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Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Titel: Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Bergmann
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bewahren, während Donahue den Volvo hochtourig zwischen Felsen, Wald, verschneiten Almen und Gebirgsbächen über steile Anstiege und durch scharfe Kurven den Berg hochtrieb. Bei jedem länger einsehbaren Straßenstück tauchten hinten die Scheinwerfer der Gang auf, die gar nicht mehr versuchte, sich ihnen zu nähern. Dann fuhren sie durch den Schiort mit seinen bunten Hotels und eisernen Liften. Klein und seltsam trotzig und vorlaut gegenüber den dunkel aufragenden Gipfeln, die diesen Stützpunkt menschlicher Vergänglichkeit in ihrem Äonenmaß noch gar nicht wahrgenommen hatten.
    Auch hier herrschte Ruhe. Die wenigen wachen Menschen hockten in den wenigen noch geöffneten Bars. Niemand fuhr um diese Zeit mit dem Auto.
    „Wenn von vorne Gefahr droht, sollte der A-Grav nach vorne wirken können.“
    „Erschieße ruhig auch die Frontscheibe“, murmelte Vanetti in düsterster Stimmung. „Dann wird es wirklich gemütlich.“
    „Das ist eine Möglichkeit. Es gibt aber ein Schiebedach. Das sollte reichen. Was meinst du, Chi? Entschuldige, Chiara. Würde das funktionieren?“
    „Ich denke schon“, sagte sie mit geringer Begeisterung. „Sofern ich mich nicht sofort in einen Eiszapfen verwandle.“
    „Probier‘, ob es aufgeht“, bat Donahue. „Im Ernstfall sollte es sehr schnell aufgehen.“
    Es ging sehr langsam auf. Ein eisiger Luftzug strömte durch den Fahrgastraum. Der Ort war längst zu Ende, die Straße führte nun bergab.
    „Das halten wir nicht lange aus“, stellte Vanetti fest. „Ich schließe es wieder.“
    Sie fuhren durch eine kurze Galerie. Donahue warf einen Blick in den Rückspiegel und rief: „Nicht schließen, öffnen! Sie sind ganz nah. Wenn vorne etwas wartet, dann dauert es nicht mehr lang. Chiara, bist du bereit?“
    Es ging nun ziemlich steil abwärts. Nach einer Kurve lag die leere Straße auf einer Entfernung von 300 bis 400 Metern vor ihnen. Ganz unten waren Lichter auszumachen. Viele Lichter.
    „Sie haben eine Sperre aufgebaut“, sagte der Agent. „Du musst sie beseitigen!“
    Er bremste nicht etwa ab, er beschleunigte. Chiara steckte A-Grav und Oberkörper durch das offene Dach. Elena umarmte ihre Hüften, um ihr mehr Halt zu geben. Der eisige Fahrtwind trieb ihr Tränen in die Augen, doch das Display des A-Grav hob in aller Deutlichkeit eine schwere Baumaschine aus dem Dunkel, die die Straße blockierte. Daneben Motorräder und Männer, die darauf warteten, dass der Volvo endlich langsamer wurde. Der A-Grav hatte den Bagger mit seiner Markierungslinie erfasst. Und dann erschien die Öffnung über dem Display. Blinkte in frühlingshaftem Grün. Er brauchte den Schlüssel! Ohne Schlüssel würde er diesen Brocken nicht schaffen. Fieberhaft zerrte Chiara an der Kette. Es ging um Sekunden. Ihre Finger bebten, als sie den Metallstab in die Öffnung schob. Hoffentlich nicht mit der falschen Ausrichtung. Eine zweite Chance würden sie nicht haben. Im Display sah sie, dass die Männer fluchtartig von der Straße zurückwichen. Nur noch 80, 70, 60 Meter. Aus dem Auto drangen Schreie. Sie riss den A-Grav hoch. Das tonnenschwere Monster wurde in die Luft gewirbelt wie Plastikspielzeug. Als sie darunter durch preschten, passte zwischen seine Eisenketten und Chiaras Kopf nicht mehr als ein dickes Buch. Sie wandte sich rasch um und sah im Sternenschein, wie der Koloss auf die Straße zurückstürzte, Motorräder zermalmte und die kleine Brücke zerstörte, auf der die Biker ihn platziert hatten. Dann folgte schon die nächste Kurve und Elena zog sie in das Auto. Vanetti hatte riesige schwarze Augen in einem weißen Gesicht, Elena klapperte mit den Zähnen, vor Angst oder Kälte oder beidem.
    „Echte Maßarbeit, Chi“, bemerkte Donahue trocken. „Du kannst jetzt den Deckel deiner schwedischen Konserve wieder schließen, Ernst. Ich glaube, wir können ein bisschen durchatmen.“
    Aber auch Mikes Stirn glänzte verdächtig. Immerhin hatte er die Nerven gehabt, auf eine Sperre aus Eisen und Stahl loszurasen, von der er bis zum letzten Moment nicht wusste, ob sie rechtzeitig verschwinden würde. Chiara merkte, dass die Silberkette lose zwischen ihren Brüsten baumelte. Nur noch der Schlüsselgriff hing daran. Die Öffnung im A-Grav war verschwunden, den vorderen Teil des Schlüssels hatte er behalten. Chiara betrachtete ihn. Lichter und Farben hatten sich wieder verändert. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen, hatte aber das fast greifbare Gefühl, dass er zufrieden

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