Chicagoland Vampires: Für eine Handvoll Bisse (German Edition)
mit großen Augen an. Ich liebte gute Geschichten - immerhin hatte ich Literaturwissenschaften studiert -, und das hier hörte sich nach einem Klassiker an. Ich nahm mir ein Würstchen im Schlafrock und zeigte damit auf ihn, als ob ich ihn mit einem Zauberstab zum Weiterreden animieren wollte. »Ich bin ganz Ohr.«
»Peter war ein Vampir. Er verliebte sich in eine Frau, die keine Vampirin war.«
»Sie war ein Mensch?«
»Eine Fee«, sagte er, und ich zuckte zusammen, denn das war ein echtes Problem.
»Oje.«
»Oje hoch drei. Haus Cadogan befand sich damals in Wales, und wir waren zu dem Zeitpunkt nach Russland gereist. Ihr Name war Anastasia. Sie war die Tochter hoch angesehener Feen - Politiker mit Verbindungen zur Claudia, die damals noch in Irland lebte -, die einen russischen Adelstitel erworben hatten. Es war für sie besonders wichtig, nicht ihr Gesicht zu verlieren, und sie vertraten den Standpunkt, dass Feen sich weder mit Menschen noch mit anderen Wesen abgeben sollten. Aber Peter war verliebt«, fuhr er fort, und ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Für einen Augenblick schien er verträumt vor sich hinzustarren, als ob er sich an die Situation zu erinnern versuchte. »Du hättest ihn gemocht. Er war ein echter Kerl. Muskulös. Ein Soldat, bevor er zum Vampir gewandelt wurde, genau wie ich. Er hatte die Mentalität eines Soldaten, und die legte er nicht einfach ab, bloß weil er sich den Wesen der Nacht angeschlossen hatte. Er war Waliser, was bedeutete, dass er an Vokalen kein nennenswertes Interesse hatte. Er war ziemlich rotgesichtig und wirkte eher wie ein Ire denn wie ein Waliser, aber er wollte nicht einmal an die Möglichkeit denken, dass in seinen Adern irisches Blut floss.«
Er sah mich an. Der verträumte Ausdruck in seinen Augen und das Lächeln waren verschwunden. »Sie war seine große Liebe«, sagte er. »Eine Liebe wie keine andere, eine, die ihm alles abverlangte. Sie bestand zu gleichen Teilen aus Hass und aus Liebe, aber weder Peter noch Anastasia hätten dies jemals zugegeben. Bedauerlicherweise hassten ihre Eltern Peter. Sie hassten es, dass sich Anastasia mit jemandem abgab, der keine Fee war - und dann auch noch mit einem Vampir. Er war ein Meistervampir, aber er war für ihren Geschmack weder reich genug noch den Feen nahe genug.«
»Und was ist dann passiert?«
»Sie wollte die Beziehung nicht beenden, also entschloss sich ihr Vater, das für sie in die Hand zu nehmen. Anastasia hatte einen Gefolgsmann, einen hinterhältigen Kerl namens Jewgeni. Er war ein Kriecher, ein Lügner und ein Mörder. Und er führte den Auftrag ihrer Eltern aus, ohne dass Peter davon wusste.«
»Er vergiftete Peter«, sagte ich, als ich begriff, was geschehen war.
Ethan nickte. »Langsam, über einen sehr langen Zeitraum hinweg. Immer nur kleine Mengen, aber lange genug, dass sich das Gift in seinem Herzen ansammeln konnte. Als genug davon vorhanden war, glich es in seiner Wirkung einem Pflock, nur dauerte der Vorgang wesentlich länger. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass es nicht nur um Jewgenis Hass auf Peter und seine Speichelleckerei gegenüber Anastasias Vater ging. Er war von ihr besessen.«
Ich starrte ihn fasziniert an. »Das ist mal eine schreckliche Dreiecksbeziehung.«
»Auf jeden Fall. Eines Nachts, als er Peter die letzte, tödliche Dosis des Gifts verabreicht hatte, gestand er Anastasia seine Gefühle. Dem Feenvolk kann man sicherlich einiges vorwerfen, aber sie liebte Peter sehr und hatte an Jewgeni keinerlei Interesse, denn er war nun mal nichts anderes als ein Arschloch.«
»Kann man wohl sagen.«
»Er aber nahm ihre Zurückweisung nicht ernst, denn er hatte sich selbst davon überzeugt, dass Peter sie verzaubert hatte, dass sie in Wirklichkeit Jewgeni wollte und Peter im Weg war. Als sie also Nein sagte ...«
»Half er ein wenig nach?«
»Mehr als das. Er griff sie an«, sagte Ethan ausdruckslos. »Peter hörte ihren Schrei. Er war zu diesem Zeitpunkt schon unheimlich schwach. Wir dachten, er wäre von einer Hexe verflucht worden.« Ethan lachte freudlos. »Wie unsinnig das heute alles scheint.«
»Eigentlich nicht. Denk doch an das, was Mallory getan hat. Und bedenke bitte die Tatsache, dass du jetzt hier bist aufgrund ihrer Magie ... und dass du deinen Toast mit einer Gabel isst. Warum tust du das?«
Er zuckte mit den Achseln. »So macht man das halt.«
»So macht man das
überhaupt nicht
, und ich bin mir sicher, ich habe dich schon davor Toast
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