Chemie der Tränen

mit dem Diebstahl von Notizheften, dachte ich.
    »Mein Gott, Eric. Hören Sie auf.«
    Doch er hatte nicht die geringste Absicht, mit irgendwas aufzuhören. »Wissen Sie, Catherine«, sagte er und war wieder der träumende Buddha, wobei er fleißig weiterhackte, hack, hack. »Wenn unser Freund eine Line wollte, hat er sich nie an einen Dealer gewandt.« Er lächelte mich nun direkt an. »Niemand hätte Matthew für nervös gehalten, aber wenn es um Dealer ging, konnte er verdammt hibbelig werden.«
    »Also waren Sie seine Connection?«
    »Sagen wir, jedes Mal, wenn Sie beide eine gewisse entspannende Erfahrung gemacht haben, hat sich jemand anderes um deren Unterweltaspekte gekümmert.«
    Er schob etwas Puder beiseite, in Insiderkreisen auch als ›bump‹ bekannt. Natürlich sage ich ›nein‹, dachte ich. Er nahm einen Zehn-Pfund-Schein aus seiner Brieftasche, rollte ihn zusammen und schniefte.
    »Und was ist mit mir?«
    »Na schön, aber nur ein bisschen.«
    Da der frühere Unterhaussprecher immer noch Golfschläge übte, zog ich die Jalousie zu. Dann setzte ich den Zehn-Pfund-Schein an und spürte, wie das Kokain in meine Nasenhöhlen wirbelte, um gleich darauf als herrlich medizinischer Trip in die Kehle zu tröpfeln.
    »Also«, sagte er und brachte seine Barclaycard wieder zum Einsatz. »Ich schlage vor, dass wir uns folgendermaßen gegenüber dem Haus verhalten.«
    »Okay«, sagte ich, sobald gesagt worden war, was er zu sagen hatte.
    »Okay?«
    »Danke, Eric. Ich habe mich wie eine blöde Kuh benommen, tut mir leid. Kann ich noch ein bisschen mehr haben, Eric, bitte?«
    Er lächelte mich an, und ich muss mit meinen tief eingesunkenen, blau umränderten Augen ziemlich elend ausgesehen haben.
    »Wissen Sie, warum ich Sie im Café treffen wollte?«
    »In diesem Café?«
    »Ich hatte den Mini hingefahren, um Ihnen das Auto zu geben. Unter diesen Umständen nicht gerade besonders einfach, weil ich den Wagen erst einmal anmelden musste. Haben Sie gewusst, dass Sie, wenn Sie einen umgebauten Mini anmelden wollen, nachweisen müssen, ob am verdammten Chassis oder am Schalenrumpf irgendwas verändert wurde? Das hat mich auf andere Gedanken gebracht. Jedenfalls hatte ich den Mini vor dem Café abgestellt und Ihnen den Wagen gezeigt, aber Sie haben sich geweigert, ihn zur Kenntnis zunehmen.«
    »Hätten Sie doch was gesagt …«
    Er genehmigte sich eine dicke fette Line und schob mir eine zweite Line zu. »Sie haben ihn gesehen.«
    »Ich hätte ihn wiedererkannt.«
    »Er hat gewollt, dass Sie ihn bekommen. Hat er mir selbst gesagt.«
    Das konnte unmöglich stimmen, aber ich wollte es glauben, so wie alle dummen Menschen glauben wollen, was sie zu glauben wünschen.
    Es dauerte viele Wochen, bis ich begriff, dass Eric nach Beccles gefahren und unseren Wagen im Prinzip gestohlen hatte, aber nun genehmigte ich mir eine weitere Line und wies ihn an, den restlichen Stoff von mir fernzuhalten.
    »Wo ist er jetzt, der Mini?«
    »Ich hole ihn her.«
    »Das ist schrecklich lieb, aber ich könnte seinen Anblick nicht ertragen.«
    »Später?«
    »Ja, später.«
    »Alles geht vorbei«, sagte er. »Sie werden sich nicht immer so fühlen.«
    Doch, das würde ich, keine Frage.
    Dann trat er an meinen Schrank, und ich wusste, er suchte nach einem Streifen Alupapier, um mir eine ›kleine Line‹ dazulassen. Ich schnappte mir die Handtasche und stellte sie auf den Boden. Er ging zurück zu seinem Platz, legte mir sein Geschenk hin und sah mich an; seine Augen waren ziemlich feucht.
    »Ich muss jetzt zu einem dieser grässlichen Treffen mit Sir Halsabschneider, Catherine, Sie wissen schon, um unsere Besucherzahlen mit denen der verdammten Tate Gallery abzugleichen. Haben Sie gewusst, dass das Kulturministerium unser Swinburne mit dreiundzwanzig Pfund pro Nase unterstützt, die bei uns durch die Tür kommt? Die Tate braucht nur fünf; ich hasse sie.«
    Er warf mir ein komisches, kleines Lächeln zu, ganz verzerrt und ausgequetscht, und ich dachte daran, wie er gelitten haben musste, als seine Frau fortgelaufen war. Ich drückte ihm einen Kuss auf die raue, straffe Wange.
    »Mir geht’s gut«, sagte ich. »Tut mir leid, dass ich vergaß, wie sehr Sie ihn geliebt haben.«
    Fast wäre er da zusammengebrochen, der arme Eric, doch fing er sich rasch wieder. Als er ging, hastete ich sofort ins Schlafzimmer, um zu lesen.

Henry
    Carl war Sumpers goldener Schatten, der ihm treppauf, treppab folgte. Manchmal verschwanden beide oberhalb der Klamm,