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Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Titel: Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Bergmann
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Bilder auf dem Display.
    „Es geht nicht, Mike. Vielleicht liegt es an der Heckscheibe.“
    „Das ist kein Problem. Duckt euch.“
    Der Amerikaner zog seine Waffe, richtete sie über seine Schulter nach hinten und schoss zweimal. Diesmal ohne Schalldämpfer. Der Abschussknall im Wagen war furchtbar laut, die Scheibe zerbröselte. Donahue blickte die halbe Zeit in den Rückspiegel. Der erste Verfolger war nun sehr nahe.
    „Beeil‘ dich. Aus der Distanz kann er uns kaum noch verfehlen.“
    Chiara hatte den vorderen Fahrer fest im Visier. Dort zeichnete er sich heller und deutlicher ab als in Natur. Sie sah sogar sein hassverzerrtes Gesicht hinter dem Plexiglas und wunderte sich. Für ihn war es doch nur ein Job. Aber dann blickte sie direkt in die Mündung einer Waffe, ahnte die Bewegung seines Fingers am Abzug. Rasch machte sie einen Schwenk nach rechts. Das Motorrad verschwand. Etwas Neues erschien auf ihrem Display. Ein rundes Metallstück, das rasch näher kam. Es leuchtete in sattem Kupfer und sie begriff, dass sich die Welt oder der Ausschnitt, den sie davon sah, um einen Faktor im Hunderterbereich verlangsamt haben musste. Sie sah seine letzte Kugel. Er hatte sie abgefeuert, noch ehe sie ihn mit dem A-Grav von der Straße geworfen hatte. Die Kugel konnte sie nicht ablenken. Sie konnte ihr auch nicht ausweichen. Sie konnte ihr nur entgegensehen. Fast war sie am Ziel. Sie würde ihre Stirn durchschlagen. Chiara hätte gerne die Augen geschlossen. Aber in dieser hundertfach verlangsamten Welt ging das nicht.

64___
    Antonio hätte ihr etwas über unendlich verlangsamte Welten erzählen können. Zeitzellen gehörten zu den ersten praktisch anwendbaren Entdeckungen der Schöpfer. So bezeichneten sie eine kleine Exklave von den allgemein gültigen physikalischen Regeln, die exakt nach Form und Größe eines Dings oder auch Lebewesens maßgeschneidert war. Wen das Wort Zelle nicht nur an eine kleine Einheit, sondern auch an Gefangenschaft erinnert, der liegt richtig. Noch gefangener als in einer Zeitzelle kann man nicht sein. Zeitzellen bedeuten absoluten Stillstand. Keinerlei Wahrnehmung, keinerlei Gedanke, natürlich keinerlei körperliche Aktivität. Wenn jemand unter einem Tarnumhang steckt, wird er unsichtbar, weil das Licht ihn umfließt. Wer in einer Zeitzelle steckt, den umfließt die Physik des Universums. Er gehört ihr nicht mehr an bis er zurück geholt wird. Niemand weiß, wie viele solcher Zellen von den Schöpfern in ihren vieltausendjährigen Kämpfen und Kriegen angelegt worden waren und wie viele, seit Äonen vergessene Gefangene noch darin stecken mochten. Vom Standpunkt des Gefangenenwärters aus sind Zeitzellen jedenfalls ideale Aufbewahrungsorte. Vom Standpunkt des Gefangenen aus waren sie hoffnungslose Fallen, weil ein Betroffener nicht die geringste Chance hatte, sich ihrer auch nur bewusst zu werden. Wie entkommt man einer Falle, wenn sie einem mangels Selbstwahrnehmung nicht einmal bewusst wird?
    Tatsächlich hätte Antonio Chiara also doch nichts darüber erzählen können, weil die Erfahrung einer Zeitzelle unmöglich ist. Die Verlangsamung ist hingegen erfahrbar.

65___
    Die Kugel hatte Ihr Ziel beinahe erreicht und Chiara blickte ihr entgegen. Da sah sie aus dem Augenwinkel einen hellen Schatten neben dem Wagen, das Vorbeiwischen eines schwarzen Rades mit einem silberfarbenen Ring, der die Kugel streifte und so im letzten Moment aus ihrer Bahn warf. Das Leben hatte wieder sein gewohntes Tempo, ein grausiges Kreischen von Metall auf Metall ließ sie zusammenzucken. Das Geschoß  hinterließ eine Schramme auf dem Dach des Volvo. Das zweite Motorrad verlor sich in der Dunkelheit, der Fahrer ohne Helm, in einem hellen Mantel. In der linken Hand hielt er etwas. Rasch blickte sie aufs Display und erkannte einen schwarzen Stock mit Silberknauf – das schwarze Rad mit dem Silberring. Die folgende scharfe Linkskurve warf Chiara gegen die Türe und verhinderte einen längeren Blick auf das Gesicht des Fahrers. Trotzdem glaubte sie, ihn zu erkennen. Im Auto war es kalt geworden.
    „Gut gemacht“, sagte Mike. Chiara wusste nicht, wie viel er von den Geschehnissen der letzten Minute mitbekommen hatte. Das Display war durch ihren Körper verdeckt gewesen und sie wollte über den Zwischenfall lieber nicht sprechen.
    „Danke. Dafür erfrieren wir jetzt.“
    „Ich glaube nicht. Wenn Ernst Recht hat, wird es bald richtig heiß.“
    Chiara und Elena pressten sich aneinander, um etwas Wärme zu

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