Chicagoland Vampires
Kowalcyzk erklärte, dass sie mit Entsetzen festgestellt habe, dass Mr Tate ›eins der Monster‹ sei. Eine der Bürgermeisterin nahestehende Quelle behauptet, dass Kowalcyzk wisse, dass Dutzende übernatürliche Spezies in Chicago leben, sie diese Informationen der Öffentlichkeit aber vorenthalten habe.«
Ich sah zu Ethan auf, besorgt, wie er reagieren würde. Aber er lächelte mich nur an.
»Jemand hat der Bürgermeisterin und der gesamten Stadt verraten, dass es noch mehr Übernatürliche gibt.« Ich deutete auf die Zeitung. »Du hast damit kein Problem? Wieso macht dich das nicht wahnsinnig?«
»Weil dein Großvater die Pressemitteilung herausgegeben hat.«
Verwirrt blinzelte ich. »Was? Warum in Gottes Namen sollte er das tun?«
»Weil sie ihn dazu aufgefordert haben. Strategisch betrachtet ergibt das durchaus Sinn. Zum einen lässt es Kowalcyzk so inkompetent wirken, wie sie nun mal ist. Dieser Vorteil freut mich besonders. Zum anderen führen wir einen aussichtslosen Kampf. Seitdem Celina unsere Existenz verraten hat, sind Informationen über uns kleckerweise an die Öffentlichkeit geraten, und meistens nicht zu unseren Gunsten.«
Damit hatte er leider recht. Celina hatte die Vampire in die Öffentlichkeit gezerrt, und Gabriel musste die Existenz der Formwandler verkünden, als sein Bruder Haus Cadogan angreifen ließ.
»Du hast gesagt, er habe dazu die Erlaubnis gehabt?« Das war eine noch größere Überraschung. Es gab eine ganze Menge übernatürlicher Wesen, von denen die Allgemeinheit nichts wusste, und ich hatte von keinem gehört, der ein ausdrückliches Interesse daran bekundet hätte, sich mit den Menschen einzulassen.
»In Anbetracht von Tates – Dominiks – Verhalten dachte dein Großvater, es wäre vermutlich das Beste, dieses Thema mit den übernatürlichen Gemeinschaften in der Stadt erneut zu besprechen. Die Menschen in Chicago haben bereits zwei übernatürliche Spezies kennengelernt. Durch Dominik ist nun aufgrund seiner Flügel eine weitere hinzugekommen, und die Leute werden deshalb glauben, dass es da draußen noch mehr gibt, wenn sie das nicht ohnehin schon tun. Wenn die Übernatürlichen schon in die Öffentlichkeit gezerrt werden, dann wollten sie, dass dies zu ihren eigenen Bedingungen geschieht.
Darüber hinaus«, fügte er hinzu, »hat dein Großvater, so wie ich es verstanden habe, weidlich betont, dass die Vampire dieser Stadt ziemlich viel haben einstecken müssen und dass es an der Zeit sei, diese Last auf mehrere Schultern zu verteilen. Er sagt, es sei ihm eine große Hilfe gewesen, dass du dich mit diesen Gruppen getroffen und dich äußerst ehrenhaft verhalten hast. Du hast dich Problemen angenommen, die nicht deine waren, damit wir alle in Frieden leben können.«
Dieses Lob ließ mich hochrot anlaufen. Es bedeutete mir sehr viel, dass mein Großvater dies gesagt hatte. Er hatte mich praktisch großgezogen, und es freute mich sehr, dass ich mich seiner würdig erwiesen hatte.
»Das könnte eine Menge Dinge in Chicago verändern«, sagte ich.
»Das könnte es.«
Auf seinem Gesicht zeigte sich ein schwaches Lächeln, und den Grund dafür konnte ich mir schnell zusammenreimen. »Bei so gravierenden Umbrüchen würde Darius in arge Verlegenheit geraten, wenn er eins der Häuser fallen lassen würde.«
»Das ist ein unbeabsichtigter Nebeneffekt.«
Ob das tatsächlich Einfluss auf die Entscheidung des Greenwich Presidium hatte, ließ sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Immerhin hatte dieses Gremium einen Hang dazu, die nüchternen Realitäten hier in Chicago zu ignorieren. Doch uns jetzt aufzulösen – darüber würden sie nun sicherlich zweimal nachdenken.
»Wie wurde es in der Öffentlichkeit aufgenommen?«, fragte ich.
»Sehr gemischt, so wie üblich. Einige feiern, einige haben Angst. Andere sind davon überzeugt, dass wir die Vorboten der Apokalypse sind.«
»Bei Dominiks Flügeln kann ich ihnen das nicht verübeln.« Der Anblick erinnerte sicherlich viele an das Ende der Welt, wenn die vier Reiter der Apokalypse auf einen zugaloppierten …
»Ich auch nicht. Es hat allerdings einen Vorteil: Bei so vielen Möglichkeiten haben sich unsere Demonstranten dazu entschlossen, uns in Ruhe zu lassen.«
»Du machst Witze?« Das musste ich mit eigenen Augen sehen. Ich stieg aus dem Bett und trat neben Ethan ans Fenster. Ich konnte zwar nur einen Teil unseres Vorgartens sehen, aber die Protestschilder vor dem Tor waren verschwunden.
Der Anblick erfüllte mich
Weitere Kostenlose Bücher