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Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Nötige mitgegeben.«
    Torak ging ein paar Schritte, dann drehte er sich wieder nach Renn um. »Wie sollen wir es denn anstellen?«
    Ihr Äußeres zu verändern, dauerte nicht lange. Die Clantätowierungen waren kein Problem, denn ihre Wangen waren vom Schneesturm so wund, dass die zarten Muster kaum noch zu erkennen waren. Renn rührte Tanugeaks Pulver mit Wasser an und malte Torak mit der schwarzen Farbe ein Eisfuchsband über den Nasenrücken. Dann schnitt sie ihm Stirnfransen und kürzte das übrige Haar auf Schulterlänge. Für einen richtigen Eisfuchs war er zu mager, aber darüber konnte zur Not die dicke Kleidung hinwegtäuschen.
    Renn färbte sich auch ihre roten Haare schwarz und rieb sich das Gesicht mit der Farbe ein, damit es dunkler wurde. Dann forderte sie Torak auf, sie in eine Frau aus dem Schneehasenclan zu verwandeln, indem er ihr mit dem Erdblut aus ihrem Medizinhorn ein Zickzackband auf die Stirn malte.
    »Du siehst gar nicht mehr wie Renn aus«, sagte er beklommen.
    »Umso besser. Und du siehst nicht mehr aus wie Torak.«
    Sie betrachteten einander. Beiden war nicht wohl bei der Sache, aber keiner mochte es zugeben. Dann machten sie sich an die Verfolgung der Seelenesser.
    Die Schlittenspur führte einen Felskamm hoch, der sich um die Bergflanke herumwand, wie Akoomik es ihnen beschrieben hatte. Je höher sie stiegen, desto dunkler färbten sich die Schatten, aus Violett wurde Rußschwarz. Immer wieder blieben sie lauschend stehen, aber nirgends regte sich etwas. Kein Adler kreiste über dem Berg, kein Rabe krächzte.
    Es wurde kälter, der Wind flaute ab. Ihre Stiefel knirschten in der Stille.
    Dann stießen sie ganz unvermutet auf die beiden Schlitten, die nachlässig aufeinandergestellt waren.
    Nachdem Torak und Renn so lange jedem noch so kleinen Hinweis gefolgt waren, erschraken sie beinahe, vor etwas Greifbarem zu stehen. Dadurch wurden die Seelenesser selbst etwas Greifbares.
    Sie spürten, dass sie sich ihrem Ziel näherten, und vergruben ihre Tragen und Schlafsäcke einige Schritt von den Schlitten entfernt im Schnee. Renn merkte, wie schwer es Torak fiel, das blaue Schiefermesser seines Vaters zurückzulassen. »Es ist zu gefährlich«, redete sie ihm gut zu. »Die Seelenesser haben deinen Fa gekannt und erkennen das Messer womöglich wieder.«
    Sie beschlossen, nur die von den Eisfüchsen geschenkten Wassersäcke mitzunehmen, dazu einen Mundvorrat und ihre Messer. Renn hätte gern auch ihren Bogen und die Äxte mitgenommen, aber Torak entsann sich, was die Eisfuchsälteste in Trance gesehen hatte, und weigerte sich strikt.
    Zwanzig Schritt hinter den Schlitten führten die Spuren um einen Felsvorsprung herum… und Renn und Torak blieben wie angewurzelt stehen.
    Vor ihnen ragte steil der Berg empor, leuchtend rot im letzten Sonnenlicht. In seiner Flanke klaffte ein schwarzes Loch. Davor stand, wie zur Warnung, eine hohe Steinsäule.
    Weißer Nebel quoll aus dem dunklen Höhlenschlund. Feuchte Fangarme streckten sich nach ihnen aus, stanken nach Dämonen und Furcht. Wenn die Seelenesser Wolf dort drinnen versteckt hielten …
    Renn drehte sich um und sah den Berg zum ersten Mal im Ganzen. Wie das Haupt eines riesigen Ungeheuers erhob er sich über die Schneelandschaft. Der Eisfluss schlängelte sich breit und behäbig ostwärts, ehe er sich nach einer letzten Biegung ins Meer ergoss.
    Torak sah es auch. »Wir haben die Natter gefunden«, raunte er.
    »Wir stehen drauf«, flüsterte Renn.
    Sie wandten sich wieder dem Berg zu und der gähnenden, von der Steinsäule in der Mitte geteilten Öffnung.
    »Und das ist das Auge«, sagte Renn.

    Torak nahm den Blendschutz ab und verstaute ihn im Medizinbeutel. »Die Seelenesser sind dort drin, das spüre ich. Und Wolf auch.«
    Renn kaute auf ihrer Unterlippe. »Lass uns nachdenken.«
    »Ich hab die Nase voll vom Nachdenken!«, fuhr Torak sie an.
    Renn zog ihn am Arm hinter einen Felsvorsprung, wo das Auge sie nicht sehen konnte. »Es hat keinen Zweck, hineinzugehen, wenn wir nicht wissen, ob … ob Wolf noch lebt.«
    Er schien gar nicht hinzuhören, sondern legte zu ihrem Entsetzen die Hände an den Mund.
    Sie packte ihn am Handgelenk. »Spinnst du? Die hören dich doch!«
    »Und wenn schon! Dann denken sie eben, dass draußen ein Wolf heult.«
    »Das weiß man nicht! Es sind Seelenesser, Torak!«
    »Was schlägst du vor?«
    »Es geht auch anders.« Renn streckte die Finger aus dem Fäustling, griff in den Kragen ihrer Kapuzenjacke, brachte

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