Chicagoland Vampires
knapp.«
»Sie haben dich gefunden«, sagte er, »und das ist alles, was zählt.«
»Morgan war mein großes Glück. Wenn wir nicht in der Lage gewesen wären, miteinander zu sprechen …« Mir versagte die Stimme, als mir wieder Tränen in die Augen traten.
Ethan nickte. »Er hat nach deiner Rückkehr noch einmal angerufen, um sicherzugehen, dass es dir gut geht.«
»Er hat ganze Arbeit geleistet. Beruhigend, aber mit genügend Druck, um mich wach zu halten.«
Wir hatten beide daran gezweifelt, dass Morgan reif für seine Aufgabe als Meister eines Hauses war. Vielleicht konnte er in diese Rolle hineinwachsen. Vielleicht tat er das gerade.
»Ich muss mich bei ihm bedanken«, stellte ich fest. Es war das einzig Richtige, und es würde vermutlich auch dabei helfen, reinen Tisch zwischen uns zu machen.
»Das kannst du in hundert Jahren tun, wenn ich dir wieder erlaube, das Haus zu verlassen.«
»Pah.«
»Das ist mehr als nur ein Scherz, Merit. Ich spüre ein nahezu unbändiges Verlangen in mir, dich wegzusperren, damit du nicht mehr in Schwierigkeiten geraten kannst.«
»Mich wegzusperren würde weder meine Sicherheit garantieren noch mich aus Schwierigkeiten heraushalten. Und wenn du mich wegsperrst, könnte ich nicht für deine Sicherheit garantieren.« Natürlich gab es einige Dinge, vor denen ich ihn beim besten Willen nicht beschützen konnte. »Wie war dein Gespräch mit Darius?«
Er schüttelte den Kopf. »Lass mich unser Haus durch die politischen Meerestiefen navigieren. Vergiss nicht, ich bin immer noch Kapitän dieses Schiffs.«
»Wow. Normalerweise bist du eher der freche Kerl, nicht der alte Seebär. Ist es so schlimm?«
»Es sieht nicht gut aus.«
»Was ist passiert? Wird er uns die Akkreditierung entziehen?«
Ethan stand auf, ging zum Fenster hinüber und sagte kein Wort. Da war es wieder, dieses ungute Gefühl.
»Du wirst mir nichts davon erzählen?«
»Ich weiche diesem Gespräch nicht aus, weil es mir an Vertrauen zu dir mangeln würde«, sagte er und sah mich an. Zwischen seinen Augen war wieder die altbekannte Sorgenfalte aufgetaucht. »Sondern weil es nichts zu sagen gibt. Der Sufetat hat sich festgelegt, das weißt du. Darius wird entscheiden, was er entscheiden will. Diese Entscheidung hat er noch nicht in Worten ausgedrückt, und solange dies nicht geschehen ist, müssen wir warten.«
Mit dieser rätselhaften Aussage war das Thema für ihn erledigt. Meiner Ansicht nach hatte er heute Abend schon genügend durchgemacht, und ich entschloss mich, ihn deswegen nicht weiter zu bedrängen.
»Was waren denn die Nachwirkungen der Pressekonferenz? Ich kann mir nicht vorstellen, dass unsere neue Bürgermeisterin begeistert darüber war, dass jemand, der wie ihr Vorgänger aussieht – abgesehen von den Fledermausflügeln –, versucht hat, vier ihrer Beamten umzubringen.«
»Sie war ganz bestimmt nicht begeistert«, stimmte Ethan mir zu. »Sie hat aber auch nicht versucht, das Ganze uns Vampiren wieder anzuhängen. Was auch nicht besonders schwer gewesen sein dürfte, da du dich mit deinem Schwert in die Bresche geworfen und die Polizisten verteidigt hast. Journalisten lieben Geschichten, die nur das wahre Leben schreiben kann.«
»Welche Ironie«, sagte ich.
»Es hat allerdings einige Änderungen bezüglich das Status quo gegeben.« Ethan griff nach einer zusammengefalteten Zeitung auf dem Nachttisch und reichte sie mir.
Die obere Hälfte der Titelseite bestand aus einer Fotografie Dominiks, dessen Flügel sich unheilvoll über das Zeitungspapier erstreckten. Die Schlagzeile darunter lautete: VERSUCHTER POLIZISTENMORD DURCH GEFLÜGELTEN BÜRGERMEISTER. NOCH MEHR ÜBERNATÜRLICHE IN DER STADT.
Es handelte sich eigentlich nicht um den Bürgermeister, aber diesen Fehler konnte ich ihnen nachsehen. Die Stadt wusste nicht, dass hier zwei Tates ihr Unwesen trieben, und außerdem konnte man sie nicht voneinander unterscheiden.
»Lies den ersten Absatz«, sagte Ethan.
Ich las laut vor: »Chicago steht unter Schock, nachdem heute Bürgermeister Seth Tate die sogenannten ›South Side Four‹ vor dem Polizeirevier angegriffen hat, aus dem sie entlassen werden sollten, und anschließend mithilfe riesiger, fledermausähnlicher Flügel geflüchtet ist. Als Reaktion darauf wurden in einer Pressemitteilung, die allen Nachrichtenredaktionen in Chicago zugestellt wurde, drei neue übernatürliche Spezies verkündet – die sogenannten Nymphen, Sirenen und Trolle. Bürgermeisterin Diane
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