Charlotte
brachte Gläser mit Limonade nach draußen. »Ich dachte, Sie hätten keine Zeit für einen Kaffee, und jetzt sitzen Sie hier in aller Gemütsruhe«, bemerkte sie tadelnd.
»Meine Schuld«, sagte Wanstee.
Ich dankte ihr und trank von der Limonade.
»Journalisten wissen nie genau, wann sie Zeit haben«, sagte Wanstee, als sie wieder weg war. »Einige mussten jeden Samstag arbeiten. Manchmal bekamen sie nur neun oder zehn Mann für ein Auswärtsspiel in Wageningen oder Lunteren zusammen und dann liehen sie sich ein oder zwei Jungs von unseren anderen Mannschaften aus. Die taten dann so, als seien sie Redakteure bei De Gelderlander oder Het Vrije Volk.«
»Warum?«
»In dieser Mannschaft durften nur Journalisten mitspielen. Wenn die Gegner bemerkt hätten, dass richtige Fußballer dabei waren, hätten sie das Spiel für ungültig erklären lassen und damit Punkte sammeln können. Einige dieser Journalisten hatten noch nie einen Ball getreten und rannten nur ein bisschen über das Spielfeld. Aber es waren auch ein paar richtig gute Leute dabei, Carlo Nagel, Kuipers und als Spielmacher eine richtige Dampfwalze, Willem Iking, vor dem sprang alles beiseite.« Wieder lachte Wanstee. »Im zweiten Jahr wurden sie sogar Meister in ihrer Kategorie.«
»War Stef Molenaar einer der Ersatzspieler?«
Wanstee ließ sich nicht hetzen. »So was fängt als Scherz an«, sagte er. »Jede Woche ein kleiner Regelverstoß, alle zusammen in vier Autos nach Barneveld, tüchtig schwitzen, und anschließend ein paar Bierchen und ein Brathähnchen in der Kantine, um die Kalorien wieder reinzuholen. Aber wenn man ein paar Mal gewonnen hat, kommt man auf den Geschmack, ich weiß genau, wie das abläuft. Man denkt sich: Vielleicht können wir Meister werden. Der frühere Sporttrainer hämmerte ihnen das regelrecht ein. Journalisten können ja sowieso mit Sprache umgehen, aber wenn der sie in der Umkleide anfeuerte, dachte man, man hörte Sokrates reden. Ihr größtes Problem war der Torwart. Der Journalist, der bei ihnen im Tor stand, ließ jeden Ball durch, den man ihm nicht gerade direkt in die Hände schoss, und selbst dann ließ er noch die Hälfte durch.« Wanstee kriegte immer mehr Spaß an seiner Geschichte. »Dann kam irgendjemand mit Stef Molenaar an.«
»War er kein Mitglied in Ihrem Verein?«
»Nein, wir hatten noch nie von ihm gehört. Ich glaube, er war mit einem der Journalisten befreundet. Bei mir wurde er als der Arnheimer Korrespondent des Algemeen Dagblad angemeldet.« Erneut musste Wanstee lachen. »Das Torwartproblem war mit einem Schlag gelöst. Stef Molenaar war wie geschaffen dafür, und nebenbei war er auch ein Scharfschütze.« Er erschrak über sein eigenes Wort. »Ich meine, dass sie ihn aufs Feld holten, wenn es einen Elfmeter gab«, fügte er wie zu seiner Entschuldigung hinzu.
»Schon gut«, sagte ich.
Er nickte. »In dieser Saison wurden sie Meister ihrer Klasse. Ich wurde ein bisschen misstrauisch, weil sie von Stef Molenaar immer als ihrer Geheimwaffe redeten. Irgendwann kam ich dann dahinter, dass er gar kein Journalist war, sondern Soldat bei den Grenadieren in Schaarsbergen. Jeden Samstag holten ihn die Journalisten von der Kaserne ab.«
Wanstee blickte auf seinen Garten und lächelte in Gedanken versunken. »Ich habe es dabei belassen«, sagte er. »Sport muss auch Spaß machen. Betrug wird es erst, wenn es um Geld geht. Finden Sie nicht?«
Ich nickte beruhigend. »Aber damals gab es den Golfplatz noch nicht, der ist doch erst zehn Jahre alt?«
»Stimmt, und diese Journalistenmannschaft löste sich nach ein paar Jahren wieder auf, so geht das immer bei solchen Aktionen. Aber Stef blieb bei uns. Jahrelang hat er in der ersten Mannschaft gespielt, die waren ganz scharf auf ihn, und selbst als er in Amersfoort wohnte, kam er noch zu uns. Er war ein Gewinn für unseren Verein, alle Mannschaften nahmen ihn mit Kusshand als Ersatzspieler, und sonst saß er beim Trainer an der Seitenlinie.«
»Sie mögen ihn.«
Wanstee trank einen Schluck von seiner Limonade, so vorsichtig, als sei sie glühend heiß. »Stef kann manchmal recht ungehobelt auftreten, aber er hat das Herz auf dem rechten Fleck«, sagte er dann.
»War er noch da, als der Golfplatz über die Fußballfelder hinweg angelegt wurde?«
»Natürlich. Letztes Jahr hat er noch die Junioren trainiert.« Der Sekretär schaute mich an und wurde ernst. »Hat Stef es getan?«
»Wäre er zu einem Mord in der Lage?«
Wanstee wandte sich ab und stellte
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