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Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Titel: Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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New Orleans war, und den ganzen Autopsiebericht zu lesen.
    Plötzlich riß mich das Geräusch eines Polizeiwagens aus meinen Gedanken; er fuhr langsam unten vorbei, und die Männer darin sprachen von meinem Mörder: Er werde bald wieder zuschlagen, seine Sterne ständen richtig, der Mond habe die entsprechende Position. Höchstwahrscheinlich wird es in den Seitenstraßen von South Beach passieren, wie schon vorher auch. Aber wer ist er? Wie kann man ihn aufhalten?
    Sieben Uhr. Die winzigen grünen Ziffern der Digitaluhr sagten es mir, obwohl ich es natürlich schon wußte. Ich schloß die Augen, legte den Kopf ein wenig zur Seite, machte mich vielleicht gefaßt auf die volle Wucht dieser Kraft, die ich so verabscheute. Zuerst kam wieder die Verstärkung des Gehörs, als hätte ich einen modernen technischen Schalter umgelegt. Die sanft surrenden Laute der Welt verwandelten sich in einen Höllenchor - erfüllt von scharfkantigem Gelächter und Geheul, erfüllt von Lügen und Schmerz und ziellosem Flehen. Ich hielt mir die Ohren zu, als könnte ich es damit beenden, und dann schaltete ich es schließlich ab.
    Nach und nach sah ich die verschwommenen, einander überlappenden Bilder ihrer Gedanken, die sich wie eine Million flatternder Vögel ins Firmament erhoben. Gib mir meinen Mörder, gib mir seine Vision!
    Er war da, in einem kleinen, schmuddeligen Zimmer, ganz anders als dieses hier, aber doch nur zwei Straßen weit entfernt, und er erhob sich eben von seinem Bett. Seine billigen Kleider waren zerdrückt, Schweiß bedeckte sein grobes Gesicht, eine klobige, nervöse Hand griff nach den Zigaretten in der Hemdtasche und ließ sie wieder los - schon vergessen. Ein schwerer Mann war er, mit formlosen Gesichtszügen und einem Blick voll unbestimmter Sorge - oder dumpfer Reue.
    Er kam nicht auf den Gedanken, sich für den Abend umzuziehen, zu dem Schmaus, nach dem er so hungerte. Und sein Wachverstand war jetzt fast zusammengebrochen unter der Last seiner häßlichen, rasenden Träume. Er schüttelte sich, von Kopf bis Fuß, eine lose, fettige Haarsträhne fiel in die fliehende Stirn, und die Augen waren wie kleine Scherben aus schwarzem Glas.
    Ich stand still im schweigenden Schatten meines Zimmers und verfolgte ihn weiter, eine Hintertreppe hinunter und hinaus ins grelle Licht der Collins Avenue, vorbei an verstaubten Schaufenstern und schiefen Reklametafeln, vorangetrieben zum unausweichlichen und doch noch unerwählten Gegenstand seines Verlangens.
    Und wer mochte sie sein, diese vom Glück gesegnete Lady, die blind und unerbittlich diesem Grauen entgegenirrte, durch das dünne, triste Treiben des frühen Abends in diesem trostlosen Stadtbezirk? Hat sie einen Karton Milch und einen Kopf Salat in einer braunen Einkaufstüte? Wird sie etwas schneller gehen, wenn sie die Tagediebe an der Ecke lungern sieht? Trauert sie um die alte Strandpromenade, wo sie vielleicht so zufrieden lebte, bis Architekten und Innenausstatter sie in die rissigen, abblätternden Pensionen weiter hinten vertrieben?
    Und was wird er denken, wenn er sie schließlich sieht, dieser dreckige Engel des Todes? Wird sie gerade die sein, die ihn an die mythische Hexe seiner Kindheit erinnert, die ihn damals besinnungslos prügelte, nur um dafür ins AlptraumPantheon seines Unterbewußtseins erhoben zu werden, oder verlangen wir da zuviel?
    Ich meine, es gibt Mörder von dieser Art, die nicht den kleinsten Zusammenhang zwischen Symbol und Realität erkennen, die sich nie länger als ein paar Tage an irgend etwas erinnern können. Sicher ist nur, daß ihre Opfer es nicht verdienen und daß sie, die Mörder, es verdienen, mir zu begegnen.
    Ah, ja, ich werde ihm sein gefährliches Herz herausreißen, bevor er eine Chance hat, sie zu »erledigen«, und er wird mir alles geben, was er hat und ist.
    Langsam ging ich die Treppe hinunter und durch die schicke, glitzernde Art-décoLobby mit ihrem Illustrierten-Glamour. Ein gutes Gefühl, sich zu bewegen wie ein Sterblicher, die Türen zu öffnen, in die frische Luft hinauszuschlendern. Ich ging in nördlicher Richtung inmitten anderer Spaziergänger die Straße hinauf, und mein Blick schweifte ganz natürlich über die renovierten Hotels mit ihren kleinen Cafes.
    Der Fußgängerstrom wurde dichter, als ich zur Straßenecke kam. Vor einem eleganten Freiluftrestaurant hatten riesige Fernsehkameras ihre Objektive auf ein Stück Gehweg gerichtet, das von gewaltigen weißen Scheinwerfern in ein hartes Licht getaucht

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