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Chill Bill (German Edition)

Chill Bill (German Edition)

Titel: Chill Bill (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger M. Fiedler
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Wand. Er war zu allem fähig.
    »Es gibt vielleicht einen Weg«, sagte Freitas, »aber der wird steinig.«

GERICHTSMEDIZIN
    Im
Instituto Médico Legal do Rio
, dem Gerichtsmedizinischen Institut, fehlte es an allem. Die Aufzüge funktionierten nicht, es gab kein Filmmaterial. Mit dem speziell dafür vorgesehenen
Ultrapassado
-Mikroskop ließ sich das Kaliber von sichergestellten Geschossen nicht eindeutig bestimmen. Die finanzielle Ausstattung war mit dem Wort ›bescheiden‹ nur unzureichend beschrieben.
    O Dia
widmete den Missständen eine Kolumne auf der ersten Seite. Die Zeitungsleute glaubten, sie hätten der Justiz eine satte Breitseite verpasst. Aber sie hatten nur die Oberfläche eines gewaltigen Apparates angekratzt. Was hinter den Kulissen des Instituts vor sich ging, leuchteten sie nicht aus. Die Gerichtsmedizin spielte eine zentrale Rolle in jedem Verfahren, bei dem es um Drogenbesitz und -handel, um Waffen oder Tötungsdelikte ging. Das Institut führte die Nachweise, die vor Gericht verwendet wurden, es stellte Gutachter und lagerte die Beweismittel. Wenn die Presseleute sich bei ihren Recherchen in die Asservatenkammer des Instituts begeben hätten, hätte die Justiz ihren schwarzen Tag erlebt. Dort unten herrschte ein Durcheinander wie nach einem Erdbeben. Der Verantwortliche war entweder besoffen oder in der Mittagspause und schuldete außerdem einem guten Dutzend Freunden einen Gefallen.
    Borboleta Santa Cruz war seit dem frühen Morgen auf den Straßen unterwegs – seit die Jungs im Polizeilabor festgestellt hatten, dass bei Rebeiro ein Kilo Mehl beschlagnahmt worden war. Ihn, Borboleta, hatten sie gleich entlassen. Rebeiro hatte weniger Glück. Sie wollten ihm verschiedene Sachen anhängen, die sich so in letzter Zeit ereignet hatten. Es hieß, die Justiz habe Zeugen. Also suchte Borboleta die Nutten. Was der Chef seiner
Mulata
alles erzählt hatte, war Borboleta nicht ganz klar. Und ob sie reden würde, war ihm völlig egal. Rebeiro wollte, dass sie die Klappe hielt. Für immer. Rebeiro hatte Schiss. Außerdem hatte die Kleine wegen der Bootstour Stress gemacht. Sie brauchte eine Lektion.
    Borboleta fühlte sich wie ein junger Gott. Er war wieder draußen, hatte wieder das Tauchermesser am Bein und die Wumme im Hemd, alles wie früher. Er war auf der Jagd. Er kannte die Straßen. Seine Finger juckten.

TELEFONDIENST
    »Sind wir nicht alle Suchende?«, fragte Walter Katz und begann damit eine philosophische Diskussion mit Perto.
    »Warum hier?« Perto begriff den Sinn nicht.
    »Das habe ich in den Eiern«, erklärte Katz und beendete damit die philosophische Diskussion, »sie sind hier. Hier in Copacabana.«
    Alle Ausländer führten ihre Telefongespräche von der Telefonpost aus. Mit Münzen war von Brasilien kein Ferngespräch nach Deutschland zu führen. Von früheren Ermittlungen wusste Katz, dass selbst hartgesottenstes Terroristenpack hin und wieder bei Mamma oder Freundin in Deutschland anrief. Also war es klar, dass ›seine Jungs‹ früher oder später an der Telefonpost auflaufen mussten. Für diesen Fall wollte er bereit sein.
    Die Telefonzentrale befand sich an der Nossa Signora in Höhe der Mittelschule, schräg hinter dem Copacabana Palace Hotel. Es gab einen kleinen Park, in dem die Schüler kifften, während sie auf ihre Busse warteten. Davor standen Bänke, eine links vom Tor, die andere rechts. Katz ließ sich auf die rechte fallen, denn von hier aus hatte er einen freien Blick auf den Eingang.
    »Ich werde hier bis …« Katz blickte auf seine Uhr. »… zwanzig Uhr die Stellung halten. Bis dahin hast du einen Wachposten aufgetrieben, der die Nacht übernimmt, eine Kamera und alles andere, was ich dir vorhin erklärt habe!«
    »Ja,
Massa
!«, antwortete Perto. Es war kein Problem, jemanden zu finden, der die Nacht über für ein paar
Reais
einen Eingang im Auge behielt, das Problem bestand darin, jemanden zu finden, dem sie eine Kamera für 300
Reais
in die Hand drücken konnten. Perto arbeitete gern allein. Er hatte keine Mitarbeiter in seinem Ein-Mann-Büro. Normalerweise traf er sich nur mit Menschen, die entweder keine Zeit hatten, weil sie sich um ihre eigenen Geschäfte kümmern mussten, oder Leuten, die Zeit im Überfluss hatten, weil sie sich nie um etwas kümmerten. Es würde nicht leicht sein, den richtigen Mann für die Sache aufzutreiben.
    Perto machte sich auf den Weg. Vor dem Ibiza parkte er seinen Wagen. Er ging um die Ecke herum ins Mab’s und bestellte

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