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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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war bewusst, dass es keine andere Möglichkeit zur Beseitigung des Übels gab, das andere vor ihm durch tief greifende und bösartige Pfuscherei heraufbeschworen hatten.
    IX
    Am Freitagmorgen machten sich Armitage, Rice und Morgan mit einem Auto auf den Weg nach Dunwich, und gegen ein Uhr mittags kamen sie in dem Dorf an. Es war ein angenehmer Tag, doch selbst im hellsten Sonnenschein schien eine Art stiller Bedrohung, ein böses Omen über den sonderbar gewölbten Hügeln und den tiefen, schattigen Schluchten der heimgesuchten Region zu schweben. Hier und da zeichnete sich auf dem Gipfel eines Berges ein kahler Steinkreis vor dem Himmel ab. Die Atmosphäre verschwiegener Furcht, die in Osborns Laden herrschte, ließ sie vermuten, dass sich etwas Fürchterliches zugetragen haben musste, und schon bald erfuhren sie von der Vernichtung des Hauses Elmar Fryes und seiner Familie. Den ganzen Nachmittag über fuhren sie in Dunwich umher, befragten die Einheimischen zu allem, was mit dem Geschehenen in Zusammenhang stand, und sahen mit wachsendem Entsetzen die tristen Ruinen des Frye-Hauses, die Reste der teerartigen, klebrigen Substanz, die blasphemischen Spuren im Hof, die verwundeten Rinder Seth Bishops und an verschiedenen Stellen die gewaltigen Schneisen in der Vegetation. Der Spur, die den Sentinel Hill hinauf- und wieder herunterführte, schien Armitage eine enorme Bedeutung zuzumessen, und er sah sich lange den unheimlichen altarähnlichen Stein auf dem Gipfel an.
    Nachdem die Besucher erfahren hatten, dass eine Gruppe Polizisten, die man wegen der Frye-Tragödie aus Aylesbury gerufen hatte, an jenem Morgen im Ort eingetroffen war, entschieden sie sich, die Beamten aufzusuchen und deren Aufzeichnungen mit den ihren zu vergleichen, soweit das möglich war. Dies war indes leichter gesagt als getan, da man nirgendwo eine Spur der Polizisten ausmachen konnte. Fünf Beamte waren in einem Wagen gekommen, doch dieser stand nun verlassen in der Nähe der Ruinen auf dem Hof der Fryes. Die Einheimischen, die mit den Polizisten gesprochen hatten, waren zunächst ebenso ratlos wie Armitage und seine Begleiter. Dann aber fiel dem alten Sam Hutchins etwas ein; er wurde bleich, stieß Fred Farr an und wies auf die feuchte, tiefe Senke, die ganz in der Nähe gähnte.
    »Gott«, keuchte er, »ich hab denen doch gesagt, sie soll’n nich runter ins Tal gehn! Ich hätt nie gedacht, dass so was jemand machen tät, mit diesen Spuren un dem Geruch un dem Gekreisch vonnen Ziegenmelkern da unten, wo’s am helllichten Mittag dunkel is …«
    Ein kalter Schauer überlief Einheimische wie Besucher, und alle spitzten instinktiv ihre Ohren. Armitage, der nun dem Grauen und seinem ungeheuerlichen Tun tatsächlich gegenüberstand, zitterte unter der Last der Verantwortung, die er als die seine begriff. Bald würde die Nacht anbrechen und die bergartige Blasphemie den grausigen Pfad entlangtrampeln.
    Negotium perambulans in tenebris … Der alte Bibliothekar sagte im Geist die Formel auf, die er auswendig kannte, und seine Finger verkrampften sich um das Stück Papier, auf dem die andere, nicht auswendig gelernte stand. Er prüfte, ob seine elektrische Taschenlampe funktionstüchtig war. Neben ihm nahm Rice aus einem Koffer einen metallenen Zerstäuber, wie man ihn zur Insektenvertilgung benutzt; Morgan packte unterdes das Großwildjagdgewehr aus, auf das er sein Vertrauen setzte, wenngleich seine Gefährten ihn gewarnt hatten, dass keine materielle Waffe von Hilfe sein würde.
    Armitage wusste dank der Lektüre des scheußlichen Tagebuchs nur allzu gut, welche Art von Manifestation zu erwarten war; doch vermied er es, durch Andeutungen oder Hinweise die Ängste der Bewohner von Dunwich noch zu verstärken. Er hoffte, dass das Übel besiegt werden könnte, ohne der Welt offenbaren zu müssen, welches monströse Wesen auf sie losgelassen worden war. Als es dämmerte, eilten die Einheimischen zu ihren Häusern, um sich darin zu verbarrikadieren, ungeachtet der Tatsache, dass alle Riegel und Schlösser von Menschenhand nutzlos angesichts einer Macht waren, die nach Belieben Bäume umknicken und Häuser zerschmettern konnte. Sie schüttelten die Köpfe über das Vorhaben der Besucher, bei den Ruinen nahe des Tales Wache zu stehen; und als sie die drei Männer verließen, hatten sie wenig Hoffnung, sie je wiederzusehen.
    In jener Nacht grollte es in den Hügeln, und die Ziegenmelker pfiffen bedrohlich. Dann und wann mischte der aus der

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