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Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Titel: Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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ein Verbrechen ins Gefängnis zu schicken, das sie nicht begangen hatte.
    Sie wandte den Kopf und sah das entschlossene Gesicht des Fallenstellers über sich. Alex lächelte ihr aufmunternd zu. Er war ein rechtschaffener und guter Mann, der sein Leben und seinen Ruf für eine Frau einsetzte, die er kaum kannte. Nicht auszudenken, was passierte, wenn Crazy Joe und der Indianer sie tatsächlich einholten. Würde es zu einem Kampf kommen? Würde Alex sie mit der Waffe verteidigen und die beiden erschießen, wenn sie ihr zu nahe kamen? Man würde ihm niemals abnehmen, dass er in Notwehr gehandelt hatte, dafür würde Frank Whittler schon sorgen, und er würde noch länger im Gefängnis bleiben müssen als sie, vielleicht sogar für den Rest seines Lebens. Das würde sie nicht zulassen. Eher würde sie sich ihren Verfolgern ergeben, als Alex zu zwingen, mit dem Gewehr auf die Männer zu schießen.
    »Whoaa!«, bremste er das Gespann am Waldrand.
    Sie blickten ins Tal zurück und wurden auf zwei leuchtende Punkte aufmerksam, die sich wie tanzende Flammenbündel durch die Dunkelheit bewegten. Sie steuerten auf die Hütte zu und blieben plötzlich stehen. In ihrem flackernden Schein entdeckten sie die Umrisse zweier Hundeschlitten.
    »Crazy Joe und der Indianer«, erkannte Alex. »Sie sind mit zwei Hundeschlitten unterwegs. Gleich wissen sie, dass wir durchgebrannt sind.« Er brummte einen unterdrückten Fluch. »Ich möchte wetten, dass sie mir ein paar Säcke mit Hundefutter stehlen. Und das Brot, dass du gebacken hast.«
    »Wenn’s weiter nichts ist«, erwiderte sie lapidar.
    »Mach dir keine Sorgen!«, tröstete Alex sie, »unsere Hunde sind doppelt so schnell wie ihre. Crazy Joe hat den Schlitten vom Ladenbesitzer, der benutzt ihn gerade mal, um seine Vorräte vom Bahnhof zu holen, und der Indianer hat gerade mal vier Hunde vor dem Schlitten. Damit holt er uns nie und nimmer ein.«
    Clarissa wurde ungeduldig. »Weiter, Alex! Weiter!«
    Der Fallensteller trieb die Hunde an, und sie setzten ihre wilde Fahrt fort. Indem er sich mehrmals mit dem rechten Fuß abstieß, gab er das Tempo vor, und die Hunde ließen sich nicht zwei Mal bitten. Sie legten sich mit solcher Macht in die Geschirre, dass sich die Leinen fast bis zum Zerreißen spannten, als der Schlitten leicht abhob und wie ein Geschoss nach vorn sauste. Clarissa wurde kräftig durchgeschüttelt, als die Kufen wieder auf den gefrorenen Boden trafen und den Schlitten gefährlich ächzen ließen, sie war aber darauf gefasst und verlor nicht einmal das Gleichgewicht, als sie in eine scharfe Rechtskurve gingen und gefährlich nahe an der Böschung entlangsausten. Mit dem Nachtfrost war der Schnee harsch und widerspenstig geworden und noch schwerer zu befahren als am Nachmittag zuvor. Scharfkantige Eisbrocken wirbelten durch die eisig kalte Luft. Der Schlitten schlingerte und wäre längst gegen die Böschung geknallt und vielleicht sogar umgefallen, wäre Alex nicht ein so guter Musher und Billy nicht ein so erfahrener Leithund gewesen. »Go, Billy, go!«, feuerte er die Hunde an, jetzt lautstark, weil die Verfolger ihn längst nicht mehr hören konnten.
    Als sie an der Stelle vorbeikamen, wo der Wolf den Trail gekreuzt hatte und sie über die Böschung gestürzt waren, hielt Clarissa unwillkürlich nach dem Rudel Ausschau, doch das war längst über alle Berge, und nur noch die Überreste des jungen Elchs, ein dunkler Fleck auf dem blassen Schnee, erinnerten an die Vorfälle vom vergangenen Nachmittag. Weder Alex noch die Huskys ließen sich von der Erinnerung einholen, sondern rasten unbeeindruckt an der Unfallstelle vorbei und waren nur noch daran interessiert, so schnell wie möglich aus dem Dunstkreis ihrer Verfolger zu kommen. »Go, go, go!« Vergessen die Gehirnerschütterung, die ihn noch vor wenigen Stunden niedergestreckt hatte, vergessen die Müdigkeit, die sie in der Hütte festgehalten hatte.
    In einer riesigen Gischtwolke, von kleinen Eisbrocken durchsetzt, und mit schleifenden Kufen glitt der Schlitten auf die breite Schneise, auf der sie sich zum ersten Mal geküsst hatten. Clarissa war froh, dass sie mit dem Rücken zu Alex saß und er nicht sehen konnte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Er lächelte für einen kurzen Augenblick, war aber ebenfalls zu schüchtern, um etwas zu sagen, und rief stattdessen: »Billy, das geht noch schneller! Leg dich in die Riemen! Wir müssen einen ordentlichen Vorsprung hinlegen, bevor wir etwas langsamer machen

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