Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)
eine gewichtige Pause ein. „Und nützt uns allen.“
„Aha“, sagte der wichtige Mann. Ihm wäre es lieber gewesen, wenn er von dem Telefonat nichts mitbekommen hätte. Zum einen verstand er seine Bedeutung nicht, zum anderen verspürte er das unangenehme Gefühl, in Angelegenheiten gezogen zu werden, die für seine Position und für seine Pläne höchst schädlich sein könnten.
Es schien, als würde der Hausherr diese Gedanken direkt von seiner Stirn ablesen. Er lächelte wieder, ohne deshalb sympathisch zu wirken.
„Ich habe in Ihrer Gegenwart telefoniert, um Ihnen mein Vertrauen zu beweisen. Sie müssen sich keine Sorgen machen. Was immer Lynx tut und wer immer ihn einmal schnappen mag, es gibt keine nachweisbare Verbindung zwischen uns. Und er ist sehr geschickt.“
Er legte seine Hand auf den Arm des anderen und begann eindringlich zu sprechen.
„Sie fragen sich, worum es geht und was das mit Ihnen zu tun hat. Sie haben noch eine große Karriere vor sich. Vielleicht. Das hängt von vielen Dingen ab. Ein Faktor – und nicht der geringste – sind Leute wie ich. Wir stehen nicht im Vordergrund, wie Sie wissen. Wenn wir jemals in der Öffentlichkeit auftreten, dann als gefeierte Unternehmer oder großzügige Spender. Aber wir sind nicht Washington und nicht Hollywood. Wir repräsentieren die reale Macht. Zumindest einige von uns. Ich bin nur dieser realen Macht unserer großen Nation verpflichtet, niemandem sonst. Keiner anderen Macht, keiner anderen Idee. Vor allem keiner Partei. Meine Pläne reichen über Jahrzehnte. Nicht von Wahlkampf zu Wahlkampf oder von Umfrage zu Umfrage. Aber ich unterstütze Politiker. Ich kann mehr für Sie tun als Sie sich träumen lassen. Wenn Sie begreifen, dass es ein System der Arbeitsteilung ist, das langfristigen Strategien folgt.“
„Ich bin die Marionette und Sie ziehen die Fäden?“
„Nein. Wir ziehen beide die Fäden. Jeder auf seiner Bühne.“
Der wichtige Gast überlegte eine Weile. Er hatte lange auf diese Einladung gewartet. Nur um jetzt den Schwanz einzuziehen und davonzulaufen? Die Hintergründe der Macht waren ihm nicht fremd.
„Was können Sie konkret für mich tun?“ fragte er.
Der Hausherr lächelte. „Das besprechen wir nach dem Essen. Ich habe eine Kleinigkeit vorbereiten lassen.“
Er drückte auf einen Touchscreen, der in die Theke eingelassen war. Gleich darauf hob sich aus dem Mittelpunkt des Halbkreises eine Plattform. Ein perfekt gedeckter Tisch, zwei Stühle, mehrere Beistellwägen und zwei hübsche, lächelnde Kellnerinnen wurden auf das Niveau des Salons gehoben. Die Männer setzten sich und ließen sich bedienen, während die ersten Sterne aufblinkten und sich das Tal in samtige Dunkelheit zurückzog.
Später saßen sie wieder ganz allein in dem riesigen Raum und sprachen so lange miteinander, bis das Morgenrot die Spitzen der Zinnen berührte, so dass sie aussahen, als wären sie in frisches, helles Blut getaucht. Da waren sie längst zu Komplizen geworden.
63___
Donahue wechselte selten die Spur. Es war kaum Betrieb auf der Autobahn, einige Kühllaster mit Ausnahmegenehmigungen vom Sonntagsfahrverbot, einige PKWs ... Die meisten überholte er. Nur einmal zischte ein Sportwagen vorüber, kaum halb so hoch wie der 164. Er bezweifelte, dass die Männer aus der Raststation hinein passten. Nach der Abfahrt Gmunden tauchten dann fünf Lichter im Rückspiegel auf und blieben hinter ihm. Sie vermehrten sich rasch. Bald waren es 20, 30, 40. Vierzig Motorräder in einer kalten Märznacht, die zum Teil bis auf wenige Meter aufschlossen, aber nicht überholten. Er beschleunigte etwas, wurde langsamer, der Lichterschwarm im Rückspiegel zog sich auseinander und verdichtete sich, keiner überholte. Das ging so über etliche Kilometer. Dann änderte sich die Situation. Eine kleine Gruppe überholte und setzte sich vor den Volvo. Der Schwarm begann, das Auto in seine Mitte zu nehmen. Sie fuhren einzeln, zu zweit oder zu dritt nebeneinander, wie der Verkehr es erlaubte, vor, neben und hinter dem 164. Die Motorengeräusche der schweren Maschinen stülpten sich über den Wagen wie eine Glocke. Chiara und Elena, die Kopf an Kopf eingenickt waren, erwachten. Vanetti fand sich im x-ten Albtraum dieser höllischen Nacht und starrte düster vor sich hin.
„Was soll das?“ fragte Elena. „Wer sind die?“
„Deutsche Nummerntafeln“, murmelte Vanetti. „Die machen keine Vergnügungsfahrt.“
Bis jetzt hatte keiner der Biker irgendein
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