Chiemsee-Cowboys - Oberbayern Krimi
Nachtisch ebenso. Und das Rezept geben Sie auf keinen Fall raus, abgemacht?‹«
»Sag mal, du warst doch in deinem früheren Leben mal Polizist, und jetzt lügst du die Leute voll, dass es nur so kracht. Was für eine Suppe gibt es?«
»Die Suppe?« Der Zeno nickt zum Herd rüber: »Da! Klarer Fischfond mit Wermut abgeschmeckt, da rein gibt’s kleine Dill-Grießnockerl und Filetstücke von Saibling und Forelle. Ist das erste Mal, dass uns die RoMed-Chefsekretärin eine Gruppe Ärzte zum Essen rüberschickt, da muss es schon krachen im Karton, oder? Weil, wenn wir die beeindrucken, sagt sie, dann haben wir zwei- oder dreimal im Monat solche Gruppen hier bei uns im Laden.«
Der Stocker hebt den Topfdeckel mit einer Stoffserviette an und schnuppert: »Riecht supergut. Der Zuckerhahn kommt gleich, dann können wir die Sache –«
Weiter spricht er nicht, denn jetzt geht die Schwingtür zur Gaststube auf und die Nellie, mit dem Hinterteil voraus im Rückwärtsgang, weil sie zwei kleine Bier und einen Gin Tonic in den Händen hat, kommt in die Küche.
»Hier, Männer. Also meine Freundin, die Rena, die behauptet, wenn man etwas isst und es sieht keiner, dann hat es auch keine Kalorien. Heiße Theorie, oder?«
»Und, wie sieht sie aus, die Rena?«, fragt der Stocker. »Du hast die ja noch nie mitgebracht.«
»Die?« Nellie gibt die Biergläser weiter und hebt ihr Glas. »Prost erst mal. Also die Rena, die war als Kind so dünn, wenn die an den See gegangen ist, dann haben die Enten sie gefüttert. Aber jetzt ist sie ganz schön kompakt geworden. Im Moment haben wir Stress, weil gestern Abend, wie sie so aus dem Badezimmer kommt, da schau ich sie an und sag: ›Du, Schätzchen, ist das da an deinen Oberschenkeln beginnende Cellulitis oder ein Hagelschaden?‹ Das war’s dann. Sie hat sich auf den Slip geklopft und gesagt: ›Heute geschlossen. Und du: Zähne putzen, Bett. Licht aus und schlafen.‹ Na ja, und heut früh, da war sie mit dem Besen in der Küche zugange, und da hab ich zu ihr gesagt: ›Putzt du, oder fliegst du schon weg?‹ Deswegen bin ich früh aus dem Haus und war den ganzen Tag in Rosenheim. Also, mit Männern hab ich nie so einen Stress gehabt.«
Stocker und Zeno grinsen sich über den Rand der Biergläser an, und die Nellie sagt: »Gemeinsam seid ihr unausstehlich. Ich weiß gar nicht, warum ich überhaupt mit euch rede.« Durch das Küchenfenster sieht sie auf dem Parkplatz den Zuckerhahn aus seinem Auto steigen und sagt: »Da, euer toter Schauspieler ist im Anmarsch. Das glaubt dem keiner, dass der bei der Kripo ist. Was will der denn hier?«
»Der will nur spielen«, sagt der Stocker. »Bring doch bitte noch ein kleines Bier für ihn.«
Jetzt muss man sagen, der Kommissar Zuckerhahn sieht dem Walter Sedlmayr wirklich ziemlich ähnlich. Das hat in der Vergangenheit oft dazu geführt, dass er von seinen »Klienten« böse unterschätzt wurde. Aber wenn’s zur Sache geht, dann ist der Zuckerhahn kein Streichler, sondern ein Vollstrecker.
»Das ist ja ein Service«, sagt der Kommissar und kommt schwungvoll in die Küche gerauscht mit einem Bier in der Hand, »kommst bei der Tür rein und kriegst ein Bier in die Hand gedrückt. Grüß euch, Burschen. Was ist denn das für eine Gesellschaft am großen Tisch? Sind das Scientologen? Die reden so komisch und trinken Weißwein.« Durch das runde Bullauge der Küchentür späht er misstrauisch nach draußen.
»Nein«, grinst der Stocker, »das sind Kardiologen, und die kriegen heute unser geheimnisvolles Chiemsee-Risotto. Aber erst die Suppe hier. Möchtest was probieren?«
»Klar. Lass nur, ich nehm mir was.« Schon hat der Zuckerhahn einen Teller aus der Anrichte über dem Herd geschnappt und geht um den Küchenblock herum. »Kardiologen also. Kennt ihr den? Da ist eine Beerdigung in München. Sind ziemlich viele Leute da, alle sehr elegant gekleidet, und in der Trauergruppe, da steht eine Frau und fragt den Mann neben ihr: ›Ich gehör eigentlich gar nicht dazu, aber ich hab gesehen, dass der Sarg so eigenartig aussieht. Was ist denn das?‹ ›Tja‹, sagt der Mann, ›der Verstorbene, das war ein Kardiologe. Und weil er seinen Beruf so geliebt hat, ist sein Sarg in der Form eines Herzens gehalten. Das war sein letzter Wunsch, und so was muss man respektieren, oder?‹ ›Du lieber Gott‹, sagt die Frau, ›hoffentlich wünscht sich mein Mann so was nicht, der ist nämlich ein Gynäkologe.‹«
»Das hab ich gehört«, zischt die Nellie
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