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Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Stolz und konzentriert beobachtet. »Sehen Sie, das sind alles meine Verwandten von früher.« Sie breitete die Bilder aus wie die Karten eines Spiels. Reizvolle Schatten lagen über ihrem ovalen Gesicht und hoben die aus geprägten Wangenknochen hervor. »Sie sind immer unter sich geblieben. Aber wie ich bereits sagte, die, die man für Weiße halten konnte, sind schon lange fort. Bedenken Sie nur, was sie aufgegeben haben! Die ganze Familiengeschichte! Schauen Sie, hier …«
    Ich betrachtete das kleine Bild, das im Licht der Öllampen funkelte.
    »Das ist Lucy Nancy Marie Mayfair. Sie war die Tochter eines Weißen, aber wir wissen kaum etwas über ihn. Immer wieder waren weiße Männer im Spiel. Immer Weiße. Was diese Frauen alles für weiße Männer getan haben! Meine Mutter ist mit einem nach Südamerika gegangen. Und ich mit ihnen. Ich … ich kann mich noch gut an den Dschungel erinnern.« Hatte sie gezögert, weil sie aus meinen Gedanken etwas aufgefangen hatte, oder war es nur wegen meiner hingerissenen Miene? Nie würde ich die Zeit vergessen, in der ich als junger Mann das Amazonasgebiet erkundet hatte. Vermutlich wollte ich sie auch nicht vergessen, obwohl mir nichts meine fortgeschrittenen Jahre schmerzlicher bewusst machte als die Erinnerung an diese Abenteuer mit Gewehr und Kamera, die ich auf der unteren Halbkugel des Globus erlebt hatte. Ich dachte natürlich nicht im Traum daran, dass ich einmal mit Merrick in den unerforschten Dschungel zurückkehren würde.
    Ich hatte meinen Blick wieder auf die alten Daguerreotypien geheftet. Nicht eine dieser Personen wirkte ärmlich - man sah Zylinder und weit schwingende Taftröcke vor einem Studiohintergrund aus Stoffdraperien und üppigen Grünpflanzen. Da war eine junge Frau, ebenso schön wie Merrick heute, die steif und aufrecht auf einem hochlehnigen gotischen Stuhl saß. »Hier, das ist das älteste Bild«, sagte Merrick, »das ist Angélique Marybelle Mayfair.« Eine stattliche Frau in langärmligem Kleid, die dunklen Haare in der Mitte gescheitelt, Schultern und Arme von einem reich gemusterten Schal umhüllt. In den Händen hielt sie halb verdeckt eine Brille und einen zusammengelegten Fächer. »Das ist mein ältestes und bestes Bild. Sie war eine heimliche Hexe, hat man mir erzählt. Es gibt heimliche Hexen, und es gibt die, die von den Leuten aufgesucht werden. Angélique war eine heimliche, aber sie war klug. Es heißt, dass sie die Geliebte eines weißen Mayfair war, der im Garden District lebte, er war also sogar blutsverwandt mit ihr, ihr Neffe. Ich stamme von den beiden ab. Onkel Julien, so hieß er. Er erlaubte seinen farbigen Cousins, ihn Onkel Julien zu nennen, nicht Monsieur, was andere weiße Männer vielleicht verlangt hätten.«
    Aaron hatte sich unwillkürlich verkrampft, versuchte es aber zu verbergen. Das gelang ihm vielleicht bei Merrick, bei mir hatte er damit keinen Erfolg.
    Also hat er ihr nichts von dieser gefährlichen Familie Mayfair gesagt, dachte ich. Sie haben nicht darüber gesprochen - über diese schrecklichen Garden-District-Mayfairs, diesen Klan mit den übersinnlichen Kräften, den er seit Jahren erforschte. Unsere Akten über die Mayfairs reichten viele Jahrhunderte zurück. Mitglieder unseres Ordens waren durch die Mayfair-Hexen, wie wir sie zu nennen pflegten, gestorben. Dennoch war mir plötzlich klar geworden, dass dieses Kind nicht durch uns von ihnen erfahren sollte, wenigstens nicht, bis Aaron sich überlegt hatte, ob eine solche Einmischung für beide Parteien gut ausgehen und niemandem schaden würde. Wie wir später sehen sollten, kam es nie dazu. Merricks Leben hatte nichts mit dem der weißen Mayfairs zu tun. Auf den Seiten, die ich hier schreibe, findet man nichts über deren Geschichte.
    Aber an jenem lange zurückliegenden Abend bemühten Aaron und ich uns ziemlich heftig, unseren Geist vor der kleinen Hexe, die da vor uns saß, zu verschließen.
    Ich kann mich nicht erinnern, ob Merrick uns einen forschenden Blick zuwarf, ehe sie fortfuhr.
    »Es leben noch immer Mayfairs in dem Haus im Garden District«, sagte sie ganz sachlich. »Weiße, die mit uns nie viel zu tun hatten, außer über ihre Anwälte.« Wie wissend ihr kurzes Lachen geklungen hatte - so wie Leute eben lache n, wenn sie Anwälte erwähnen. »Die Anwälte kamen immer mit Geld beladen aus der Stadt«, fügte Merrick kopfschüttelnd hinzu. »Und einige von denen waren selbst Mayfairs. Sie schickten auch Angélique Marybelle Mayfair in

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