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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Kloster in das Anwesen seines Bruders gelangte.
    Und das war wohl recht sinnvoll. Sie nutzten für ihre Treffen einfach die Gelegenheit, wenn Damian seinen wie auch immer gearteten Lehnsherrenpflichten nachging; dann vollführten sie ihre Tänze um den Brunnen und ihre Liebesspiele. Wynken schlief der Reihe nach mit jeder der Frauen, manchmal schien das wie ein Ritual abzulaufen. Das ist alles mehr oder minder deutlich in den Büchern niedergelegt. Nun, sie wurden erwischt. Damian kastrierte seinen Bruder und erstach ihn vor den Augen der Frauen, womit er ihnen einen vernichtenden Schlag versetzte. Nach Tagen eindringlichster Befragungen gestanden die erniedrigten Frauen ihre Liebe zu Wynken und wie sie sich mittels der Bücher mit ihm verständigt hatten. Und dann nahm der Bruder alle Bücher an sich, alle zwölf Bände, die Wynken de Wilde verfaßt hatte, seine Schöpfung - verstehst du?«
    »Das, was ihn unsterblich machte«, flüsterte ich.
    »Ganz genau, seine Abkömmlinge! Seine Bücher! Und Damian ließ sie zusammen mit der Leiche seines Bruders an dem bewußten Brunnen begraben. Von ihrem Fenster aus blickte Blanche nun Tag für Tag auf den Brunnen, den Platz, an dem Wynken zur Ruhe gebettet war.
    Also keine Rede von einem Gerichtsverfahren oder von Häresie oder einer Hinrichtung. Er wurde von seinem Bruder ermordet, schlicht und einfach. Vielleicht hat Damian sogar noch eine Menge Geld an das Kloster zahlen müssen, wenn Wynken dort unter Umständen sehr beliebt gewesen war. Das einstige Kloster ist nur noch eine Ruine, von Touristen gerne fotografiert, und die Burg wurde im Zweiten Weltkrieg durch Bombentreffer zerstört.«
    »Aber was geschah denn sonst noch? Wie kamen die Bücher ans Licht? Hast du nur Kopien? Oder…«
    »Nein, ich habe die Originale. Zwar existieren auch einige wenige Abschriften, ziemlich grob angefertigt, die wohl für die anderen Vertrauten bestimmt gewesen waren. Aber es gab im ganzen nur zwölf Bücher. Und ich weiß nicht, wieso sie wiederaufgetaucht sind. Ich habe nur Vermutungen.«
    »Und die wären?«
    »Ich nehme an, daß Blanche eines Nachts zusammen mit den anderen Frauen hinab in den Garten ging; sie gruben die Leiche aus und nahmen die Bücher aus dem Sarg oder worin auch immer die traurigen Überteste Wynkens begraben worden waren.«
    »Meinst du, so war es?«
    »Ja, ich denke schon; ich kann mir gut vorstellen, wie die fünf Frauen dort in dem Garten graben, bei Kerzenlicht. Meinst du nicht auch?«
    »Ja, doch.«
    »Ich glaube, das geschah aus einem ähnlichen Gefühl heraus, wie ich es für Wynken habe. Sie liebten die vollendete Schönheit der Bücher. Lestat, sie wußten, daß diese Bücher ein kostbarer Schatz waren, und darin zeigt sich, wie übermächtig Besessenheit und Liebe sein können. Und wer weiß, vielleicht wollten sie auch Wynkens Knochen für sich, man könnte sich vorstellen, eine nahm einen Hüftknochen, eine andere die Knochen der Hand und - ach, was weiß ich!«
    Ein erschreckendes Bild erschien vor meinen Augen, rief mir unverzüglich Rogers Hände in Erinnerung, ungeschickt abgetrennt mit einem Küchenmesser und in Plastik verpackt in den Müll gestopft. Ich starrte auf die Projektion dieser Hände vor mir, die aufgeregt mit dem Glas spielten und deren Finger unruhig auf die Theke trommelten.
    »Hast du die Irrfahrt dieser Bücher weit zurückverfolgen können?«
    »Nicht so sehr weit. Aber so ist es oft bei Antiquitäten. Die Bücher tauchten unerwartet auf, manchmal gleich zwei auf einmal. Einige bei privaten Sammlern, zwei in Museen, die im Krieg zerstört worden waren. Ein- oder zweimal habe ich sie fast umsonst bekommen. Ich brauchte sie nur zu sehen und wußte sofort, um was es sich handelte - nicht so andere Leute. Ich bin ein Experte fürs Mittelalter, ich kenne die Sprache der Künstler dieser Zeit! Lestat, du mußt meine kostbarsten Besitztümer in Sicherheit bringen. Du kannst nicht zulassen, daß Wynken wieder verlorengeht. Das ist mein Vermächtnis an dich.«
    »So sieht es wohl aus. Aber was, wenn Dora nichts davon wissen will, auch nicht von deiner Sammlung?«
    »Dora ist noch jung; sie wird sich ändern. Sieh mal, ich habe immer noch eine Vision - daß vielleicht ein Stück meiner Sammlung -und jetzt vergiß Wynken -, also, daß ein bedeutendes Stück dabei ist, das für Doras Kirche den Durchbruch bringt. Kannst du den Wert der Sammlung überhaupt abschätzen? Du mußt Dora wieder damit in Kontakt bringen, sie soll die Sachen

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