Chicagoland Vampires 02 - Verbotene Bisse
plötzlichen Ansturms nicht umzukippen, spürte ich, wie ich mich von mir trennte. Ich spürte, wie sie meinen Körper bewegte, sich dehnte und die Muskeln ausprobierte – und sich in mich hineinfallen ließ.
Merit verschwand.
Morgan verschwand.
Mallory verschwand.
All meine Ängste, meine Schmerzen, die Verbitterung darüber, Freunde und Geliebte und Lehrer zu enttäuschen, die zu enttäuschen, um die ich mich hätte kümmern sollen, Beziehungen zugrunde zu richten. Das Unbehagen, nicht mehr zu wissen, wer ich wirklich war, welche Rolle ich in dieser Welt annehmen sollte – all das verschwand.
Für einen Moment trat an diese Stelle ein Vakuum. Die unbestreitbare Attraktivität des Nichts, der Abwesenheit von Schmerz.
Und dann die Emotionen, von denen ich nicht gewusst hatte, dass ich seit zwei Monaten auf sie wartete.
Die Welt wurde schneller und erblühte in Musik.
Die Nacht sang – Stimmen und Autos und Kies und Schreie und Lachen. Jagende Tiere, sprechende Leute, Kämpfe, Sex. Ein Rabe flog über mir. Die Nacht glühte – das Mondlicht hob alle Konturen hervor.
Die Welt war unruhig – Geräusche und Gerüche, die ich in den letzten Monaten verpasst hatte, erfasst mit den Sinnen eines Raubtiers. Ich sah Celina an, und sie lächelte. Grinste siegesgewiss.
»Du hast deine Menschlichkeit verloren«, sagte sie. »Du wirst sie nie zurückerhalten. Und du kannst dich nicht selbst verteidigen. Du weißt, wer daran Schuld trägt.«
Ich wollte schweigen, nichts sagen, aber ich hörte mich antworten, sie fragen: »Ethan?«
Ein einziges Nicken, und als ob ihre Aufgabe erledigt wäre, glättete Celina ihr Oberteil und betrat die Schatten. Dann war sie verschwunden.
Die Welt atmete aus.
Ich schaute über die Schulter zurück und sah nur wenige Meter von mir entfernt die Lücke im Tor zu Cadogan.
Er war dort.
Ich machte einen Schritt. Meine Rippen knackten.
Ich wollte, dass jemand außer mir Schmerzen empfand.
Ich ging los. Wir gingen los, der Vampir und ich, zurück nach Haus Cadogan.
Am Tor ließen mich die Wachen durch, doch ich hörte ihr Flüstern, hörte sie sprechen und mich an die Vampire im Haus melden.
Der Rasen vor dem Vordereingang war leer, und die Tür stand halb offen. Ich kam nur langsam voran, Schritt für Schritt, meine Hand auf den Rippen, und der Schmerz ließ ein wenig nach, als der Heilungsprozess begann. Doch die Schmerzen waren immer noch schlimm genug, um mir die Tränen in die Augen zu treiben.
Im Haus war es still. Die wenigen Vampire blieben wie angewurzelt stehen und starrten mir hinterher, als ich entschlossen an ihnen vorbeiging, meine Raubtieraugen zu schmalen Schlitzen verengt, um sie vor dem grellen elektrischen Licht zu schützen.
Merit?
Ich hörte seine Stimme in meinem Kopf.
Finde mich!, befahl ich ihm und hielt an der Kreuzung zwischen Treppe, Flur und Salons an.
Hinten im Flur öffnete sich seine Bürotür. Er kam heraus, warf einen Blick auf mich und kam dann auf mich zu.
»Du hast mir das angetan.«
Ich weiß nicht, ob er mich hörte, aber sein Gesichtsausdruck blieb derselbe. Er erreichte mich, blieb stehen, und seine Augen wurden groß, während er versuchte, meine Stimmung an meinen Augen abzulesen. »Himmel, Merit! Was ist mit dir geschehen?«
Mein Schwert pfiff, als ich es zog, und als ich es mit beiden Händen packte, spürte ich, wie sich der Kreis schloss. Ich schloss die Augen und aalte mich in seiner Wärme.
»Merit!« Diesmal verbarg sich hinter meinem Namen ein Befehl.
Ich öffnete die Augen und zuckte fast zusammen, wollte mich dem Willen meines Meisters instinktiv beugen, meinem Erschaffer, aber ich bekämpfte es. Auch wenn ich am ganzen Körper zitterte, so unterdrückte ich doch das Verlangen, ihm nachzugeben.
»Nein«, hörte ich mich selbst sagen, und meine Stimme war nur noch ein Flüstern.
Seine Augen wurden wieder groß, und sein Blick huschte kurz an mir vorbei, hinter mich. Er schüttelte den Kopf und sah mich dann wieder an. Seine Stimme war leise, vertraut, drängend. »Komm wieder zu uns zurück, Merit! Du willst nicht mit mir kämpfen.«
»Doch«, hörte ich eine Stimme sagen, die kaum noch mir gehörte. »Such dir Stahl«, riet sie ihm.
Wir rieten ihm das.
Er blieb lange vor mir stehen, schweigend, und bewegte sich nicht. Schließlich nickte er. Jemand reichte ihm eine Klinge, ein Katana, das das Licht reflektierte. Er nahm es, ahmte meine Haltung nach – Katana in beiden Händen, Körper angespannt.
»Wenn der einzige
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