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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Erbschaft ungetrübt entgegennehmen kann.«
    »Ja, mein Freund, um genau das bitte ich dich. Ich weiß, du kannst es! Und vergiß meinen Wynken nicht! Wenn sie die Bücher nicht will, mußt du sie behalten!«
    Er tippte mir auf die Brust, und ich spürte, er klopfte an die Tür meines Herzens.
    »Wenn die Zeitungen meiner Geschichte überdrüssig sind«, fuhr er fort, »immer vorausgesetzt, das FBI läßt es überhaupt soweit kommen, sieh zu, daß Dora das Geld bekommt. Mit Geld kann Doras Kirche immer noch aufblühen. Dora besitzt eine magnetische Anziehungskraft. Sie schafft es allein, wenn sie nur genügend Geld zur Verfügung hat. Kannst du mir folgen? Ihr kann es gelingen, wie Franziskus, wie Paulus, wie Jesus. Wenn ihr nicht ihre eigenen theologischen Vorstellungen im Wege wären, wäre sie schon längst durch ihr Charisma eine Berühmtheit. Sie hat alle Voraussetzungen dafür. Nur denkt sie zuviel, und durch ihre theologisch gefärbten Ideen unterscheidet sie sich von anderen.«
    Er holte tief Luft. Er sprach jetzt schrecklich schnell, und mir lief es kalt über den Rücken; ich konnte förmlich spüren, wie Furcht ihm entströmte gleich einem dunklen Fluß. Furcht wovor?
    »Ich wiederhole dir jetzt, was Dora gestern gesagt hat. Wir lasen ein Buch von Brian Appleyard, einem englischen Zeitungskolumnisten. Hast du schon von ihm gehört? Er hat etwas veröffentlicht:
    ›Die Gegenwart verstehen‹ Dora hatte es für mich kopiert. Und genau ihre Ansichten vertritt er darin… wie zum Beispiel, daß wir alle »geistig verarmt‹ sind.«
    »Das sehe ich auch so.«
    »Aber er sagte noch etwas, nämlich über das Dilemma, daß man zwar theologische Vorstellungen entwickeln kann, aber damit sie realisierbar sind, muß ihr Ursprung immer in der tiefsten Tiefe einer Persönlichkeit liegen… Jetzt fällt mir ein, wie sie es bezeichnete… was Appleyard sagte… »Die Gesamtheit menschlicher Erfahrungen‹« Er hielt verwirrt inne.
    Verzweifelt bemühte ich mich, ihm zu versichern, daß ich ihn verstand: »Ja, danach sucht sie, das sehnt sie herbei, dafür öffnet sie sich.«
    Mir wurde plötzlich bewußt, daß wir uns krampfhaft gegenseitig festhielten.
    Er starrte ins Nichts.
    Mich erfüllte eine unaussprechliche Traurigkeit. Ich hatte diesen Mann getötet! Und warum? Ich meine, natürlich war er für mich der Ausdruck des Bösen gewesen und interessant dazu, aber Gott, wie hätte ich… doch andererseits, wenn er in dieser Form bestehen bliebe, so mein Freund bleiben könnte?
    Ach, das war absolut kindisch, selbstsüchtig und habgierig! Das Thema hieß Dora, Theologie. Natürlich war mir Appleyards Standpunkt nicht fremd. »Die Gegenwart verstehen«. Ich sah das Buch vor mir. Schon deswegen würde ich zurückgehen. Ich prägte es meinem übernatürlichen Gedächtnis ein: Sofort lesen!
    Roger saß immer noch stumm und starr da.
    »Hör mal, was erschreckt dich so?« fragte ich. »Verschwinde jetzt nicht einfach!« Ich fühlte mich so unbedeutend und verletzlich, klammerte mich an ihn und weinte fast bei dem Gedanken, daß ich ihn getötet, ihm das Leben genommen hatte; jetzt wollte ich wenigstens seinen Geist bei mir behalten.
    Er wirkte verängstigt, antwortete nicht.
    Nein, ich war nicht das verhärtete, gefühllose Monster, für das ich mich immer gehalten hatte; noch lief ich nicht Gefahr, mich an das Leid Sterblicher zu gewöhnen. Ich war ein verdammt abgedrehter Menschenfreund!
    »Roger? Sieh mich an! Sprich weiter.«
    Er murmelte etwas in der Art, daß Dora vielleicht fände, was ihm nie gelungen war.
    »Was?« verlangte ich zu wissen.
    »Theophanie«, flüsterte er.
    Plötzlich weiteten sich seine Augen, eher verwundert als erschreckt. »Du, ich glaube, jetzt bin ich dran.« Er lauschte auf etwas. Auch ich konnte es hören. »Behalte meinen Tod in Erinnerung«, sagte er, als habe er jetzt gerade überdeutlich daran gedacht. »Erzähl ihr, wie ich gestorben bin. Überzeuge sie, daß mein Tod das Geld geläutert hat. Ja, das ist es! Ich habe bezahlt durch meinen Tod, das Geld ist nicht mehr unrein. Die Bücher von Wynken, alles andere, nichts ist mehr unrein! Du mußt diese Idee nur noch etwas frisieren - das Blut hat meine Schuld ausgelöscht, das Vermögen gereinigt! Du weißt, was ich meine, Lestat! Nutz deine Redegewandtheit! Erklär’s ihr!«
    Diese Schritte.
    Da ging irgend etwas langsam, ganz langsam, gemessenen Schrittes… dumpfes Stimmengemurmel, Gesänge, Geplapper. Mir wurde schwindelig, ich schien

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