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Charlotte

Charlotte

Titel: Charlotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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sagte Nel, die noch immer ihre Waffe auf ihn gerichtet hielt. »Dann können wir in aller Ruhe mit dem Verhör anfangen.«
    »Was für ein Verhör?« Harry behielt den Knüppel in der Hand.
    »Los, weiter. Ist das das Wohnzimmer? Ist außer dir noch jemand im Haus?«
    »Das geht dich einen Dreck an. Beweise erst mal, dass du von der Polizei bist. So’n Blödsinn! Du bist Winters Frau.«
    »So, so, durch die Fenster gucken, während die Chefin drin ist«, sagte ich. »Komm Harry, jetzt stell den Schläger weg. Wir sollten keine Zeit verschwenden. Wann bist du heute Abend nach Hause gekommen?«
    Harry stellte den Schläger an die Flurwand. »Warum hätte ich nicht zu Hause sein sollen?«
    »Zur Seite!« Nel zielte weiterhin auf Harry, während sie sich an ihm vorbeidrängte, um das Zimmer dahinter zu überprüfen.
    »Du hättest nach dem Anruf aus dem Motel Maarsbergen zum Beispiel noch in deine Stammkneipe gehen können«, sagte ich.
    In der schwachen Flurbeleuchtung konnte ich sein Gesicht nicht deutlich erkennen. »Ich weiß nicht, wovon du redest«, sagte er.
    »Hier rein«, befahl Nel hinter ihm. »Dann kannst du uns gerne alles erklären.«
    »Ich habe nichts zu erklären!« Harry ging vor mir die Stufen zu seinem Wohnzimmer hinauf. Er registrierte mit einer abfälligen Kopfbewegung die Jennings, die Nel locker auf ihn gerichtet hielt. »Das soll eine Polizeipistole sein?«
    »Mit Polizeipistolen kennst du dich ja wohl gut aus«, erwiderte Nel.
    Harry verzog kurz das Gesicht, sagte aber nichts. Vor einem weißen Sofa blieb er stehen. Nel hatte das Licht eingeschaltet. Das Zimmer war so unpersönlich wie ein Ausstellungsraum für Kunstledersofas und Wohnzimmerglastische. Elfenbeinweiße Jalousien versperrten den Blick durch das hohe Fenster an der Straßenseite. Hinter dem Sofa stand ein weißer Plastiktopf mit einem großen Ficus. Zeitschriften lagen in einem akkuraten Stapel auf der unteren Glasplatte des Tischs und auf einem niedrigen Wandregal standen ein Dutzend Bücher. Eine offene Treppe neben der Küchenbar führte zu einem Zwischengeschoss. Ich stieg ein paar Stufen hinauf und sah ein niedriges Bettsofa, gegenüber Fächer mit Bettwäsche unter einem Fernseher. Im Bett hatte jemand gelegen. Harry musste etwas gehört haben oder von seinem inneren Leibwächteralarm geweckt worden sein. Vielleicht hatte er durch die Lamellen hinausgeschaut und uns im Licht des Nachbarhauses vor seiner Tür herumknutschen sehen.
    »Setz dich«, sagte Nel hinter mir.
    »Ich lass mich doch in meinem eigenen Haus nicht von der erstbesten Zimtzicke mit einer Knallblättchenpistole rumkommandieren!«
    Ich ging rasch wieder hinunter. »Harry, halt die Klappe und setz dich. Nel ist müde, da schießt sie schnell mal eine Kniescheibe kaputt.«
    Seine Augen rückten dichter zusammen, als er mir einen frustrierten Blick zuwarf, seufzte und sich auf sein Sofa fallen ließ. »Du arbeitest für die Witwe meines Chefs«, sagte er. »Wenn Mevrouw Runing das zu Ohren kommt, kannst du mit einer saftigen Klage anstelle deines Honorars rechnen.«
    »Oder mit einem Bonus, weil ich den Mörder ihres Mannes geschnappt habe«, entgegnete ich.
    In dem kalten Licht wurde Harrys Gesicht ebenso weiß wie sein Bauch. »Was soll das denn heißen?«
    »In diesem Moment sucht die Polizei auf den Telefonen des Motels Maarsbergen nach deinen Fingerabdrücken«, sagte ich. »Ich hoffe, du hast diesmal nicht an dei ne Handschuhe gedacht .«
    »Da sie deine Fingerabdrücke im Computer haben, werden sie rasch fertig sein«, fügte Nel hinzu.
    Er erschrak. »Was quatschst du denn da!«, blaffte er sie an und wieder näherten sich seine Augen einander. »Was für Telefone in Maarsbergen? Warum kommst du nicht einfach tagsüber vorbei, wenn du mich sprechen willst?«
    »Jetzt ist deine Erinnerung noch frisch«, antwortete ich.
    »Frischer als die Gladiolen«, bemerkte Nel.
    Ihm dämmerte etwas und er presste die Lippen zusammen und zog sich in sein Schneckenhaus zurück.
    »Die Mauser«, sagte ich. »Ein 7,92-mm-Präzisionsgewehr.«
    »Und?«
    »Stef Molenaar behauptete, die Mauser sei aus seiner Wohnung gestohlen worden, aber ich glaube, dass jemand sie einfach eines Morgens nach einem gemütlichen Beisammensein mitgenommen hat. Oder was meinst du?«
    »Das Gewehr war weg«, sagte Nel. »Aber die Gladiolen standen noch da.«
    Der Raum war muffig, aber nicht warm. Dennoch bildeten sich Schweißtröpfchen auf Harrys fleischiger Oberlippe. »Was ist das

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