Chiemsee-Cowboys - Oberbayern Krimi
durch die halb offene Küchentür. »Wenn ihr denen da draußen den Witz erzählt, könnt ihr euch das Risotto sparen. Die Suppe soll jetzt raus. Wenn ich also bitten darf, meine Herren.«
Und so bilden sie eine Dreierkette am Herd: Der Zeno schöpft die Suppe aus dem Topf in die Teller, die der Zuckerhahn ihm zureicht, und der Stocker stellt jeweils vier Teller auf ein Tablett, das er der Nellie gibt, nachdem er noch frischen Dill drüber gestreut hat.
»Mein Internist in Traunstein, der ist so berühmt, der hat sogar einen eigenen Friedhof«, sagt sie noch und verschwindet mit dem ersten Tablett in die Gaststube.
»Und«, fragt der Stocker, »wie war’s bei deiner Vernehmungssache in Rosenheim?«
»Mmh«, der Zuckerhahn kaut auf einem Stück Fisch aus der Suppe, »schmeckt perfekt. Ja, in Rosenheim, das ist auch so ein Ding. Die Österreicher haben den Kerl schon lange auf dem Radar, und weil’s besser aussieht, wenn der hier in Deutschland von der Straße genommen wird, haben sie den Kollegen von der Schleierfahndung den Tipp gegeben. Weil, wenn die Österreicher den selber verhaften, dann wittern die anderen aus seiner Bande vielleicht irgendwas. Und so toll ist die Beweislage noch nicht. Auf jeden Fall, der Kerl ist ein Italiener, und den größten Teil seiner Truppe haben die Carabinieri schon im Käfig. Aber der, Casper Suaretti, so heißt er, sein Kampfname ist ›Il Rospo‹, die Kröte, er konnte mit vier seiner Leute abhauen und war einige Zeit in Wien und dann in Innsbruck. Nicht sehr erfolgreich. Ein paar Banküberfalle und eine versuchte Entführung, das kann ihm möglicherweise nachgewiesen werden. Wir vernehmen den jetzt noch ein oder zwei Tage, dann kriegen ihn die Österreicher wieder. Interessant ist nur, dass der im letzten Jahr mit einem aus dem Traian-Clan zu tun hatte. Und der Rumäne hat dem Suaretti gesagt, wenn es hier in Bayern zu einer Zusammenarbeit kommt, dann läuft alles über tote Briefkästen und Prepaid-Handys. Da schließt sich der Kreis wieder.«
»Mit den Österreichern musst du aufpassen«, sagt der Zeno und reicht dem Zuckerhahn einen Teller mit kleinen, pochierten Fischfilets: »Da, probier mal. Also, da gibt’s die Geschichte von den zwei bayerischen Grenzern, die mit ihrem Hund da am Hechtsee bei Kiefersfelden an der grünen Grenze entlangpatroullieren. Es ist nach Mitternacht, Vollmond, trocken, und an einer Tanne auf der deutschen Seite, da hängt einer. Wahrscheinlich ein Selbstmörder. ›Mist, elender‹, sagt der eine bayrische Grenzer zu seinem Kollegen, ›wenn wir den jetzt abschneiden und die Rettung holen und dann auf der Wache das Protokoll schreiben, dann wird’s Mittag. Und in einer Stunde, da hätten wir doch Dienstschluss.‹ ›Weißt was‹, sagt sein Kollege, ›den hängen wir jetzt einen Baum weiter, auf die österreichische Seite rüber. Dann können die sich mit dem ganzen Kram rumplagen, und wir können in einer Stunde nach Hause.‹ Das machen sie auch, sie hängen den sowieso schon toten Selbstmörder fünf Meter über die grüne Grenze an einen österreichischen Baum und marschieren weiter. Nach etwa einer halben Stunde kommen dann die österreichischen Grenzer auf ihrer Seite vorbei. Einer der Schandis packt seinen Kollegen am Arm und sagt: ›Geh, jetz leck mi do am Oasch, schau hi, Karli, da hängt er wieder.‹«
»Weiß schon, was du sagen willst«, meint der Zuckerhahn. »Dass die Österreicher lauter Schlitzohren sind, das weiß ich selber. Aber wenn sich das als wahr rausstellt, dass der Suaretti vor ein paar Monaten Kontakt mit einem aus dem Rumänen-Clan gehabt hat, dann heißt das, dass uns damals was durch die Lappen gegangen ist oder wir was übersehen haben. Mal schauen, was wir vom John erfahren. Wollen wir uns jetzt an das Risotto machen?«
»Vorher noch einen netten Grappa, oder?«, sagt der Zeno.
Und der Zuckerhahn, der sein letztes Stück Fisch in den Mund steckt, meint: »Schnaps erst nach Einbruch der Dunkelheit, so war das jedenfalls bei uns immer. Schon vergessen, Zeno?«
»Irgendwo auf der Welt ist es jetzt bereits zappenduster. Also, rein damit!« Schwungvoll holt er eine helle Glasflasche ohne Etikett aus einem der Küchenregale und gießt drei Gläser ein. Das spezielle Prepaid-Handy vom Stocker, das auf einem Schneidebrett neben dem Kühlschrank liegt, das dreht sich summend im Kreis. Der Zuckerhahn nimmt es auf, drückt auf den Nachrichten-Knopf und liest laut vor: » BINGO ! CALL ME @ 11 .«
So, und bevor
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