzes Barett, das sieht man nicht mehr oft, aber ich glaube, dass er zu der Frau und den Kindern gehörte.«
»Sonst nichts?«
Buizing schüttelte den Kopf. »Wenn ich es mir recht überlege, kann ich den Mörder überhaupt nicht gesehen haben. Es ist gegen vier Uhr passiert und an seiner Stelle hätte ich mich nur so kurz wie möglich am Tatort aufhalten wollen. Also muss er gegen halb vier eingetroffen sein. Ich saß aber ab halb drei in meinem Schuppen, also können Sie mich schon mal vergessen.«
Vielleicht las er doch Krimis, aber die wenigsten Leute können sich in einen Heckenschützen und dessen Probleme hineinversetzen.
Der Täter konnte höchstens wissen, dass Runing an jenem Nachmittag zum Golfspielen gehen wollte, aber nicht, um welche Uhrzeit er und seine französischen Geschäftsfreunde auf dem Platz sein würden, ob sie vorher Kaffee tranken, sich unterhielten, vielleicht auf andere Spieler warten mussten. Es konnte viel Zeit vergehen, bevor sein Zielobjekt auf den hintersten Platz und damit in sein Schussfeld kam. Meine Vermutung war, dass der Mann schon seit einer Stunde in den Sträuchern gesessen und auf seine Chance gewartet hatte.
Ich zeigte Buizing das Foto von Molenaar, das ich aus Fabers Akte mitgenommen hatte. Er schüttelte den Kopf. »Ich habe diesen Mann noch nie gesehen, aber das war eines von fünf Fotos, die uns die Polizei gezeigt hat. Ist er der Täter?«
Ich notierte Buizings Adresse und dankte ihm.
Er schaute mich schief an. »Sie können sämtliche Häuser abklappern und es überall noch einmal versuchen, aber davon werden Sie auch nicht schlauer«, meinte er. »Wir sind hier an ein ständiges Kommen und Gehen gewöhnt, Fahrradfahrer, Autos, niemand achtet mehr darauf. Meiner Meinung nach wusste der Mörder das auch.«
Ich spazierte um den Sportpark herum wieder zurück. Als ich das Clubhaus fast erreicht hatte, kam mir eine Bemerkung Frank Goverts in den Sinn und ich ließ meinen Wagen vorerst noch stehen.
Das kleine Vereinsheim der Fußballer war identisch mit dem Golfclubhaus und lag direkt daneben. Die Tür war verschlossen und ich sah keine Menschenseele, doch ein getippter Zettel an der Scheibe gab Auskunft, dass man sich bei Fragen an den Vereinssekretär W. Wanstee in Renkum wenden konnte.
Eine Frau mit einem blonden Dreikäsehoch in einem Kinderwagen zeigte mir den Weg. »Mein Großvater wohnt zufällig auch dort«, sagte sie. »Das sind alles seniorengerechte Häuser.«
»Ist Ihr Großvater zufällig Sekretär des Fußballvereins?«, fragte ich.
Sie kicherte nett. »Das würde mich wundern.«
Eine grüne Allee mit lauter alten Leuten in niedrigen Häusern, umgeben von den Spuren ihrer Hobbys, mit denen sie sich nach der Rente das Leben versüßten: Gartenzwerge, Brieftauben, Gemüsegärtchen, Kaninchenställe, Dahlien in den wildesten Formen und Farben und einen Mast voller komplizierter Antennen von irgendjemandem, der mittels selbst gebauter Empfänger hoffte, Nachrichten aus dem Weltraum aufzufangen. In Wanstees Garten stand eine Windmühle mit rotweißen Flügeln und einem leuchtend grün bemalten Turm. Ein weiterer Vorteil von alten Leuten ist der, dass man sie im Sommer zu Hause antrifft. Im Winter dagegen muss man gelegentlich nach Mallorca.
»Guten Tag, Mevrouw, ich bin auf der Suche nach Meneer Wanstee.«
»Willem ist hinten, kommen Sie doch mit. Geht es um den Verein?«
Sie war eine freundliche grauhaarige Frau mit einem Frischluftgesicht und flinken Bewegungen. Ich folgte ihr an Porträts und Ansichtskarten aus Spanien vorbei durch eine Küche, in der es nach Bratfisch roch. Renkum schien ein geeigneter Ort, um bei guter Gesundheit alt zu werden. Außer dieser einmaligen Abrechnung auf dem Golfplatz gab es vermutlich so wenig Kriminalität, dass man Fremde einfach so hinter sich her durchs Haus führte, ohne sie auch nur nach ihrem Namen zu fragen.
Tomaten an Stöcken, ein grüner Schuppen, ein Mann Mitte sechzig zwischen den Kletterbohnen. »Willem, jemand wegen des Vereins. Möchten Sie ein Tässchen Kaffee?«
Ich schaute auf meine Armbanduhr. »Nein danke, ich habe nicht viel Zeit.«
»Nun, dann lasse ich Sie mal allein.«
Die Frau verschwand im Haus. Wanstee ließ noch ein paar Bohnen in seinen Korb fallen, richtete sich auf und klopfte sich die Knie ab. »Thilde interessiert sich nicht so für Fußball«, sagte er. »Sie ist mehr fürs Spazierengehen. Wir gehen jedes Jahr etwa zehn Tage im Karwendelgebirge oder im Jura wandern, oder
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