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Choral des Todes

Titel: Choral des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Kirche?«
    »Er kam mittwochs immer früher«, erklärte Sarkis. »Er spielte Orgel, während er auf die Kinder wartete. Ich habe ihn immer zu dieser Zeit begrüßt. Das wollte ich auch heute tun …«
    »Um wie viel Uhr genau?«
    »16.15 Uhr. Ich habe ihn da oben gefunden und sofort Lionel angerufen, der früher Polizist war. Er hat es Ihnen bestimmt gesagt. Dann habe ich Sie angerufen.«
    Kasdan fiel es wie Schuppen von den Augen: Als Sarkis die Leiche entdeckt hatte, hielt sich der Mörder vielleicht noch auf der Empore auf. Er war geflohen, als der Geistliche fortgegangen war, um ihn, Kasdan, zu verständigen. Wäre er ein paar Sekunden früher eingetroffen, wäre er ihm vielleicht auf der steinernen Treppe begegnet.
    Vernoux wandte sich an Kasdan:
    »Was haben Sie in der Verwaltung gemacht?«
    »Ich leite mehrere Vereine, die mit der Pfarrei verbunden sind. Wir bereiten Veranstaltungen fürs kommende Jahr vor. 2007 ist das Armenien-Jahr in Frankreich.«
    »Was für Veranstaltungen?«
    »Wir organisieren gerade die Reise armenischer Kinder, die Französisch lernen und im Februar zum Wohltätigkeitskonzert von Charles Aznavour im Palais Garnier kommen sollen. Wir nennen sie ›junge Botschafter‹ und …«
    Sein Handy läutete.
    »Entschuldigen Sie bitte.«
    Kasdan trat zur Seite.
    »Hallo?«
    »Mendez.«
    »Wo bist du?«
    »Was glaubst du?«
    »Ich komme.«
    Kasdan entschuldigte sich ein weiteres Mal bei Sarkis und Vernoux und schlüpfte durch die kleine Tür, die ins Kirchenschiff führte. Ricardo Mendez war einer der besten Gerichtsmediziner, ein alter Fuchs kubanischer Abstammung. Bei der Mordkommission nannten ihn alle nur »Mendez-France«.
    Der Gerichtsmediziner kam gerade die Treppe herunter, als Kasdan den von Kerzen erhellten Haupteingang erreichte. Die beiden Männer grüßten sich knapp.
    »Was kannst du mir sagen? Wie ist er gestorben?«
    »Keine Ahnung.«
    Der korpulente Mendez trug einen zerknautschten beigefarbenen Regenmantel. Sein Teint erinnerte an eine Zigarre, seine Haare hatten die Farbe von Zigarrenasche. Mit seiner alten Schulmappe unter dem Arm wirkte er stets wie ein Lehrer, der verspätet zum Unterricht erscheint.
    »Keine Verletzungen?«
    »Bis jetzt habe ich nichts gefunden. Wir müssen die Autopsie abwarten. Aber auf den ersten Blick keine Wunde, nein. Keine zerrissene Kleidung.«
    »Und Blut?«
    »Es gibt Blut, aber keine Wunde.«
    »Hast du eine Erklärung dafür?«
    »Meiner Meinung nach stammt es aus einer natürlichen Körperöffnung. Mund, Nase, Ohren. Oder eine Verletzung der Kopfhaut, solche Wunden bluten immer stark. Aber bis jetzt ist mir nichts aufgefallen.«
    »Könnte sein Tod eine natürliche Ursache haben? Ich meine eine Krankheit, einen Anfall?«
    »Keine Sorge«, feixte der Kubaner, »dein Typ ist kaltgemacht worden. Ohne Frage. Aber um herauszufinden, wie das passiert ist, muss ich zum Kern der Sache kommen. Heute Abend weiß ich mehr.«
    Mendez lispelte leicht, sodass man leicht den Eindruck bekam, er wäre einer spanischen Operette entsprungen.
    »Ich kann nicht warten«, sagte Kasdan. »In einigen Stunden wird mir die Sache entgleiten. Verstehst du?«
    »Klaro. Wieso red ich überhaupt mit dir?«
    »Weil das hier mein Zuhause ist und irgend so ein Dreckskerl die Kirche meiner Väter entweiht hat!«
    »Sobald der Leichnam ins gerichtsmedizinische Institut überführt wurde, wird sich niemand mehr mit dir befassen, Herzchen. Dann bist du nur noch ein Polizist im Ruhestand, der mit seinen Fragen alle Welt nervt.«
    »Gibst du mir ’nen Tipp?«
    »Ruf mich an. Aber rechne nicht mit einer Kopie des Berichts. Ein Tipp oder zwei, mehr nicht.«
    Der Kubaner reckte seinen Zeigefinger neben der Schläfe, ein Cowboy-Gruß, und ging, seine Schulmappe fest an sich drückend, hinaus. Kasdan betrachtete das Kirchenschiff, das im Licht der Scheinwerfer funkelte. Die vier Bögen rahmten den Saal ein, und der Baldachin beherbergte das Porträt der Muttergottes. Er kam jeden Sonntag hierher, um der über zweistündigen Messe beizuwohnen, die von Gesängen und Weihrauch erfüllt war. Dieser Ort war für ihn wie ein zweiter Mantel, der ihn mit einer unzerstörbaren Wärme und Solidarität umfing. Die Riten. Die Stimmen. Die vertrauten Gesichter. Und das Blut Armeniens, das in ihren Adern floss.
    Schritte auf der Treppe. Hugues Puyferrat kam herunter und zog die Kapuze zurück. Der Armenier erriet sogleich, dass er etwas gefunden hatte.
    »Der Abdruck einer Schuhsohle«, bestätigte

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