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Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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versprochen!«
    »Zum letzten Mal«, Torak trat mit gezücktem Messer auf ihn zu, »was habt ihr mit Wolf angestellt?«
    »Lasst mich in Frieden!«, quiekte der Junge und krabbelte rückwärts. »Wenn … wenn ich schreie, hören sie mich. Dann kommen sie und befreien mich, alle vier! Wollt ihr das etwa?«
    Torak sah Renn verdutzt an. Vier?
    »Lasst mich in Frieden!« Der Junge schob sich an ihnen vorbei bergauf. »Ich bin freiwillig hier! Niemand darf mich daran hindern!«
    Es klang, als wollte er sich selbst Mut zusprechen. Das brachte Torak auf eine Idee. »Was hast du in deinem Beutel?«, fragte er, damit die Unterhaltung nicht abriss.
    »Eine … eine Eule«, stammelte der Junge. »Als Opfergabe.«
    »Aber Eulen sind doch Jäger«, sagte Renn vorwurfsvoll.
    »Genau wie Wölfe und Otter«, ergänzte Torak. »Was treiben die da drin? Sprich, sonst…«
    »Weiß nicht!«, jammerte der Junge und tappte weiter.
    Als Torak und Renn hinterhergingen, kam das Auge wieder in Sicht.
    »Die Seelenesser…«, fragte Renn leise und drohend, »haben die von einem Seelenwanderer gesprochen? Sag die Wahrheit! Ich merke es sofort, wenn du lügst.«
    »Von einem Seelenwanderer?« Der Junge machte große Augen. »Wo?«
    »Haben sie so jemanden erwähnt?«, bohrte Torak nach.
    »Nein, nein, ich schwör’s!« Inzwischen rann ihm der Schweiß in Strömen übers Gesicht. Er stank nach Tran. »Sie sind hergekommen, weil sie ein Opfer abhalten wollen! Mehr weiß ich nicht, das schwöre ich bei meinen drei Seelen!«
    »Und du brichst in ihrem Auftrag das Clangesetz, indem du Jäger fängst, um sie zu opfern?«, fragte Renn. »Wegen der leeren Versprechung, dass du ein mächtiger Schamane wirst?«
    Torak steckte das Messer weg und trat noch einen Schritt auf den Jungen zu. »Deine Mutter wartet auf dich.«
    Er hatte richtig vermutet. Der Junge ließ die Schultern hängen.
    Renn war überrascht, aber Torak klärte sie nicht auf. Wenn sie auch nur ahnte, was er vorhatte, würde sie ihn daran hindern wollen. »Verschwinde«, wandte er sich an den Jungen. »Geh heim zu Akoomik, solange du noch die Gelegenheit dazu hast.«
    Auf dem pausbäckigen Gesicht lagen panische Angst und krankhafter Ehrgeiz miteinander im Widerstreit. »Ich kann nicht«, flüsterte der Junge.
    »Wenn du jetzt nicht heimgehst, ist es bald zu spät«, fuhr Torak fort. »Dann verstößt dich deine Sippe und du siehst deine Leute nie wieder.«
    »Ich kann einfach nicht!«, schluchzte er.
    Aus dem Auge hallte ein Ruf: »Wo bleibst du, Junge?«
    »Dann nehme ich dir die Entscheidung eben ab«, sagte Torak unwirsch, entwand dem Jungen den Beutel und gab ihm einen Schubs. »Geh schon. Lauf!« Er warf sich den Beutel über die Schulter. »Tut mir leid, Renn, es geht nicht anders.«
    Auf Renns Gesicht malte sich jähes Begreifen. »Nicht, Torak … das kann nicht gut gehen. Die bringen dich um!«
    Aber Torak rief den Seelenessern über die Schulter zu: »Komme schon!«
    Er hastete bergauf und verschwand im Auge der Natter.

Kapitel 17

    NACH DEM DÄMMERLICHT draußen war die Dunkelheit wie eine Felswand.
    »Schließ die Augen«, hörte Torak jemanden sagen. »Vertrau dich der Finsternis an.«
    Er konnte gerade noch die Kapuze ins Gesicht ziehen, als auch schon eine Gestalt mit einer knisternden Kiefernblutfackel in der Hand auf ihn zukam.
    Die Stimme ließ auf einen Mann schließen, aber als Torak unter der Kapuze hervorlugte, sah er zu seiner Verwunderung eine Frau.
    Sie war klein und gedrungen und hatte so krumme Beine, dass sie sich beim Gehen hin und her wiegte. Das Gesicht mit der vorspringenden Nase, dem fliehenden Kinn und den kleinen, unstet blickenden Augen wollte nicht recht dazu passen, die spitz zulaufenden Ohren erinnerten Torak an eine Fledermaus. Welchem Clan sie angehörte, konnte Torak nicht erkennen, die dornenartige Tätowierung auf ihrem Kinn war ihm fremd. Dann wurde sein Blick von dem Knochenamulett auf ihrer Brust angezogen: ein dreizackiger Spieß zum Seelenfangen.
    »Du warst aber lange weg!«, sagte die Seelenesserin. »Hast du eine gefangen?«
    Torak hob den Beutel hoch und hielt ihn vor sein Gesicht. Die Eule darin zappelte.
    Die Seelenesserin brummte etwas, dann machte sie kehrt und humpelte tiefer in die Höhle hinein.
    Als Torak sich noch einmal umdrehte, sah er, dass es inzwischen auch draußen dunkel war. Er warf den Beutel wieder über die Schulter und ging hinterher.
    Trotz ihrer krummen Beine schritt die Seelenesserin forsch aus und Torak

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