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Chili und Schokolade

Chili und Schokolade

Titel: Chili und Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilli Beck
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fünfundzwanzig Jahre eine vorbildliche Ehefrau! Was man von eurem Filius nicht behaupten kann …»
    Die Mienen meiner Schwiegereltern verschließen sich.
    «Evelyn, bitte!» Almas Stimme klingt äußerst kontrolliert. «Wenn du möchtest, können wir beide eine kleine Erholungsreise machen, damit du auf andere Gedanken kommst.»
    «Eine prächtige Idee, meine Liebe», stimmt Arwed seiner Gattin huldvoll zu und tätschelt ihre Hand.
    «Warum liefert ihr mich nicht gleich in eine Nervenheilanstalt ein?», schieße ich frostig zurück. «Dann seid ihr mich alle los.»
    «Werde bitte nicht ausfallend», ermahnt mich Alma und lächelt nachsichtig. «Wir meinen es doch nur gut mit dir.»
    Jetzt kann ich mich einfach nicht mehr länger zurückhalten. Erbost falle ich ihr ins Wort: «Auf diese Art von Güte kann ich verzichten. Ich bin euch vollkommen egal. Ihr sorgt euch doch nur um euren feinen Sohn – und natürlich um die Firma.»
    Alma schweigt. Sie streicht sich eine Strähne ihrer ansonsten perfekt sitzenden Kurzhaarfrisur aus der Stirn und kontrolliert den Sitz ihrer eleganten Perlenohrringe.
    Arwed stellt sein Glas mit Nachdruck auf dem glänzenden Mahagonitisch ab. Dann erhebt er sich, verschränkt die Hände auf dem Rücken und schreitet hoheitsvoll im Zimmer auf und ab. Nach wenigen Sekunden bleibt er neben mir stehen und erklärt von oben herab: «Es geht hier schließlich nicht nur um dich. Du weißt sehr gut, dass wir uns auch in der Kirche engagieren. Eine Scheidung würde ein denkbar schlechtes Licht auf die Familie und die Firma werfen. Wir werden unsere Meinung zum Thema Scheidung und Ehevertrag daher nicht ändern. Und eines kann ich dir versprechen: Solltest du tatsächlich auf deinem Vorhaben beharren, wirst du eine herbe Enttäuschung erleben.»
    «Pah!» In mir meldet sich plötzlich eine sehr zornige Eve Lacombe. «Nicht mal das englische Königshaus ist so rückständig wie ihr!», schimpfe ich voll eiskalter Abscheu und verlasse grußlos das gestrenge Haus.
     
    Während der Heimfahrt grummle ich das gesamte Repertoire meiner französischen Flüche und alle möglichen Verwünschungen vor mich hin. Nach dem unerfreulichen Besuch bei den Sittenwächtern ist mir klar, dass ich von meinen Schwiegereltern keine Unterstützung erwarten kann. Dennoch bin ich mehr denn je entschlossen, einen Weg aus dieser verzwickten Lage zu finden. Und zwar mit einer großzügigen Unterhaltszahlung und einer richtig netten Abfindung! Gleich morgen werde ich die Anwältin anrufen, die Carla mir genannt hat. Mal hören, was die zu dieser «Angelegenheit» sagt.
    Als ich in die Einfahrt einbiege, ist es bereits dunkel. Im Scheinwerferlicht entdecke ich eine Gestalt, die sich an unserer Haustür zu schaffen macht. Alles was ich erkennen kann, sind eine übergroße Steppjacke und zwei Jeansbeine, die in Wanderschuhen stecken. Die Person dreht sich jetzt zu mir um. Vor ihrer Brust hält sie ein Pappschild, auf dem in fetten Buchstaben steht:
    Falscher Alarm!
    Vollkommen überrascht lese ich die Nachricht mehrmals und begreife schließlich: Die verpackte Gestalt ist Ulla. Und wenn ich das Ganze hier richtig verstehe, ist sie doch nicht schwanger!
    Als ich aussteige und näher komme, blicke ich in ein blasses, verquollenes Gesicht.
    «Ich habe Henry verlassen», erklärt Ulla mit ernster Miene.
    «Na, klar! Bei mir kannst du aber mit deinen miesen Tricks nicht mehr landen», erwidere ich frostig. «Ich glaube dir kein einziges Wort.»
    «Evelyn, ich schwöre, das ist kein Trick», entgegnet sie müde. «Wenn du mir bitte nur zwei Minuten zuhören würdest.»
    Mürrisch sehe ich auf meine Armbanduhr. «Na, gut, du hast zwei Minuten», genehmige ich gnädig und öffne die Tür.
    Ohne sie hereingebeten zu haben, stürmt Ulla an mir vorbei, lässt die Pappe fallen und entledigt sich ihrer viel zu großen braunen Steppjacke, die so gar nicht zu ihrem sonstigen Look passt. Überhaupt wirkt sie völlig verändert. Ihr ungeschminktes, verheultes Gesicht und das fettig aussehende Haar, das unter ihrer Wollmütze hervorquillt. Dazu schon wieder ein seltsamer Schlabberpulli in einem undefinierbaren Blaugrün …
    «Ich darf doch?!», fragt sie, während sie auch schon die schweren Wanderstiefel abstreift und sich ohne auf meine Antwort zu warten, Richtung Sofa begibt. Sie lässt sich darauf nieder, zieht die Beine hoch und kuschelt sich in die Decke. Meinen ablehnenden Blick ignoriert sie einfach. «Also», beginnt sie schnaufend.

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