Charming Charly
von dem Fakt überzeugen kann. Deswegen habe ich dir erzählt, was ich keinem zuvor so im Detail erzählt habe. Ich habe es getan, damit du mir vertraust und weil du ein Recht darauf hast, es zu wissen.“
„Du irrst dich“, sagte sie aufgebracht. „Ich bin und ich werde nie deine Gefährtin sein. Es tut mir leid, was dir passiert ist, doch es gibt dir nicht das Recht, mich hier anzubinden. Für wie lange überhaupt. Tage? Wochen?“
„Nein“, sagte er ruhig. „Ich habe nicht vor, dich hier angebunden zu lassen. Aber ich werde dich wieder anbinden. Wenn deine nächste Lektion ansteht.“
„Lektion? Du bist verrückt.“
„Nein“, sagte er leise. „Nur verzweifelt.“
Er erhob sich aus dem Bett und kam an ihre Seite. Er öffnete die Fesseln und sie rückte augenblicklich von ihm ab.
„Ich wünschte, du würdest mir eine andere Wahl lassen“, sagte er leise, dann wandte er sich ab und ging.
Charly starrte ihm hinterher, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, dann rollte sie sich auf dem Bett zusammen und weinte. Sie wusste nicht, ob sie wegen ihrer Lage weinte, dem, was ihr damals passiert war, oder für den Jungen, der eine so furchtbare Tragödie erleben musste. Irgendwann fiel sie in den Schlaf.
Charly erwachte orientierungslos. Sie hatte schlecht geträumt und fühlte sich wie gerädert. Die Erinnerung an ihr Gespräch mit Amano kam ihr zu Bewusstsein und sie war hin- und hergerissen zwischen Mitgefühl und Wut. Sie setzte sich auf und starrte auf die Tür. Sicher war sie verschlossen. Sie würde es dennoch probieren, also erhob sie sich aus dem Bett und ging zur Tür, um sie zu öffnen. Sie war nicht verschlossen, doch als sie die Tür weit aufschwang, standen zwei Männer davor. Offensichtlich, um sie zu bewachen.
„Guten Morgen, Lady Charly“, grüßten sie.
Einer der beiden war ein junger Kerl von nicht älter als achtzehn, der andere schien in den Vierzigern zu sein. Der Ähnlichkeit zwischen den beiden nach zu schließen waren sie Vater und Sohn.
„Habt Ihr gut geschlafen?“, fragte der Ältere.
„Guten Morgen und Nein “, antwortete sie. „Ist es mir verboten, das Zimmer zu verlassen?“
„Oh, aber nein, Lady Charly. Wir sind nur zu Eurem Schutz hier. Wir haben den Auftrag, Euch überallhin zu begleiten und sicherzustellen, dass es Euch an nichts fehlt und Ihr ...“
„Meine Wachhunde“, unterbrach sie den Mann. „Verstehe! Nun, es hätte ja schlimmer kommen können. Wenigstens bin ich nicht mehr ans Bett gefesselt.“
Die beiden Männer sahen sie bestürzt an und der Jüngere errötete zu ihrer Genugtuung. Die beiden konnten ruhig denken, was ihre Äußerung vermuten ließ, wäre die Wahrheit. Dass Amano sie in Wirklichkeit nicht einmal berührt hatte, mussten sie ja nicht wissen. Sie würde dafür sorgen, dass ihr Möchtegerngefährte bereute, sie je hierhergebracht zu haben.
Charly war müde. Ihre beiden Wachhunde Carron und dessen Sohn Jahnon folgten ihr wirklich überall hin und sie hatte sich eine Weile damit vergnügt, die armen Männer mit ihren Wünschen und Forderungen in Trab zu halten. Langsam jedoch wurde sie das Spiel leid. Egal, wie sehr sie ihre Wachen piesackte, sie wurde sie nicht los. Sie musste zugeben, dass Amanos Haus beeindruckend war und der Garten wunderschön. Sie war sogar auf einem von Amanos Pergamos geritten, natürlich in Begleitung von Carron und Jahnon. Sie hatte Amano seit dem letzten Mal nicht mehr gesehen und obwohl sie es nicht gern zugab, vermisste sie seine Nähe.
„Lady Charly?“, fragte Carron besorgt. „Ist Euch nicht wohl? Ihr seht blass aus.“
Charly seufzte und sah sich um. Sie hatte den Turm erreichen wollen, der auf einem Hügel hinter dem Haus stand, doch sie hatten nicht einmal die Hälfte der Anhöhe zurückgelegt und sie fühlte sich schwach. Zu schwach, um den Rest des Weges zu schaffen.
„Ihr habt Euch überanstrengt“, stellte der ältere Mann fest. „Den ganzen Tag wart Ihr auf den Beinen. Wir sollten zurückgehen.“
„Ich wollte mir den Turm ansehen“, erwiderte sie, nur um nicht klein beizugeben. Doch sie verspürte auf einmal wirklich keine Lust mehr, den Hügel noch weiter zu erklimmen.
„Bitte, Lady Charly. Der Herr bringt mich um, wenn Euch etwas passiert.“
„Ich kann Euch tragen“, bot Jahnon an.
Charly setzte sich ins weiche Gras und zog die Knie an ihre Brust, um die Arme darum zu schlingen.
„Warum tut ihr das?“, fragte sie.
„Was meint Ihr damit?“, fragte
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