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Charlotte

Charlotte

Titel: Charlotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Rasierapparat war defekt.
    Er unterbrach seine Gymnastik, als er sah, dass ich stehen geblieben war. »Kleiner Spaziergang?«
    »Nein, ich sehe mich ein bisschen um, im Zusammenhang mit dem Mord auf dem Golfplatz«, antwortete ich.
    Er rieb sich die verschwitzten Hände an seinem karierten Hemd ab. »Ach so«, sagte er. »Sind Sie von der Presse?«
    Ich nannte meinen Namen und wedelte mit meinem Meulendijk-Ausweis herum. »Ich versuche, für die Justiz ein paar Unklarheiten zu beseitigen. Waren Sie an dem betreffenden Tag zu Hause?«
    »Die Polizei ist schon bei uns gewesen«, sagte er. »Und das Fernsehen hat Aufnahmen gemacht, für irgend so eine Sendung über Verbrechen. Der Täter ist doch verhaftet worden, oder?«
    »Sonst wäre ich nicht hier«, sagte ich. »Soweit ich weiß, ist einer Anwohnerin ein fremdes Auto aufgefallen, ein blauer Ford Sierra?«
    Er lachte. »Hermien«, sagte er. »Ich würde dem nicht so viel Bedeutung beimessen. Wer ist denn der Mörder?«
    »Bisher gibt es nur einen Tatverdächtigen«, erwiderte ich. »Wer ist denn Hermien?«
    »Mein Name ist Buizing und Hermien ist meine Frau. Ich habe der Polizei das schon längst erklärt. Ich frage mich, wozu das überhaupt nötig war, denn Brigadier Stempel stellt hier auch seinen blauen Ford Sierra ab, wenn er sonntags mit Frau und Kindern spazieren geht. Hier stehen immer irgendwelche verdächtigen Fahrzeuge.« Er grinste und blickte die Allee hinunter. »Ich könnte Ihnen auf der Stelle drei oder vier zeigen, die nicht hierher gehören. Zwar scheint kein Ford darunter zu sein, aber heute Nachmittag kommen sicher noch mehr und an den Wochenenden ist alles voll.«
    »Kann sie sich an das Kennzeichen erinnern?«
    Sein Lachen klang nach zu vielen Zigaretten. »In der Grundschule haben wir Autokennzeichen gesammelt, die Kinder haben ganze Hefte damit voll geschrieben. Fragen Sie mich nicht, warum.«
    »Aber wenn hier immer alles voll geparkt ist, warum erinnert sie sich dann an diesen Ford?«
    Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Es liegt wohl daran, dass hier nie etwas passiert und Hermien sensationslüstern ist. Wenn sie eine Chance sähe, ins Fernsehen zu kommen, indem sie behauptet, hier sei ein lila Raumschiff gelandet, würde sie es sich nicht entgehen lassen.«
    Ich runzelte die Stirn. »Wollen Sie damit sagen, dass die Polizei ausdrücklich nach einem blauen Ford Sierra gefragt hat?«
    »Ja, so ein Auto fährt doch der Tatverdächtige?«
    Munition für Faber. Rechtsanwälte hacken gern auf der Polizei herum. Ich sagte nichts dazu, denn schließlich wollte ich nicht, dass ein eventueller Zeuge seine Aussage entsprechend anpasste, um es sich nicht mit den Ortspolizisten zu verderben. Buizing las offenbar keine Krimis.
    »Waren Sie an diesem Tag auch zu Hause?«, fragte ich.
    »Ja, aber ich habe leider nicht die Hecke geschnitten, sonst wäre ich vielleicht auch mit einem blauen Ford ins Fernsehen gekommen.«
    »Zwischen vierzehn und sechzehn Uhr nachmittags?«
    »Wenn schönes Wetter ist, geht es hier zu wie im Taubenschlag. Bei Regen ist weniger Betrieb, aber auch dann sind immer ein paar unerschrockene Spaziergänger unterwegs, die einen Regenschauer nicht fürchten.«
    »An diesem Nachmittag schien die Sonne, und am nächsten Tag haben Sie doch gehört, dass es kein gewöhnlicher Nachmittag war?«, hakte ich nach. »Die Polizei kam zu Ihnen nach Hause, also können Sie sich doch bestimmt an irgendetwas erinnern.«
    »Stimmt schon, aber ich hatte nichts Besonderes zu melden. Nach dem Essen habe ich ein Stündchen vor dem Haus gesessen und die Zeitung gelesen. Danach habe ich einen Fahrradreifen geflickt, und zwar im Schuppen hinter dem Haus.«
    Ich warf einen Blick hinüber zu den Gartenstühlen unter einer Pergola auf der schmalen Terrasse. »Wenn Ihre Hecke schon genauso niedrig war wie jetzt, hatten Sie eine gute Aussicht«, gab ich zu Bedenken. »Oder schauen Sie beim Zeitunglesen nie auf?«
    »Es gab nichts Besonderes zu sehen«, beharrte er. »Ein paar Spaziergänger, ein Angler, eine Mutter mit zwei Kindern.«
    »Ein Angler?«
    »Ja, hinter den Feldern liegt ein gutes Angelrevier.«
    »Woher wussten Sie, dass es ein Angler war?«
    »Das ist nicht schwer zu erraten, wenn man jemanden mit einer Angeltasche und einem Kescher in diese Richtung gehen sieht.«
    »Wie sah er aus?«
    Er rieb sich über die Hüften. »Ich saß dahinten, ich hatte meine Lesebrille auf, ich sah nur verschwommene Figuren. Er war relativ groß und trug ein

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