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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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eine war, die sie sich selbst auferlegt hatte. Besonders dann nicht!
    Im Inneren der Brücke war es fünf Grad kälter, und zwischen den Bodenbrettern gab es Lücken, durch die man dreißig Meter in die Tiefe auf das vom Wind aufgewühlte Wasser blicken konnte. Durch die Löcher in dem mit schwarzer Teerpappe gedeckten Dach fielen goldene Lichtstrahlen, in denen Staubpartikel tanzten. In der Dunkelheit war das schrille Pfeifen von Fledermäusen zu hören.
    V ics Atem hatte sich beschleunigt, als sie in den langen, schattigen Tunnel gegangen war, der in ihrer V orstellung nicht nur einen Fluss, sondern den Tod selbst überspannte. Sie war acht und hielt sich für unglaublich schnell. Sogar schneller als eine einstürzende Brücke. Als sie sich jedoch vorsichtig über die alten, abgenutzten, knarrenden Bretter vorantastete, kamen ihr erste Zweifel. Sie hatte nicht bloß zehn Schritte gemacht, sondern sogar zwanzig. Aber bei dem ersten lauten Knarren hatte sie die Flucht ergriffen, war von der Brücke gelaufen und durch den Zaun gekrochen. Sie hatte das Gefühl gehabt, an ihrem eigenen fest verkrampften Herzen zu ersticken.
    Jetzt lenkte sie ihr Fahrrad hinters Haus und ratterte einen Hügel hinunter über Stock und Stein in den Wald hinein. Als sie sich von ihrem Elternhaus entfernte, tauchte sie direkt in eine ihrer selbst ausgedachten Knight-Rider -Geschichten ein.
    Sie saß in ihrem Knight 2000 und rauschte mühelos unter den Bäumen dahin, während der Sommertag sich einem zitronengelben Zwielicht entgegenneigte. Sie waren unterwegs, um einen Mikrochip zurückzuholen, auf dem sich sämtliche geheimen Standorte der amerikanischen Raketensilos befanden. Er war im Armreif ihrer Mutter versteckt; der Chip war raffiniert als Diamant getarnt. Der Armreif war von Söldnern gestohlen worden, die die Informationen an den Höchstbietenden verkaufen wollten: den Iran, die Russen oder vielleicht Kanada. V ic und Michael Knight näherten sich dem V ersteck der Bösewichte über eine Nebenstraße. Michael wollte V ic das V ersprechen abnehmen, dass sie keine unnötigen Risiken eingehen und sich nicht wie ein dummes Kind verhalten würde, und sie verdrehte nur spöttisch die Augen, aber sie beide wussten, dass die Handlung der Geschichte es erforderte, dass V ic sich früher oder später tatsächlich wie ein dummes Kind verhielt und damit ihrer beider Leben in Gefahr brachte. Worauf verzweifelte Manöver nötig wurden, um den Bösewichten zu entfliehen.
    Nur kam die Geschichte irgendwie nicht richtig ins Rollen. Zum einen befand sie sich eindeutig nicht in einem Auto. Sie fuhr mit einem Fahrrad über Baumwurzeln und strampelte wie verrückt – schnell genug, um den Mücken zu entkommen. Außerdem gelang es ihr diesmal einfach nicht, abzuschalten und sich ihren Tagträumen hinzugeben. Mein Gott. Was bist du doch für ein hässlicher Mensch. Immer wieder kamen ihr diese Worte in den Sinn. Plötzlich überfiel sie die Ahnung, dass ihr V ater vielleicht nicht mehr da sein würde, wenn sie nach Hause zurückkehrte. Bei dem Gedanken drehte sich ihr der Magen um. Das Gör senkte den Kopf und radelte schneller. Schon allein, um diese schreckliche V orstellung loszuwerden.
    Als Nächstes malte sie sich aus, auf der Harley ihres V aters zu sitzen. Sie hatte die Arme um ihn geschlungen und trug den Helm, den er für sie gekauft hatte – den schwarzen, der ihren ganzen Kopf umschloss und sie an den Helm eines Raumanzugs erinnerte. Sie fuhren zum Lake Winnipesaukee zurück, um den Armreif ihrer Mutter zu holen. Sie wollten sie damit überraschen. Ihre Mutter würde einen Freudenschrei ausstoßen, wenn sie den Armreif in der Hand ihres V aters sah. Und ihr V ater würde lachen, einen Arm um Linda McQueens Hüfte legen und sie auf die Wange küssen. Und sie würden nicht mehr wütend aufeinander sein.
    Das Gör glitt unter den überhängenden Zweigen durch das flackernde Sonnenlicht. Sie hörte die Route 495 in der Ferne: das laute Dröhnen eines Sattelschleppers, der einen Gang zurückschaltete, das Brummen der Autos und, ja, sogar das Knattern eines Motorrades auf dem Weg nach Süden.
    Wenn sie die Augen schloss, befand sie sich selbst auf dem Highway und raste dahin, genoss das Gefühl der Schwerelosigkeit, wenn sich das Motorrad in die Kurven legte. Ihr fiel gar nicht auf, dass sie in ihrem Traum allein auf dem Motorrad saß. Sie war deutlich älter, alt genug, um selbst am Gasgriff zu drehen.
    Sie würde es ihren Eltern zeigen. Sie

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