Chiemsee-Cowboys - Oberbayern Krimi
Also schweigt Sammy und isst weiter seine Suppe.
» Hombre , der Zwerg ist stumm. Der kann nicht reden«, sagt der Größere zu seinem Kumpel. »Was macht man mit stummen Zwergen?«
Sein Kumpel nimmt Sammys Suppenschüssel weg und sagt zu seinem Biker-Freund: »Man muss diese stummen Zwerge gießen, wenn sie nicht reden können. Dann wachsen sie, und später, da können sie vielleicht reden.« Damit schüttet er dem Sammy langsam die restliche Bohnensuppe über den Kopf.
Sammy steht vorsichtig auf, schüttelt den Kopf und verlässt schweigend den Pub. Die beiden Rocker lachen ihm nach, sehen zu, wie er in seinen Lkw steigt und den Motor der alten Kiste anlässt. Dann verschwindet das Lachen aus den beiden Gesichtern und schlägt um in blankes Entsetzen, denn Sammy rollt rückwärts über die beiden Harleys, knallt dann den Vorwärtsgang rein und donnert vom Parkplatz. Die Rocker drehen sich zum Wirt um. Der hält ihnen eine Pistole vors Gesicht und sagt: »Tja, und fahren kann er auch nicht, wie ihr seht. Wäre besser, wenn ihr jetzt geht und nicht wiederkommt. Sagt eurem Boss, das hier ist Johns Kneipe. Er weiß dann schon Bescheid. Buenos días , Mädels. Zieht jetzt die Tangas hoch und verpisst euch. Heute Abend spielt Rektal-Madrid gegen Furzer-Valencia, und das wollt ihr doch sehen, oder?«
»Ja, und was ist dann passiert?«, fragt der Zeno später in der »Endstation« den Stocker, der ihm diese Geschichte unbedingt erzählen musste.
»Dann? Dann hat der örtliche Chef der Los Muertes den John angerufen und sich für den peinlichen Zwischenfall in dem Pub entschuldigt. Die beiden wären Nachwuchs-Rocker gewesen, hat er gemeint. Lehrlinge, sozusagen, und außerdem waren die wohl von auswärts. Die hätten das nicht so gecheckt mit der Kneipe und dem John und so.«
»Was hat der John dann gemacht?«, fragt Zeno.
»Der ist so was von saucool. Der hat den Muertes-Häuptling gefragt, ob seine Jungs denn alle einen Organspendeausweis hätten. Weil, wenn das seine, also Johns Männer wüssten, dann würden sie beim Schießen ein bisschen aufpassen. Man muss ja sozial denken, oder?«
»Also, ich hab auch mal eine Freundin gehabt, die hat zweimal die Woche Bohnensuppe gekocht«, sagt der Zeno, »aber mit Ananas-Stücken drin.«
»Wieso das denn?«, meint der Stocker, denn er ist ja immer auf der Suche nach dem ultimativen Kochrezept.
»Weil sie so gerne Hawaii-Musik gehört hat und ganz verrückt nach dieser Fernseh-Serie ›Hawaii Five-0‹ war«, sagt der Zeno. »Ich hol uns jetzt mal zwei kleine Bier, dann können wir drüber reden, wie’s jetzt weitergeht. Von den Steckdosen mit den Kameras und den Mikros drin sollten wir übrigens eine selber behalten und die rechts unten vor der Eingangstür installieren. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir über kurz oder lang wieder mal Besuch kriegen. Und dann wär’s schön, wenn wir ein bisschen Vorlaufzeit hätten und den Josef in Sicherheit bringen können. Der kleine Kerl ist so was von sensibel, das hab ich erst heute wieder gesehen. Ich hab ihn nämlich beim Spazierengehen am Nachmittag gefragt, wenn er wieder auf die Welt käme, ob er dann nicht lieber ein Mensch und dann natürlich ein Mann sein möchte. Und da hat er mich angesehen, wie wenn er sagen wollte: ›Ja schon, aber warum als Mann, wo ist da der Unterschied? Da bist du am Ende sowieso bloß wieder der Dackel.‹«
»Prost«, sagt der Stocker und kneift ein Auge zu. »Weißt du was? Wir wissen einfach zu wenig. Wir rutschen da wieder in eine Sache rein, wo uns früher oder später fürchterlich was um die Ohren fliegen kann. Der Zuckerhahn kommt mit seinen Infos auch nicht so locker rüber. Kann er ja auch gar nicht. Also, was können wir machen? So als Lebensversicherung, meine ich?«
»Wir machen Folgendes«, sagt der Zeno, »du bleibst hier und hältst die Stellung, und ich fahre nach München und hör mich mal in meinen alten Kreisen um. Da ist bestimmt der eine oder andere, der was weiß. Das Auto lass ich hier, ich nehm den Zug. Jetzt. Lass mich nur noch schnell eine Tasche packen und bring mich dann nach Prien. Fast jede Stunde geht ein Zug nach München. Und heute ist ein guter Tag. Gib mir zehn Minuten und eine von den 38ern, dann fahren wir. Und keine Widerrede. Ob ich bis Montag zurück bin, weiß ich nicht. Ich ruf dich jeden Abend an. Jetzt hol uns noch zwei kleine Bier und lass dir Zeit dabei, ich muss mich nämlich von Josef verabschieden. Der schläft übrigens in meinem Bett,
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