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Charlottes Traumpferd

Charlottes Traumpferd

Titel: Charlottes Traumpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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streckte mir die Hand hin und ich schlug ein.
    Â»Freunde«, bestätigte ich.
    Â»Schade, dass du morgen nach Hause fahren musst«, sagte er.
    Â»Ja, das ist wirklich schade. Ich hätte gerne noch ein paar Rennen gegen dich gewonnen.«
    Papa und Jean-Paul kamen näher und erkundigten sich nach dem Ausgang des Abenteuers.
    Â»Kann ich nicht noch hierbleiben und warten, bis Nicolasaus dem Krankenhaus zurückkommt?«, bat ich meinen Vater.
    Â»Wir fahren morgen früh noch mal her«, entschied Papa jedoch. »Jetzt musst du erst mal trockene Sachen anziehen, sonst holst du dir noch eine Lungenentzündung.«
    Ich nickte, verabschiedete mich von meinen Freunden und trottete mit zum Auto. Gut, dass es schon dunkel war. Ich wollte nicht, dass Thierry und Sophie meine Tränen sahen.

Ich ließ mich auf die Rückbank des Autos fallen und lehnte meine glühend heiße Stirn gegen die kühle Fensterscheibe. Won Da Pie! Ohne jedes Zögern hatte er den Sprung über den Graben gewagt, war durch den strömenden Regen galoppiert und hatte mich nicht im Stich gelassen. Wieder wurde mir bewusst, dass ich überhaupt keine Angst gehabt, ja, nicht einmal über die Gefahren und Risiken nachgedacht hatte.
    Früher hatte ich mich vor allem gefürchtet: Vor einer Springstunde oder einem Ausritt hatte ich mittags nichts essen können; wenn Herr Kessler mir Farina, Flocki oder Hanko zuteilte, hatte ich mich dazu zwingen müssen, nicht einfach wieder nach Hause zu rennen. Während Dorothee völlig sorglos neben mir her zum Reitstall lief, hatte ich meistens weiche Knie und ein flaues Gefühl im Magen gehabt. Tatsächlich hatte ich in den letzten drei Jahren beinahe immer Angst vor dem Reiten gehabt.
    Der Sommer mit Nicolas, Véronique, ihren Pferden und vor allen Dingen Won Da Pie hatte alles verändert. Mir war es gelungen, das Vertrauen eines völlig verängstigten Pferdes zu gewinnen. Nicolas hatte mir, der kleinen Charlotte Steinberg aus der Freitags-drei-Uhr-Anfänger-Abteilung,zugetraut, Won Da Pie und seine anderen Pferde zu reiten, und obwohl ich mehr als einmal unfreiwillig im Sand der Reitbahn gelandet war, hatte ich neues Selbstvertrauen und Mut bekommen. Bei Nicolas hatte ich in den vergangenen vier Wochen gelernt, dass Reitenlernen sehr viel mehr war, als nur einmal in der Woche halbherzig im Kreis herumzureiten. Reitenlernen bedeutete die Bereitschaft, sich auch mal zu quälen, den Willen, etwas zu erreichen, Liebe zum Pferd, Körperbeherrschung und keine Angst vor Rückschlägen.
    Die Belohnung für diese Erkenntnis war mein Ritt mit Won Da Pie durch den Sturm gewesen. Das Wichtigste für mich war nicht die Tatsache, dass ich Hilfe geholt hatte. Viel wichtiger war mir, dass ich das Pferd beherrscht und keine Angst gehabt hatte. Won Da Pie hatte das gespürt und deshalb gehorcht und mit mir gekämpft. Ich lächelte ein bisschen. Das war mein größter Sieg. Der Sieg über meine Angst.
    Papa bremste vor der Einfahrt von Couasnons Haus, um Jean-Paul aussteigen zu lassen.
    Â»Gute Nacht, kleine Heldin.« Jean-Paul zwinkerte mir zu und lächelte. Ich versuchte auch zu lächeln, obwohl mir viel eher nach weinen zumute war. Weshalb musste ich ausgerechnet hier mein Traumpferd finden? Es war so aussichtslos!
    Wenig später hielten wir vor unserem Ferienhaus. Alissa kam schwanzwedelnd auf uns zu, gefolgt von meinen Geschwistern, die alles ganz genau wissen wollten. Auf einmal hatte ich die Bewunderung, nach der ich mich immer gesehnthatte, aber zu meinem Erstaunen war sie mir gar nicht mehr so wichtig.
    Ich duschte, zog mir frische, trockene Kleider an und setzte mich an den Esstisch. Mir tat alles weh, vor allem der Rücken und die Arme. Auch wenn ich in den letzten Wochen sehr viel geritten war, so war es doch etwas anderes, ein paar Kilometer in gestrecktem Galopp zu reiten.
    Meine Eltern und Geschwister saßen erwartungsvoll um mich herum, als ich heißhungrig die Paella in mich hineinschaufelte, die Josiane Couasnon für mich eingepackt und Mama mitgegeben hatte. Ungeduldig warteten sie, bis ich endlich von meinem Abenteuer erzählte. Ich wäre viel lieber gleich ins Bett gegangen. Wie sollte ich in Worte fassen, was das für ein Gefühl gewesen war? Niemand, der Ähnliches nicht selbst erlebt hat, kann beschreiben, was es bedeutet, mit einem Pferd eins zu sein. Oft hatte ich die Kraft und den Willen eines

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