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Chindi

Chindi

Titel: Chindi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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sah zu, wie die Zahlen über ein halbes Dutzend Bildschirme wanderten, vermengt mit der einen oder anderen Analyse der KI der Renaissance. Das alles sagte ihr nicht viel. Kerntemperatur und Windgeschwindigkeit waren lediglich Wetterdaten, aber dann und wann zeigte sich ein Bild des Protosterns, der in die Wolke eingehüllt war.
    »Wie sicher sind unsere Experten«, fragte sie Bill, »dass die atomare Reaktion noch tausend Jahre auf sich warten lässt?«
    »Augenblicklich geben sie keine Stellungnahmen ab«, entgegnete Bill. »Aber soweit ich es verstanden habe, besteht die Möglichkeit, dass die Reaktion bereits in Gang gekommen ist. Sie könnte sogar schon vor zweihundert Jahren begonnen haben.«
    »Müssten sie das nicht wissen?«
    »Nein.«
    »Ich hätte erwartet, dass der Protostern mehr oder weniger explodieren müsste, wenn so etwas eintritt.«
    »Tatsächlich wird der Stern während einer Zeitdauer von mehreren Jahrhunderten nach seiner Geburt lediglich schrumpfen. Die Farbe wechselt nach Gelb oder Weiß, und er wird erheblich kleiner werden. Dieser Prozess verläuft nicht explosiv. «
    »Schön zu hören. Also sitzen diese Leute eigentlich doch nicht auf einem Pulverfass.«
    Bills Onkelgesicht lächelte. Er trug ein gelbes Hemd, dessen oberster Knopf offen war, marineblaue Hosen und Pantoffeln. »Jedenfalls nicht auf dieser Art von Pulverfass.«
    Sie verließen den Datenstrom, und das Signal verschwand.
    Hutch langweilte sich. Seit sie Serenity verlassen hatte, waren sechs Tage vergangen, und sie sehnte sich nach menschlicher Gesellschaft. Sie flog nur selten ohne Passagiere, und dieser Zustand gefiel ihr nicht. Bill erkannte stets, wenn sie sich in einer solchen Stimmung befand, und Hutch ertappte sich dabei, wie sie Bill versicherte, dass es nicht an ihm lag. »Nicht, dass du kein angenehmer Gesprächspartner wärest«, sagte sie.
    Sein Bild erlosch, und das Wildside-Logo erschien, ein Adler, der mit weit ausgebreiteten Schwingen vor dem Mond emporstieg. »Ich weiß«, sagte er in gekränktem Ton. »Ich verstehe.«
    Seine Worte waren dazu gedacht, ihr zu helfen, doch sie seufzte nur und sah hinaus in den Nebel. Dann hörte sie das leise Klicken, mit dem er sich üblicherweise zu verabschieden pflegte. Zumeist tat er das aus Rücksicht auf ihre Privatsphäre, aber dieses Mal war es etwas anderes.
    Eine Stunde lang versuchte sie zu lesen, sah sich eine alte Komödie an, lauschte dem aufgezeichneten Gelächter und dem zugehörigen Beifall, der durch das Schiff hallte, bereitete sich einen Drink, ging in den Fitnessraum, trainierte, duschte und kehrte wieder auf die Brücke zurück.
    Dort bat sie Bill, zurückzukommen, und sie spielten einige Runden Schach.
    »Kennen Sie jemanden an Bord der Renaissance?«, erkundigte er sich.
    »Nicht, dass ich wüsste.« Einige der Namen auf der Besatzungsliste kamen ihr vage vertraut vor, vermutlich Passagiere von anderen Flügen. Die meisten waren Astrophysiker. Dann gab es noch ein paar Mathematiker, einige Datentechniker, Wartungstechniker und einen Koch. Hutch fragte sich, zu welcher Gruppe wohl der junge Mann mit den leuchtenden Augen gehören mochte.
    Die leben nicht schlecht, dachte sie.
    Ein Koch.
    Ein Arzt.
    Ein Lehrer.
    Ein…
    Abrupt hielt sie inne. Ein Lehrer?
    »Bill, wozu könnten die wohl einen Lehrer brauchen?«
    »Ich weiß es nicht, Hutch. Aber das ist in der Tat sonderbar.«
    Ein kalter Schauder lief ihr über den Rücken. »Ruf die Renaissance.«
    Eine Minute später tauchte der Techniker mit den hübschen Augen auf dem Monitor auf. Wieder knipste er seinen Charme an, aber dieses Mal hatte sie keinen zu bieten. »Sie haben einen Monte DiGrazio auf der Station. In der Liste wird er als Lehrer ausgewiesen. Würden Sie mir verraten, was er unterrichtet?«
    Der Mann starrte sie sehnsuchtsvoll an, während er darauf wartete, dass ihre Transmission eintraf.
    »Was denken Sie?«, fragte Bill, der nun in einem ledernen Lehnsessel in einem von Büchern gesäumten Studierzimmer hockte. Im Hintergrund konnte sie ein Feuer knistern hören.
    Sie setzte zu einer Antwort an, verstummte aber gleich wieder.
    Der Techniker hörte sich ihre Frage an und wirkte verwirrt. »Er unterrichtet Mathematik und Naturwissenschaften. Warum interessiert Sie das?«
    Hutch verwünschte sich für ihre eigene Dummheit. Stell die richtigen Fragen, du alberne Gans. »Sind auch Angehörige der Mitarbeiter an Bord? Wie viele Leute sind Sie da drüben insgesamt?«
    »Ich fürchte, Sie könnten

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