Chicagoland Vampires 01 - Frisch gebissen
den nächsten fünf Minuten wahrscheinlich auch nicht mehr lernen.« Ich schluckte, und mir blieb fast die Luft weg. »Ich werde tun, was ich kann. Man hat mich darum gebeten, und ich habe zugestimmt, die Hüterin zu sein, und ich werde tun, was ich kann.«
Ich entschloss mich, mir den Gedanken einzugestehen, der sich in meinem Hinterkopf festgesetzt hatte, aber noch nicht ausgesprochen worden war. Dass die Vampirin in mir ihren eigenen Verstand hatte. Dass es sich manchmal anfühlte, als ob wir nicht miteinander verschmolzen wären, nicht vol ständig, sondern dass sie in mir lebte.
Ich fand es schwieriger auszusprechen, als ich dachte, vielleicht weil ich meinte, dass es sich lächerlich anhörte.
»Ich glaube … Ich glaube …«
»Was, Merit?«
»Sie fühlt sich von mir getrennt.«
Schweigen, dann: »Sie?«
Er sprach das Wort aus, als ob es eine Frage wäre, aber ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass er genau wusste, was ich meinte. »Die Vampirin. Meine Vampirin. Ich. Ich weiß es nicht. Es ist wohl nicht wichtig.«
Erneutes Schweigen, dann: »Nicht wichtig.«
Mehrere Blocks zogen an mir vorbei, und dann bog ich nach Woodlawn ein, das Handy immer noch zwischen Schulter und Ohr eingeklemmt.
»Wenn du bedrohlich wirken musst, kannst du dann deine Augen silbern werden lassen? Die Fangzähne zeigen? Auf Augen silbern werden lassen? Die Fangzähne zeigen? Auf Befehl, meine ich?«
Noch hatte ich es nicht versucht, aber in der letzten Woche waren genug Dinge geschehen, die meine Augen silbern werden ließen. Ich wäre bestimmt in der Lage, den Effekt herbeizuführen. Die Vampirin in mir wurde jetzt auch noch zur Schauspielerin.
»Ich glaube schon, ja.«
»Gut. Gut.« Ich fuhr den Wagen auf den Bürgersteig vor Haus Cadogan. Am Tor standen keine Wachen. Das Haus wirkte leer, und das bedeutete nichts Gutes.
»Scheiße!«, murmelte ich und packte den Türgriff. »Das Haus wirkt verlassen.«
»Merit, hör zu.«
Ich hielt kurz inne, die eine Hand an der Tür, die andere an meinem Handy.
»Haus Cadogan hatte seit zwei Jahrhunderten keine Hüterin mehr. Du hast den Job bekommen, weil er an dich glaubt. Mach einfach deinen Job. Nicht mehr, nicht weniger.«
Ich nickte, auch wenn er es nicht sehen konnte. »Das wird schon.«
Oder auch nicht, dachte ich, als ich das Handy auf den Beifahrersitz schmiss, den leeren Bürgersteig entlangging und am Saum der Lederjacke zerrte, die ich über dem Stück Stoff zugemacht hatte, das mehr als nur meine Taille erkennen ließ.
Was immer auch geschehen sollte, ich würde es bald herausfinden.
Die Eingangstür stand leicht offen, im Erdgeschoss waren keine Vampire zu sehen. Ich hörte oben Geräusche und rannte mit der Hand am Schwert die Treppe hinauf. Luc stand auf mit der Hand am Schwert die Treppe hinauf. Luc stand auf dem Treppenabsatz, die Beine weit gespreizt, die Arme verschränkt, ein Katana an seine linke Seite gegürtet.
Ich nickte ihm kurz zu und wartete, bis er sich mein Ensemble angesehen hatte. Dann fragte ich: »Wo befinden wir uns?«
Er deutete mit dem Kopf zum Festsaal, und wir gingen zusammen hin. Er sprach im ernsten Geschäftston. »Ethan hat versucht, ein Treffen wegen der Morde anzuberaumen. Er hat Vertreter von Navarre und Grey eingeladen. Das Treffen sollte heute Abend stattfinden, aber erst später. Dann haben die Abtrünnigen es herausgefunden. Noah Beck – er ist ihr Sprecher – ist vor einer halben Stunde hier aufgetaucht.«
Seit der Nachricht war verdammt viel Zeit vergangen. Ich musste dringend nach Haus Cadogan umziehen.
»Sie sind stinksauer«, fuhr er mit angespanntem Gesicht fort, »dass unsere Existenz an die Presse durchgesickert ist – nein, ihr mitgeteilt wurde – und man sie nicht einbezogen hat.«
Offensichtlich war Ethan nicht der Einzige, der Celinas Entscheidung zu diesem Thema anzweifelte.
Wir blieben vor der geschlossenen Festsaaltür stehen. Ich stemmte die Hände in die Hüften und warf ihm einen Blick zu.
»Wie viele?«
»Zwölf Abtrünnige, etwa dreißig Vampire Cadogans. Scott Grey und vier von seinen Leuten; sie sind zu früh zum Treffen gekommen. Lindsey, Jules und Kelley sind da drin, aber sie halten sich zurück.«
Ich hob die Augenbrauen. »Hast du je darüber nachgedacht, dass das Verhältnis sechs Wachen zu dreihundert Vampiren in dass das Verhältnis sechs Wachen zu dreihundert Vampiren in Cadogan nicht ganz hinkommt?«
»Es herrscht Frieden«, erklärte er und klang verärgert.
»Trägt man zu
Weitere Kostenlose Bücher