Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition)

Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition)

Titel: Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bogenberger
Vom Netzwerk:
Kleinanzeigen ...“

12
    Abends um zehn schickte Hattinger alle Beteiligten bis auf die Bereitschaft für ein paar Stunden Schlaf nach Hause. Seit sechs Uhr Früh waren sie pausenlos unterwegs gewesen.
    Bis auf den Fuß hatte der Tag nichts Greifbares gebracht. Allenfalls noch dieses Anzeigenblatt und die vage Hoffnung, dass darin irgendein Hinweis zu ihrem Fall enthalten sein könnte. Er neigte aber inzwischen fast mehr zu der Ansicht, dass der Täter darin vorübergehend die Leichenteile eingeschlagen hatte, um sie mit ihrer Hilfe aus der Tasche, oder was auch immer er zu ihrem Transport dabeihatte, zu entnehmen, oder sie dann damit abzudecken, damit sie nicht gleich auffielen – alles war denkbar.
    Martin Haller und Petra Körbel hatten nach dem Vormittag in Gstadt den ganzen Rest des Tages auf der Fraueninsel verbracht und Haus für Haus abgeklappert, Einheimische wie Touristen befragt, leider ergebnislos. Zu viele waren hier mit Handtaschen, Rucksäcken, Fototaschen oder gleich mit Keramik-Paketen aus den Töpferwerkstätten der Insel unterwegs, als dass es irgendjemandem auffallen würde. Die beiden waren müde und ziemlich frustriert.
    Bei allem, was die Soko unternahm, musste sie sich zunehmend auf Begleitung beziehungsweise Behinderung durch die Presse einstellen. Allein auf der Fraueninsel waren heute schon zwei Fernsehteams von Privatsendern unterwegs gewesen. Die Insel gab natürlich auch einen besonders malerischen Hintergrund für Reportagen ab. Als Petra Körbel Gäste des Lindenwirts befragen wollte, die trotz der frühen Jahreszeit nachmittags im wärmenden Sonnenschein den Biergarten bevölkerten, musste sie sich mehr als einmal anhören: „Des hat uns doch grad vorher as Fernsehn scho gfragt ...“
    Gegen Abend war noch ein Anruf eingegangen von Hans Reiter, dem Finder der Hand auf der Herreninsel, dem noch eingefallen war, dass er bei seinem Spaziergang mit dem Hund unweit des Schlosskanals am Ufer ein kleines grünes Schlauchboot gesehen habe, das dort festgebunden war. Er wisse ja nicht, ob es was zu bedeuten habe, aber er habe sich gewundert, dass gar niemand in der Nähe war, das sei ihm gerade wieder in den Sinn gekommen, nachdem er es vor lauter Aufregung über diese Hand ganz vergessen gehabt habe ... Niemand im Team konnte sich allerdings vorstellen, dass der Täter mit so einem auffälligen Gefährt gekommen wäre. Man bat Reiter natürlich, es so genau wie möglich zu beschreiben, aber wahrscheinlich gehörte das Ding einem Fischer.
    Die Chefsekretärin des Oosterlind Verlags hatte sich nicht mehr gemeldet. Sie hatte ihr Handy abgeschaltet. Offensichtlich hielt sie ihre bisherige Mitwirkung für ausreichend. Zu der Münchener Telefonnummer, die sie von ihr bekommen hatten, gehörte der Anschluss einer gewissen Vera Antholz, die in der Türkenstraße in Schwabing wohnte. Sie war aber nicht erreichbar.
    „Italien ...“, orakelte Wildmann. Italien schien sich in diesem Fall langsam zum Synonym für Unerreichbarkeit zu entwickeln.
    Die Pressekonferenzen wurden für Hattinger von Mal zu Mal unangenehmer. Was hätte er sagen können, außer dass sie mit Hochdruck an der Arbeit seien? Dass sie alle Spuren verfolgen würden? Nichtssagende, beschwichtigende Floskeln absondern, das war nicht sein Ding. Er fühlte sich sichtlich unwohl in diesem von Zeitungsreportern, Radio- und Fernsehteams mittlerweile bis in den letzten Winkel gefüllten Raum. Wenn der Andrang so weiterginge, würden sie ab morgen in den gleich neben der Polizeistation gelegenen Kleinen Kursaal umziehen müssen.
    Hattinger spürte vor allem in diesem Presseraum überdeutlich, wie der Druck von allen Seiten stündlich wuchs, der Sensationsdruck der Medien, Staatsanwalt Reißberger erwartete Ergebnisse, der Druck der Öffentlichkeit ... Diese unangenehme Sache musste schleunigst beendet werden. Und sie hatten noch nichts in der Hand, was er wenigstens als kleinen Fahndungserfolg hätte verkaufen können, auch nicht mit viel Fantasie. Weit und breit schien es keine einzige Vermisste zu geben, die für diesen Fall in Frage gekommen wäre. Um wenigstens irgendetwas Konkretes zu sagen, gab er die Meldung mit dem Schlauchboot heraus: Wer in der fraglichen Zeit ein grünes Schlauchboot auf dem Chiemsee gesehen habe oder wer wisse, wem es gehören könnte, solle sich melden ...
    Als er gerade beschloss, für heute Feierabend zu machen, kündigte Hattingers Handy eine SMS an, von seiner Tochter: „Bin heut Abend bei Peter, weiß

Weitere Kostenlose Bücher