Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition)
gab es mehr, was ihn davon abgehalten hätte. Er hatte keine Eile gehabt, denn er war sich absolut sicher gewesen, dass der Zeitpunkt kommen und dass er ihn auch erkennen würde.
As die Beute im Netz festsaß, musste er nur noch dafür sorgen, dass sie nicht wieder entkam. Natürlich gab es ungeahnte Probleme zu lösen, aber er hatte schließlich Jahre Zeit gehabt, sich damit zu befassen, zu forschen, zu lernen. Auf allen Gebieten hatte er seine Fertigkeiten geübt und verfeinert, er hatte organisiert und minutiös geplant, er hatte sich befreit von Angst und Ekel, von Mitleid und anderen hinderlichen Gefühlen, sogar von seinem Hass hatte er sich befreit, als er erkannt hatte, dass er ihm nicht dienlich sein würde bei der Durchführung seines Vorhabens. Hass macht blind – so sagte man doch. Manchmal lag der Volksmund gar nicht so daneben. Aber wenn das Volk seine Pläne erahnt hätte, wäre ihm der Hass gnädig erschienen.
Es war aber letztlich nicht mehr um Dinge wie Hass oder Rache gegangen, es war darum gegangen, seine Mission zu Ende zu bringen. Irgendwann war der Inhalt der Mission ganz klar geworden. So wie die Mission der Spinne ist, ihre Beute einzuspinnen und aufzulösen, um sie aufsaugen und als Nahrung verwerten zu können, so war es seine Mission, ein Mahnmal zu errichten. Nicht ein Mahnmal im landläufigen Sinne, sicher. Aber doch würde es viele andere Mahnmale an Aufmerksamkeit übertrumpfen, dessen war er sich gewiss.
14
Ostermontag
Als Hattinger am Ostermontag aufstand, war er wenigstens wieder mal ausgeschlafen. Er hatte das Gästezimmer in Prien in Anspruch genommen und war sofort in einen tiefen Schlaf gefallen. Nicht einmal geträumt hatte er, jedenfalls konnte er sich an nichts erinnern.
Allerdings fiel ihm nach dem Aufwachen gleich wieder Mia ein und ihr Gitarrenhansl. Er beschloss für sich, diese Angelegenheit jetzt erst einmal beiseite zu schieben und nach Abschluss des Falles zu klären. Falls sie sich überhaupt klären ließe. Er konnte es sich jedenfalls im Moment nicht mehr erlauben, sich von privaten Problemen ablenken zu lassen. Der Fall war schon kompliziert genug.
Fred Bamberger war auch gerade eingetroffen, als Hattinger den Besprechungsraum der Soko betrat. Sie schenkten sich beide erstmal Kaffee ein und nahmen sich von den frischen Semmeln, die Andrea Erhard trotz des Feiertags irgendwo hergezaubert hatte.
Vor allem Bamberger war sehr angetan. „Wüsst gar net, wia ma den Fall ohne Sie überleben sollten, Frau Kollegin.“ Er wühlte in seinem Koffer und förderte einen Papierstapel zutage, den er vor Hattinger auf den Tisch legte. Der sah ihn fragend an.
„Die Kollegen im Labor ham a Nachtschicht ein-glegt: DNA-Analyse!“
„Muaß i des jetzt lesn oder sagst ma einfach, was drinsteht?“
Bamberger nahm den Stapel wieder an sich. Er räusperte sich.
„Oiso: kurz zammgfasst ham mir an den ganzen Gegenständen, um die’s geht, also an den zwei Teilen vom Chiemgaublick, an dem Buach und an de Plastiktüten Rückstände derselben DNA isoliert, und zwar stammt die zweifelsfrei von am Mann.“
„Sauber! Dann hat des Buach doch koa oide Oma liegenlassen ... Dann hat des ja wohl der Täter mitbracht und da hinglegt. So geplant, wie der sonst vorgeht, hat er des bestimmt ned verloren.“
„Schaut ganz so aus. Mit Fingerabdrück hamma koa Glück ghabt, aber Faserspuren gibt’s, wahrscheinlich von ziemlich neuen Veloursleder-Handschuhen, de san ah überall dran.“
„Wahrscheinlich hat unser Mann gedacht, dass des komisch ausschaut, wenn er in der Öffentlichkeit mit Gummihandschuh rumrennt“, überlegte Hattinger. „Aber dass er auf die Fingerabdrück so aufpasst und auf die DNA-Spuren ned?“
„Des is ja ah wesentlich schwieriger. Da braucht oaner bloß an Schnupfn habn und oamoi drüberniesen ...“
„Jedenfalls bringt uns des vielleicht wirklich weiter. Guade Arbeit.“ Hattinger sah sich um. „Wo bleibt denn eigentlich der Wildmann, Frau Erhard?“
„Der sitzt scho seit oaner Stund nebenan am Computer. Soll i’n holen?“
Just in dem Moment kam er herein, heute nur mit einem kleinen Zettel in der Hand. „Guten Morgen die Herren. Ich hab die Handynummer von Vera Antholz ermitteln können.“
Fred Bamberger sah ihn fragend an.
„Das ist die Besitzerin des Telefonanschlusses, der uns als Elvira Marschalls Nummer gegeben wurde.“
„Sehr gut. Dann ruf’ma doch glei amal an.“
Wildmann reichte Hattinger den Zettel mit der Nummer. Der stellte
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