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Chili und Schokolade

Chili und Schokolade

Titel: Chili und Schokolade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilli Beck
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nicht glauben sollen? Sie hat Henry durch einen Dolmetscherauftrag kennengelernt. Sie wusste nicht, wer du bist. Ihr beide seid euch doch im Seniorenstift über den Weg gelaufen, wo du dich als Aushilfsköchin beworben hast. Richtig? Und selbst wenn sie dich vorher gekannt hätte, bleibt die Frage: Warum sollte sie ihre Rivalin überhaupt kennenlernen und sich auch noch mit ihr anfreunden wollen?»
    «Sie ist nun mal eine durchtriebene Frau», erwidere ich zornig.
    «Ich bin jedenfalls sehr froh, dass ihr euch angefreundet habt, sonst hätte ich dich nicht kennengelernt. Aber ich hasse es, belogen zu werden …» Er beißt sich auf die Lippen und bricht plötzlich ab.
    «Es tut mir wirklich sehr leid, Bertram», betone ich erneut.
    Er macht eine abweisende Handbewegung. «Bei unserem letzten Mittagessen hast du ja wahrscheinlich gemerkt, dass ich auf Heimlichkeiten sehr empfindlich reagiere. In meiner letzten Beziehung wurde ich nämlich sehr lange hintergangen. Meine Freundin hatte ein Verhältnis mit meinem besten Freund, und deshalb kann ich auch gut nachfühlen, wie es dir jetzt geht. Aber als Ulla mir die Wahrheit gesagt hat, war ich erst mal ganz schön wütend. Und zwar auf euch beide! Letztlich bin ich nämlich der Dumme.»
    Beklommen sehe ich zur Seite. Doch Bertram fährt unbeirrt fort.
    «Aber so komisch es auch klingt, ich glaube nach wie vor an die Idee und den Erfolg des Kochbuchs. Aus diesem Grunde bin ich auch hier. Ich hoffe, dass –»
    «Nein!», unterbreche ich ihn mürrisch. «Diese Frau hat mein Leben zerstört. Ich will sie nie wieder sehen!»
    Nachdenklich rührt Bertram in seiner Tasse. Nach einer längeren Pause fragt er plötzlich: «Aus welchem Grund bist du eigentlich auf ihren Callgirl-Vorschlag eingegangen?»
    «Äh, weil …»
    «Ja?»
    «Ich wollte mich an meinem Mann rächen, weil ich dachte, dass er mich betrügt.»
    Zweifelnd sieht Bertram mich an. «Nun, das hat er ja auch tatsächlich getan. Also existiert dein Grund noch immer. Dagegen gibt es keinen Grund, auf meine Nichte böse zu sein. Man könnte sagen: Du bellst den falschen Baum an. Der Übeltäter ist nämlich dein Mann. An ihm solltest du deine Wut auslassen. Oder willst du das jetzt nicht mehr?»
    Auch wenn es mir überhaupt nicht gefällt, muss ich Bertram recht geben. Halb zustimmend grummle ich: «Mmm, ich glaub schon. Aber du vergisst, dass deine hochgeschätzte Nichte ein Kind bekommt – und zwar von meinem Mann!» Meine Stimme hört sich jetzt mehr wie ein Fauchen an. «Du kannst doch nicht im Ernst von mir erwarten, dass ich bei dieser Farce mitmache! Außerdem plant Konrad ja offensichtlich ein neues Leben mit der jungen Mutter. Wozu sonst hat er heimlich eine Wohnung gekauft?»
    Überrascht zieht Bertram die Stirn kraus. Anscheinend hat Ulla das gemeinsame Liebesnest verschwiegen.
    «Du sprichst nur von den Zukunftsplänen deines Mannes, Evelyn. Mich würde viel mehr interessieren, wie deine Pläne aussehen? Im Moment klingt es ja beinahe so, als wolltest du deine Ehe retten.»
    «Zuerst muss ich mich von dem Schock erholen», seufze ich erschöpft.
    Gerade als Bertram etwas erwidern will, piepst es in seiner Jacke. Er entschuldigt sich, holt sein Handy aus der Innentasche und liest die eingegangene SMS .
    «Auch das noch», stöhnt er gestresst. «Jörg dringt auf Bestätigung der Fototermine, da er ansonsten einen anderen Auftrag annimmt. Das Cover fürs Buch ist übrigens auch schon fertig.»
    «Bis wann musst du Jörg denn Bescheid geben?», frage ich leise.
    Überrascht blickt Bertram mich an. «Heißt das, du überlegst es dir nochmal?»
    «Äh … nein, ich wollte nur –»
    «Was?» Seine grünen Augen verdunkeln sich. Er wirkt angespannt.
    «Tut mir leid, Bertram», entschuldige ich mich. «Ich kann gerade keinen klaren Gedanken fassen. Versteh doch. Ich brauche Zeit, um über alles nachzudenken.»
    «Aber, Eve …»
    «Bitte, Bertram, lass mich. Ich muss jetzt allein sein.»

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21
    Am nächsten Morgen ist es so nebelig, dass ich am liebsten den ganzen Tag im Bett verbringen würde. Doch ich erwarte Eulalia zum wöchentlichen Reinemachen. Ein Grund, mir die Haare zu waschen und mich etwas zu schminken, um nicht wie ausgespuckt auszusehen. Dem Röntgenblick meiner Perle entgeht nämlich nichts, was unangenehme Fragen nach sich ziehen und mich wieder zum Weinen bringen könnte. Solange die Situation nicht endgültig geklärt ist, will ich mir keine neuen Lügen ausdenken

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