Chicagoland Vampires
bekam ich allerdings keine Antwort.
Mein Großvater war ein wenig redseliger. »Mein Mädchen! Bist du in Ordnung? Catcher und Jeff sagten mir, sie hätten dich sicher nach Hause gebracht.«
Die Erleichterung in seiner Stimme rührte mich zu Tränen. »Sie haben gute Arbeit geleistet. Jeff war ein Held – und er hat mich auch wie einer rausgetragen.«
Er lachte leise. »Ich werde ihm sagen, dass du das gesagt hast, aber ihn deinen Helden zu nennen, verursacht womöglich ungeahnte Schwierigkeiten. Ich werde deinen Vater darüber informieren, dass du in Ordnung bist, obwohl ich mir sicher bin, dass er sich freuen würde, wenn du ihm das selbst mitteilst.«
Ich bezweifelte, dass ihn das groß interessierte, aber ich würde meinem Großvater deswegen sicher nicht widersprechen. »Danke, Grandpa. Apropos Schwierigkeiten: Ich habe gehört, dass die Stadt von Bürgermeisterin Kowalcyzk jetzt wesentlich bunter ist, als sie gedacht hätte.«
»Lass es mich so ausdrücken: Ihr jetziger Kenntnisstand kommt der Realität wesentlich näher. Sie hat ernsthaft versucht, ihre Augen vor der Wahrheit zu verschließen. Man kann im Augenblick eine Menge über Seth Tate sagen, aber er hat meinen Job erst möglich gemacht und sich den Übernatürlichen gegenüber meist fair verhalten.«
»Seth Tate ist allerdings immer noch ein großes Rätsel«, sagte ich. »Wer uns in Wirklichkeit die Probleme bereitet, ist Dominik, der gefallene Engel mit den Fledermausflügeln.«
Er pfiff leise. »Ich hätte es nicht für möglich gehalten, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte.«
»Das kann ich nur zu gut verstehen.«
»Auf jeden Fall scheint nun auch dem Letzten klar geworden zu sein, dass man Geheimnisse nicht ewig für sich behalten kann. Es ist immer besser, zu den eigenen Bedingungen an die Öffentlichkeit zu treten, als sich durch Registrierungsgesetze und schwarze Hubschrauber zwingen lassen zu müssen.«
»Das ergibt durchaus Sinn. Es war eine mutige Entscheidung – vor allem jetzt, wo der Hass überwiegt. Ich bin sehr stolz auf sie, dass sie diesen Schritt gewagt haben.«
»Nun, ich glaube nicht, dass alle diese Begeisterung teilen«, sagte er, »und es gab durchaus einigen Widerspruch, aber es war an der Zeit, die richtige Entscheidung zu treffen. Die Vampire haben lange genug unter der Bürde dieser Verantwortung gelitten; es war an der Zeit, dass sich auch die anderen daran beteiligen. Ich glaube, das ist ihnen klar geworden.«
Wir hatten sicherlich unser Bestes gegeben, aber leider waren es unsere Misserfolge, die der Öffentlichkeit in Erinnerung blieben, nicht unsere Siege. Chicago wäre beinahe in Flammen aufgegangen, weil ich nicht mitbekommen hatte, dass Mallory hinter all dem Chaos steckte. Ethan war gepfählt worden, weil er nach mir gesucht hatte, und ich wäre beinahe gestorben, weil ich freiwillig die Strafe eines anderen auf mich genommen hatte.
Vielleicht hatte Ethan recht. Vielleicht hätte ich besser in der Bibliothek bleiben sollen.
Aber jetzt war nicht der Zeitpunkt für Selbstmitleid. Nicht, wenn Dominik und Seth noch frei herumliefen. Nicht, solange auch andere hart arbeiteten. Jetzt war der Zeitpunkt, seine Dankbarkeit und sich selbst von seiner besten Seite zu zeigen.
»Danke, Grandpa«, sagte ich. »Ich gebe mein Bestes.«
»Das weiß ich. Das wissen wir alle. Pass auf dich auf, meine Kleine.«
»Das werde ich. Du auch.«
Wir verabschiedeten uns, und ich steckte mein Handy zurück in die Tasche. Ich war sehr froh, dass ich Verwandte hatte, auf die ich mich verlassen und an die ich mich immer wenden konnte – auch wenn es nicht die Verwandten waren, von denen man das eigentlich hätte erwarten sollen.
Nachdem ich meine Anrufe absolviert hatte, verließ ich mein Zimmer und ging in das Kellergeschoss. Ich drückte mir die Daumen, dass sich hinter der Tür, die ich gleich öffnen würde, alle Personen in aufrechter Position befanden und etwas anhatten. Dennoch bereitete ich mich innerlich auf schockierende Bilder vor, denn ich hörte ein lautes Wummern hinter der Doppelflügeltür – Musik, anscheinend Techno oder Electronica, mit einem treibenden Bass und einer seltsamen, schrill klingenden Melodie.
Da musikalisches Wummern bei einigen meiner Kollegen leicht zu rhythmischen körperlichen Bewegungen führen konnte, öffnete ich die Tür sehr langsam und sah vorsichtig hinein.
Sieg! Keine Chaps in Sicht.
Kelley und Juliet saßen am Konferenztisch. Alle Computer- und
Weitere Kostenlose Bücher