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Chili und Schokolade

Chili und Schokolade

Titel: Chili und Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilli Beck
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holt mich aus meinen ketzerischen Überlegungen.
    «Hallo Eve», begrüßt mich Ulla freudestrahlend, als ich die Tür öffne. Sie ist trotz der Kälte mit dem Fahrrad gekommen und überfällt mich gleich mit neugierigen Fragen. «Tut mir leid, dass es so spät geworden ist. Ich hoffe, wir haben überhaupt noch genug Zeit für unsere Rezepte», erklärt sie atemlos. «Wie lief es denn gestern? Hat sich Onkelchen anständig benommen? Oder hat er dich die ganze Zeit mit Blicken ausgezogen und –»
    «Komm erst mal rein, es ist kalt», unterbreche ich sie und ziehe die dick in Handschuhe, Mütze und Schal verpackte Ulla aus dem feuchtkalten Novemberwetter ins warme Haus.
    Schnaufend lässt sie ihre silberne Tasche auf den Boden plumpsen, nimmt die Mütze ab und schüttelt ihr Haar. Anschließend schält sie sich aus zwei dicken naturweißen Strickpullis in Zopfmuster-Look, von denen der untere bis zum Knie und der andere bis zur Taille reicht. Darunter kommt ein langärmeliges rotes Shirt zum Vorschein, das in engen Jeans steckt und farblich zu den flachen Sportschuhen passt.
    «Nanu, keine hohen Absätze heute?», necke ich sie.
    «Auf dem Fahrrad sind Highheels nicht so praktisch, wie du ja seit unserem kleinen Unfall weißt», erklärt sie ihr sportliches Aussehen.
    «Außerdem ist hier garantiert männerfreie Zone», füge ich noch hinzu und verstaue ihre Garderobe im Schrank. «Möchtest du etwas trinken?»
    «Nee, erst mal alles anschauen, aber dann gerne einen heißen Tee. Auch wenn es keine große Strecke zu dir ist, bin ich etwas durchgefroren.»
    Sie bleibt kurz am Küchentresen stehen und reibt sich die Hände warm. «Fühl dich wie zu Hause», lade ich sie ein. «Ich bereite uns in der Zwischenzeit einen frischen Tee zu.»
    Staunend schlendert Ulla dann durch den Wohnraum, tritt kurz auf die Terrasse und kommt nach ein paar Minuten zurück in die Küche.
    «Ein echtes Traumhaus!», urteilt sie anerkennend. «Nicht ein störender Farbklecks …»
    «Konrad hasst Farben und jegliche Art von Schnickschnack. Die alte Evelyn würde es nie wagen, etwas zu verändern. Aber Eve Lacombe! Wer weiß, vielleicht kaufe ich demnächst eine komplett neue Einrichtung in bunten, fröhlichen Farben und überrasche Konrad damit.»
    Staunend hört mir Ulla zu. «Ich kann mich nur wiederholen: In dir steckt eine ganz andere Frau als man auf den ersten Blick vermutet. Wann kommt denn der Farbneurotiker nach Hause?»
    «Gegen acht, hat er versprochen. Wir haben also reichlich Zeit für unser Projekt.»
    «Oh, schade, dann werde ich ihn heute gar nicht kennenlernen», bedauert Ulla. «Henry und ich sind nämlich um sechs verabredet, wir wollen Möbel für seine neue Dachterrassenwohnung aussuchen», erklärt sie.
    «Erzähl schon! Hat er dir einen Antrag gemacht?», frage ich neugierig.
    «Äh … nicht direkt», bekennt sie zögernd, schiebt ihren linken Ärmel zurück und hält mir den Arm entgegen.
    Verwundert betrachte ich die goldene Uhr daran. «Das ist ja eine Rolex!»
    Es gab mal eine Zeit, da hätte ich auch gerne so eine bekommen, aber derartige Preziosen fallen bei Konrad unter die Rubrik: Angeberei.
    Ullas Stimme wird weich. «Hat Henry mir gestern geschenkt, eigentlich habe ich ja auf einen Ring oder den Wohnungsschlüssel gehofft, aber die Uhr finde ich auch cool. Und stell dir vor: Er hat mich gefragt, ob ich zu ihm ziehen würde, sobald er fertig eingerichtet ist. Bisher gab es in der Wohnung ja noch nicht mal eine Toilette. Bad und Küche werden gerade erst eingebaut. Logo, dass ich ja gesagt habe, zusammenziehen ist doch so gut wie verlobt, oder? Ach, am liebsten würde ich jetzt schon eine Zusammenzieh-Party organisieren», seufzt sie und betrachtet verzückt ihr goldenes Liebespfand. «Aber leider wird Henry in den nächsten zwei, drei Monaten nicht viel Zeit für mich haben, wegen eines großen Projekts, das er in Dubai betreuen muss.»
    Während der Tee zieht, präsentiere ich Ulla
mein
Geschenk. «Nicht so nobel wie goldenes Geschmeide, aber doch ganz beachtlich für meinen knauserigen Ehemann.»
    Ulla ist begeistert. «Hey, das ist klasse! Wenn ich wählen dürfte, hätte ich auch lieber ein Laptop bekommen, meines ist nämlich uralt und stürzt oft ab. Aber jetzt können wir die Rezepte ja da reinschreiben. Ich hatte schon befürchtet, dass wir vielleicht ganz altmodisch mit der Hand schreiben müssen.»
    Als wir schließlich bei Tee und Keksen am Esstisch sitzen, legt sie auf dem noch jungfräulichen

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