Chicagoland Vampires: Für eine Handvoll Bisse (German Edition)
Partyausschusses war nicht ganz so erfolgreich«, rief Ethan.
»Ich kann nicht auf alle Abtrünnigen aufpassen.«
»Das ist wahr. Du kannst ja kaum auf dich selbst aufpassen.«
Ich verdrehte die Augen, stand aber auf und ging in den Kleiderschrank, den ich persönlich als zusätzlichen Raum gezählt hätte. Ein dicker Teppich bedeckte den Boden, und an den Wänden standen Kirschholzregale. Jedes Kleidungsstück hatte seinen eigenen Bereich - Jacken, Hosen, Schuhe, Krawatten und Mäntel sowie Gefaltetes, das in langen Schubladen verstaut war. Ethan hatte mir gnädigerweise in jedem dieser Bereiche Platz freigeräumt, aber meine schlichten Klamotten hätten ohnehin nicht viel Platz eingenommen.
In der Raummitte standen ein mächtiger Schrank, der wie ein extrem teures Möbelstück europäischer Herkunft aussah, und eine Lederbank, auf der man sich umziehen oder die Schuhe anziehen konnte. In mehreren Nischen standen raumhohe Spiegel, und Deckenbögen verwandelten den gesamten Raum in ein nahezu perfektes Set für den nächsten
Vogue
-Shoot.
Ethan trug praktisch jeden Abend einen Anzug, und sein Kleiderschrank enthielt daher zahllose maßgeschneiderte schwarze Jacketts und Hosen. Doch selbst die kostbaren Stoffe und das damit verbundene handwerkliche Geschick verblassten vor dem Kunstgegenstand, der in einer Nische am anderen Ende des Kleiderschranks hing: ein stimmungsvolles Gemälde von van Gogh in einem verzierten, vergoldeten Rahmen. Es zeigte eine Landschaft in der Abenddämmerung, ein goldenes Weizenfeld unter einem dunkelblauen Himmel mit darüber hängenden Wolkenwirbeln, van Goghs Markenzeichen.
Ich lehnte mich an den Türrahmen und verschränkte die Arme, während ich es bewunderte. Es war ein schlichtes Gemälde und sehr klein, vielleicht zehn Zentimeter in der Breite. Aber in der dargestellten Szene lag ein Tiefgang, der mich sehr beeindruckte ... ungefähr so wie der Vampir, der sich nur wenige Meter von mir entfernt auszog.
Ethan trug nur knappe Retroshorts, und ich bedachte seinen langen, schlanken Körper mit einem lüsternen Blick. Man konnte ihn auch auf rein platonische Art bewundern. Er hatte den Körper einer perfekt geformten Skulptur, mit flachen Muskelsträngen, sanft geschwungenen Formen und einer golden schimmernden Haut, die eigentlich schon vor langer Zeit vampirische Blässe hätte annehmen sollen. Auf einer der Waden prangte eine mysteriöse Tätowierung, deren Herkunft er nicht einmal mir verraten wollte.
Ich dankte Gott, dass er keine Ahnung hatte, wie sehr ich mich in seiner Nähe beherrschen musste. Allerdings sah er mich in diesem Augenblick mit einem so wissenden Blick an, dass ich mir dann doch nicht mehr so sicher war.
Ich schloss die Augen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Er war sicherlich eine Augenweide, aber im Augenblick hatten wir Dringenderes zu erledigen.
»Oliver und Eve«, sagte ich. »Was meinst du, was mit ihnen geschehen ist?«
»Im Moment gibt es einfach zu viele Möglichkeiten, als dass wir sie durchgehen könnten. Es könnte sich einfach um Kommunikationsschwierigkeiten handeln. Oder vielleicht reagieren Oliver und Eve einfach nur auf eine vermeintliche Kränkung und haben sich daher entschlossen, mit Noah und den anderen eine Zeit lang nicht zu sprechen.«
»Vielleicht haben Oliver und Eve sich mit anderen gestritten, weil sie sich entschlossen hatten, sich registrieren zu lassen. Das hat sicher nicht allen gefallen.«
»Und Eves Handy in der Gasse?«, fragte Ethan.
»Vielleicht hat sie es im Zorn weggeworfen? Im Sinne von: ºIch bin so sauer, weil sie ohne Grund auf mich sauer sind¹« - ich tat so, als ob ich ihm etwas an den Kopf werfen würde -, »so was in der Art.«
Ethan schaltete das Licht im Kleiderschrank aus und kam mit erhobener Augenbraue auf mich zu. »Ich kann nur hoffen, dass das nicht dein bester Wurf war. Der war nämlich ziemlich jämmerlich.«
Ich lächelte, denn er versuchte es offensichtlich mit einem Witz, um unsere Nacht nicht in Angst und Sorgen enden zu lassen. Die Sonne ging auf, und wir konnten nichts für Oliver und Eve tun, während sie über den Himmel zog. Aber wir konnten wir selbst sein, und in diesen kurzen Momenten des Friedens und der Abgeschiedenheit unseres Zuhauses konnten wir miteinander Freude empfinden.
»Du würdest einen guten Wurf im Baseball nicht mal von einem guten Golfschlag unterscheiden können. Und meine sportlichen Fähigkeiten sind unübertroffen«, stellte ich selbstsicher
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