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Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Titel: Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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können.« Die Hunde verstanden und legten etwas Tempo zu, rannten so beherzt, als gelte es, die Sweepstakes zu gewinnen, das berühmte Rennen in Alaska, das den Mushern und Hunden alles abverlangte.
    Inzwischen hatten sich Wolken vor den Mond geschoben, und es schneite wieder. Nicht besonders stürmisch, aber dicht und regelmäßig fielen die Flocken auf das Land herab. Ein Nachteil, weil die Hunde gezwungen waren, etwas langsamer zu laufen, aber auch ein unglaublicher Vorteil. »Was Besseres hätte uns gar nicht passieren können!«, rief Alex. »Der Schnee verdeckt unsere Spuren. In einer halben Stunde liegt er so dicht, dass der Indianer die letzten drei Jahre nüchtern gewesen sein müsste, um sie wiederzufinden.« Er blinzelte zuversichtlich in das Schneetreiben. »Wir nehmen den alten Goldgräbertrail über Foster’s Barrier, darauf kommen sie bestimmt nicht. Unterhalb des Gipfels gibt es eine verlassene Jagdhütte, da können wir eine kurze Rast einlegen. Alles in Ordnung mit dir, Clarissa? Ich würde dich gern fahren lassen, aber bei dem Tempo stehe ich lieber auf dem Trittbrett, sonst fallen wir wieder in den Schnee und … Oh verdammt. Vorwärts, Billy!«
    Jenseits der Schneise lenkte Alex den Schlitten in ein lang gestrecktes Tal hinab und auf einen zugefrorenen Fluss, eigentlich nur ein Bach, der sich in zahlreichen Windungen durch hoch aufgeworfene Schneedünen wand und sie in die Ausläufer einiger schroffer Berge führte. Das Eis war hart und fest, und man würde ihre Spuren nicht mehr erkennen, sobald Schnee darauf gefallen war. Außerdem reflektierte er das wenige Licht, das noch vom Himmel fiel, und erleichterte ihnen die Orientierung. Bewundernd stellte Clarissa fest, mit welch nachtwandlerischer Sicherheit sich Alex in dieser Wildnis bewegte, jeden Felsen und jeden noch so kleinsten Baum oder Strauch zu kennen schien und nicht ein einziges Mal zögerte oder nach dem Weg suchte. Ähnlich sicher bewegten sich die Huskys, wie Wölfe oder andere wilde Tiere, die in dieser Einsamkeit zu Hause waren und deren Leben manchmal davon abhing, wie gut sie einen versteckten Trail oder einen Unterschlupf kannten.
    In einer weiten Kurve trieb Alex die Hunde aus dem Fluss und zwischen zwei Felsen hindurch auf einen versteckten Pfad, der erst nach ungefähr hundert Schritten breiter wurde und dann in weiten Serpentinen in die Berge hinaufführte. Das Schneetreiben war stärker geworden, doch Alex und die Hunde ließen sich nicht beirren und behielten ihr Tempo bei. Sie wussten genau, wie viel Kraft sie einsetzen mussten, um den steilen Berghang zu erklimmen. Auf halber Höhe führte der Trail an einer steil aufragenden Felswand entlang auf einen Pass zu, und Alex ließ die Hunde anhalten und blickte aus zusammengekniffenen Augen ins weit unter ihnen liegenden Tal hinab.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis er die Fackeln der beiden Verfolger entdeckte. »Da sind sie!«, rief er zufrieden. »Siehst du die beiden hellen Punkte? Sie fahren nach Osten. Sie denken, wir wollen zum Thompson River runter.«
    »Und das bedeutet?«
    Alex grinste über beide Backen. »Dass wir sie erst mal los sind! Hab ich’s nicht gesagt? Die kommen niemals auf die Idee, dass wir nach Beaver Creek wollen. Nur eine Verrückte wie du verkriecht sich in einem solchen Kaff!«
    »Ich wusste immer, dass du ein Gentleman bist«, erwiderte sie.

17
    Mitternacht war schon vorüber, als sie die verlassene Jagdhütte auf der anderen Seite des Passes erreichten. Das windschiefe Blockhaus stammte noch aus den Zeiten der Goldgräber, die vor mehr als zwanzig Jahren über den alten Indianerpfad gekommen waren, und wurde nur noch selten benutzt. Die Tierhaut, die man statt einer Scheibe vor das Fenster genagelt hatte, flatterte im Wind, und die Tür hing lose in den Angeln. Vom Dach hingen Eiszapfen.
    Im einzigen Raum gab es einen rostigen Ofen und ein Bettgestell mit fleckiger Matratze. Einige Kleintiere suchten schleunigst das Weite, als Alex die Tür aufzog. »Jedes Mal, wenn ich vorbeikomme, sieht es hier schlimmer aus«, sagte er. »Von den Holzfällern und Jägern kennt sie kaum noch einer.«
    Ohne sich abzusprechen, teilten sie sich die Arbeit. Alex kümmerte sich um die Hunde, gab ihnen von dem kraftvollen Futter, das ihnen neue Energie für den Rest der beschwerlichen Reise geben würde, und Clarissa suchte im Unterholz des angrenzenden Waldes nach Brennholz. Unter den Bäumen war sie vor dem Schneetreiben geschützt und von geheimnisvoller

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