Chicagoland Vampires
musste vernichtet werden, oder weitere Menschen würden den Tod finden. Er hatte nicht das Recht, Richter, Geschworener und Henker in einem zu sein. Mir gefiel der Gedanke zwar nicht, es ihm in diesem Fall gleichzutun – und mich auf ein Spiel einzulassen, das nur mit seinem Tod durch meine Hand und mein Schwert enden würde –, aber ich zweifelte stark daran, dass wir eine andere Option hatten.
»Kein schlechter Plan«, sagte Luc, »meiner Meinung nach. Hat allerdings ziemlich viele Variablen.«
»Und bei jeder kann etwas schiefgehen«, kommentierte Catcher.
»Wo können wir den Plan ausführen?«, fragte Ethan.
»Auf heiligem Boden«, erwiderte Seth. »Es gibt keinen anderen Ort.«
Paige nickte. »Wenn man sich auf schwarze Magie einlässt, dann muss man sich auf heiligem Boden befinden. Unser Ziel ist es ja, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, nicht zu einem schlechteren.«
»Brauchen wir eine Kirche?«, fragte Ethan.
»Nicht notwendigerweise«, sagte Paige. »Jedes Grundstück, das gesegnet oder gereinigt wurde, reicht aus.«
»Wie finden wir den richtigen Ort?«, fragte Ethan.
»Ich könnte Gabriel fragen«, schlug Jeff vor.
»Gabriel?«, fragte Ethan.
»Wir sind eins mit der Erde«, erwiderte er. »Wenn es jemand weiß, dann er.«
»Gabriel wird wohl kaum von der Vorstellung begeistert sein, dass wir Dominik an einem Ort beschwören, den er für gesegnet hält«, mahnte ich an.
»Schon, aber ich glaube nicht, dass ihr auch nur einen Priester in Chicago findet, der davon begeistert ist.«
Jeff hatte recht.
Ethan nickte. »Dann fragen wir die Formwandler. Jeff, rufst du Gabriel bitte an und findest heraus, ob er Zeit für ein Gespräch oder Nachforschungen oder Ähnliches hat?« Er sah zu Seth und Paige. »Stellt sicher, dass wir alles haben, um die Magie wirken zu können. Wenn ihr bestimmte Materialien braucht, lasst Helen sie besorgen, und wenn ihr sie anfordert, bestellt alles zweimal.«
»Molchesaug’ und Unkenzehe?«, fragte Mallory.
»›Spart am Werk nicht Fleiß noch Mühe‹«, antwortete Ethan mit einem Zitat aus Macbeth . »Erledigt es so schnell wie möglich. Wir treffen uns in einer Stunde wieder hier.«
Ich murmelte den Rest des Hexentextes. »›Feuer sprühe, Kessel glühe! Abgekühlt mit Paviansblut –‹«
Mallorys Stimme tönte dumpf durch die Leitung. »›Wird der Zauber stark und gut.‹«
Es lief mir kalt den Rücken herunter. Ein unbestimmtes und ungutes Gefühl beschlich mich, aber jetzt gab es kein Zurück mehr.
KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG
DER GUTE UND STARKE ZAUBER
Die ersten Minuten der mir verbleibenden Stunde verbrachte ich in meinem Zimmer. Ich ölte und reinigte meine Klinge, um sie einsatzbereit zu machen. Dann ging ich in den Sparringsraum, um einige Angriffs- und Verteidigungstechniken mit dem Katana auszuführen, um Körper und Geist aufzuwärmen und zu lockern.
Vielleicht würde es heute zum Kampf kommen. Vielleicht aber auch erst morgen. Eine Krise hatte ihren ganz eigenen, unvorhersehbaren Zeitplan. Wenn im Fall des Falles die meisten Vorkehrungen getroffen waren, dann hatte man sich meiner Meinung nach so gut vorbereitet, wie es ging.
Ich versuchte mich von der Bedeutung dessen, was ich zu tun hatte, dem Kampf, den ich zu führen hatte, abzulenken. Mir Gedanken über den Ausgang unseres Aufeinandertreffens zu machen würde mir nur noch mehr Angst bereiten. Meine Nervosität würde weiter zunehmen.
Ich versuchte mich stattdessen auf meinen Körper, meine Bewegungen, die tänzerischen Abläufe und ihren Rhythmus zu konzentrieren, so wie es Catcher und Ethan mir beigebracht hatten.
Es fiel mir schwer.
Als es an der Tür klopfte, verlor ich mein Gleichgewicht und landete unsanft in einer unschönen Position. Ich konnte mich gerade noch aufrichten, als sich die Tür öffnete.
Malik kam herein.
»Hallo«, sagte ich.
»Hallo«, erwiderte er und schloss die Tür hinter sich. »Du übst ein wenig?«
»Ein wenig. Ich glaube, ich versuche mich bloß ein bisschen abzureagieren, damit ich mich besser konzentrieren kann.«
»Du schaffst das«, sagte er.
Ich nickte. Es bedeutete mir viel, dass Malik sein Vertrauen in mich setzte, aber die Zweifel an meinen Fähigkeiten konnte kein Vampir der Welt einfach so beseitigen.
»Ich weiß, dass sich Catcher und Ethan vor allem auf Techniken konzentrieren«, sagte er. »Aber hab keine Angst davor, deinen Instinkten zu vertrauen. Lass das Schwert dein verlängerter Arm sein, nicht einfach nur ein Werkzeug,
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