Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis
egal, was das alles kostet. Hauptsache, daß von unserer Arbeit kein Wort nach außen dringt, bis wir dann mit geballter Kraft gleichzeitig unsere Platten, unsere Filme und das Buch herausbringen, das ich schreiben werde.«
Schließlich war ihr ganz schwindlig, so sehr waren ihr die Träume von Reichtum und Macht zu Kopf gestiegen. Mit flitzender Feder machte sie Notizen.
Und wovon träumte ich, als ich so zu ihr sprach? Von einem beispiellosen Aufstand, von der großen und teuflischen Herausforderung meiner Artgenossen in aller Welt.
»Diese Videoclips«, sagte ich. »Sie müssen Regisseure finden, die meine Visionen umzusetzen verstehen. Die Clips müssen in Fortsetzungen gedreht werden. Sie müssen die Geschichte erzählen, die ich in meinem Buch niederlegen werde. Und die Songs erst, ich habe bereits eine ganze Reihe geschrieben. Sie müssen Instrumente höchster Qualität auftreiben - Synthesizer, die besten Lautsprecheranlagen, Elektrogitarren, Violinen. Über weitere Details können wir uns später noch unterhalten: über das Design der Vampirkostüme, die Art und Weise, wie wir die Musikkanäle im Fernsehen für uns gewinnen, das Management unseres ersten Livekonzerts in San Francisco -und das perfekte Timing. Wichtig ist im Moment nur, daß Sie sich ans Telefon hängen und alle Informationen an Land ziehen, die wir für den Anfang benötigen.«
Ich ließ mich bei Satans Night Out nicht mehr blicken, ehe die ersten Verträge unter Dach und Fach waren. Termine wurden festgelegt, Studios gemietet, schriftliche Vereinbarungen getroffen. Dann machte ich mich in einem Ungetüm von Limousine für meine jungen Rocklieblinge Larry, Alex und Tough Cookie auf den Weg. Christine begleitete mich. Wir hatten Geld in Hülle und Fülle, und wir mußten stapelweise Verträge unterschreiben.
Unter den schattigen Eichen der ruhigen Garden District Street goß ich uns allen Champagner in funkelnde Gläser: »Es lebe Der Vampir Lestat! « sangen wir im Mondenschein. Das sollte der neue Name der Band sein. Tough Cookie warf ihre Pummelärmchen um meinen Hals, und wir küßten uns zärtlich inmitten all des champagnerseligen Gelächters. Ah, der Geruch unschuldigen Blutes!
Und nachdem die anderen in dem Luxusschlitten davongefahren waren, schlenderte ich allein durch die sanfte Nacht der St. Charles Avenue entgegen und dachte über die Gefahr nach, der sich meine kleinen, sterblichen Freunde ausgesetzt hatten. Nicht daß ihnen von mir Gefahr gedroht hätte. Aber wenn wir erst einmal die lange Zeit der geheimen Vorbereitungen hinter uns hätten, würden sie in aller Welt unschuldig und unwissend zusammen mit ihrem düsteren und unverfrorenen Star im Rampenlicht stehen. Schön, ich würde ihnen Leibwächter besorgen und sie so gut wie möglich vor anderen Unsterblichen schützen. Und wenn die Unsterblichen noch so wie früher waren, würden sie sich nie auf eine ordinäre Rauferei mit gewöhnlichen Menschen wie ihnen einlassen.
Der Verkehr war noch ziemlich lebhaft, und ich setzte meine verspiegelte Sonnenbrille auf und nahm die alte, klapprige Straßenbahn zur Innenstadt. Ich schob mich durch das Gedränge der Fußgänger und betrat eine vornehme Buchhandlung. Wie gebannt starrte ich auf eine kleine Taschenbuchausgabe des Gesprächs mit dem Vampir.
Ich hätte gerne gewußt, wie viele meiner Artgenossen dieses Buch wahrgenommen hatten. Lassen wir einmal die Sterblichen außer acht, die es für reine Fiktion hielten. Aber was dachten die Vampire darüber? Denn wenn es ein Gesetz gibt, das allen Vampiren heilig ist, dann dieses: Erzähle niemals einem Sterblichen von uns.
Man verrät Menschen nicht unsere »Geheimnisse«, es sei denn, man will sie in unserer Mitte aufnehmen und ihnen all unsere finsteren Fähigkeiten verleihen. Man erwähnt nie andere Unsterbliche, und man erzählt nie, wo man ihre Ruhestätten vermutet. Und mein geschätzter Louis aus dem Gespräch mit dem Vampir hatte genau das alles getan. Er war viel weiter gegangen als ich mit meiner kleinen Enthüllung den Rocksängern gegenüber. Er hatte Hunderttausenden von Lesern alles verraten. Es hätte nur noch gefehlt, daß er ihnen einen Stadtplan von New Orleans gezeichnet hätte mit einem X an der Stelle, wo ich unter der Erde ruhte. Wie gut er in dieser Hinsicht Bescheid wußte und was überhaupt seine Absicht war, wurde allerdings nicht recht klar.
Aber wie dem auch sein mochte: Früher oder später würden ihn andere Vampire für das strafen, was er getan
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